Interview: Today Forever - Dave und Christian

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Es ging nicht darum, wer spielt die längsten, schnellsten und geilsten Soli, sondern darum wie kannst du eine Message möglichst leidenschaftlich transportieren.

Ihr neues Album ''Relationshipwrecks'' ist ein voller Erfolg. Hier könnt ihr nachlesen, was Dave (Vocals) und Christian (Gitarre) dazu alles zu sagen haben...

Text: Philipp
Veröffentlicht am 08.02.2012

Wie seid ihr auf euren Band-Namen gekommen? Hat er eine bestimmte Bedeutung für euch?

CHRISTIAN: Wie genau wir drauf gekommen sind, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr genau. Ich meine, dass ich letztendlich eben TODAY FOREVER vorgeschlagen habe und wir konnten uns alle darauf einigen.
Der Bandname beinhaltet eine gewisse Dringlichkeit, sage ich mal. In etwa: was du heute tust und entscheidest, das hat Auswirkungen für alle Zeit. Und das stimmt ja auch in gewisser Weise. Es schwingt so ein „carpe diem“ Gefühl mit: achte auf dein Leben, es ist zu wichtig, als es unaufmerksam zu vergeuden.

Welche sind eure Lieblingsbands? Haben euch diese auch bei eurer Musik inspiriert?

CHRISTIAN: Ja, schon - aber es sind zu viele Lieblingsbands, als dass wir einen bestimmten Einfluss genau ausmachen könnten. Wir hören alle mitunter auch sehr unterschiedliches Zeugs. Aber als wir damals angefangen haben, da haben uns schon die 90er New School Hardcorebands irgendwie einen Einschlag gegeben – nicht nur vom Sound sondern auch von der Grundhaltung her. Bands wie SNAPCASE, UNBROKEN, STRONGARM etc. wären da zu nennen.
Trotzdem nerven meiner Meinung nach die Vergleiche mit anderen Bands extrem. Ich persönlich finde, wir machen eine Musik, die stilistisch ziemlich einzigartig ist, auch wenn sie sich u.a. der üblichen Hardcore-Elemente bedient. Aber keine Band will doch wirklich so klingen, wie der Aufguss einer anderen erfolgreichen Band. Wir definitiv nicht und wer sich ein bisschen mit uns auseinandersetzt, der kriegt auch mit, dass wir was ganz Eigenes machen.

Was macht ihr in eurer Freizeit, wenn ihr gerade nicht am musizieren seid?

CHRISTIAN: Das lässt sich auch nicht kurz und knapp auf den Punkt bringen, ohne unzulässige Verkürzungen in Kauf zu nehmen. Aber ich probiere es: Lesen, Reiten, Sport, um die Kinder kümmern, zeitsouveränes Fernsehen, Zeit mit der Partnerin...

Welches war das erste und das beste Konzert, das ihr je besucht habt?

CHRISTIAN: Erstes Konzert: NENA, 1985, „Feuer und Eis“- Tour, Eissporthalle Kassel. Bestes Konzert: NORMA JEAN, 2001 auf dem Freakstock Festival in Gotha. Damals hießen sie noch LUTI-KRISS, sie haben sich dann drei Monate später umbenennen müssen. Aber was diese Band damals live für ein Feuerwerk abgefackelt hat, das hat mich und die meisten Zuschauer völlig sprachlos gemacht. Die haben absolute Maßstäbe gesetzt, obwohl sie damals eine verdammt junge Band waren. Josh Scogin war damals dort noch Sänger – ein unglaublicher Frontmann, der ja heute bei THE CHARIOT singt. Aber wie gesagt, das damals war einzigartig. Ich erinnere mich noch an die letzte Ansage von Josh: „It’s not about anger, it’s about passion.“ Das hat man diesen Typen wirklich abgespürt. Die waren echt nette, fast schüchterne Bürschchen, aber wenn sie die Bühne betraten, dann sind sie schier ausgerastet.

DAVE: MISPRINT! Eine recht kleine skandinavische Band, die ich als Vorband von BEATSTEAKS in einem kleinen Club in der Nähe von Kassel gesehen habe. Die Jungs waren (ähnlich vielleicht wie LUTI-KRISS) Off-Stage sehr schüchtern, auch beim Soundcheck, den ich noch mitbekommen habe. Als sie dann aber auf die Bühne gingen, gaben sie von der ersten Sekunde alles und rissen das ganze Publikum mit. Das hat mich sehr beeindruckt!

Auf eurem neuen Album verzichtet ihr hingegen zum Vorgänger fast gänzlich auf Clean-Gesang. Hat das einen bestimmten Grund?

CHRISTIAN: Ja, hat es. Für die neuen Songs gab es einfach weder inhaltlich noch von der Musik selbst her einen triftigen Grund für cleane Passagen. Das war auf der „Profound Measures“ anders. Die Grundstimmung ist auf „Relationshipwrecks“ einfach aggressiver.

Mit welchen Bands würdet ihr am liebsten zusammen touren?

CHRISTIAN: Ganz unterschiedlich. Aber ich würde z.B. gerne mal mit FUCKET UP, CONVERGE oder BLACKLISTED touren. Aber es muss gesagt werden: SILVERSTEIN waren immer geil zum „mit rumtouren“ und ehrlich gesagt ist es ja DAS auch, was zählt. Dass die Bands gut miteinander klarkommen und Spaß zusammen haben. Und das war mit SILVERSTEIN immer grandios!

Was genau verbindet ihr mit dem Album-Titel „Relationshipwrecks“?

CHRISTIAN: Das Leben eines Menschen wird maßgeblich durch die Beziehungen geprägt, in denen er lebt. Beziehung zu sich selbst, zu anderen und zu seiner Umwelt. Auf all diesen Beziehungsebenen kann es Brüche geben und solche haben wir selbst durchlebt. Das wurde uns deutlich, als wir die Platte schon fertig geschrieben hatten und weil die eigenen Erlebnisse im vergangenen Jahr so eindrücklich waren, erschien es uns ein guter Titel zu sein.

Letztlich handelt fast jeder Song auf der Platte ja auch von einer gescheiterten Beziehung oder einem gescheiterten Beziehungsversuch, wenn man sie in diesem Lichte betrachten möchte. Z.B. die Haltung, die „Lady On The Shore“ versuchsweise einnimmt, spiegelt natürlich ein gebrochenes Verständnis einer partnerschaftlichen Beziehung. Oder bei „The Trial“ wird der gescheiterte Versuch thematisiert, die eigene Leere durch äußere Stimulationen zu füllen. Auch ein Beziehungs-Schiffbruch - nicht zu jemand anderem, sondern zum Selbst.

Wie lange hört ihr nun schon Hardcore, und wie seid ihr dazu gekommen?

CHRISTIAN: Ende der 80er bei mir. Kurz nach NENA ging’s quasi los. Ich habe mein erstes Punkkonzert im JUZ meiner Heimatstadt gehört und danach wusste ich: Das ist die Musik, die mich wirklich berührt. Radikal, aggressiv, lebendig, deutlich.

DAVE: Ich bin ja ein bisschen jünger und habe daher leider diese Hochzeit in den 90er Jahren verpasst, wo auch unglaublich viele große Bands z.B. im AKKU Immenhausen (einem JUZ in der Nähe von Kassel) gespielt haben. Ich entstamme zudem auch eher dem Metal-Bereich und bin erst mit meinem Kontakt zu Christian und Tim zum Hardcore gekommen. Begeistert hat mich dabei immer die Leidenschaft und Energie der Musiker. Es ging nicht darum, wer spielt die längsten, schnellsten und geilsten Soli, sondern darum wie kannst du eine Message möglichst leidenschaftlich transportieren.

Wie kommen eure Songs zustande? Wer übernimmt das Songwriting und schreibt die Texte? Oder ist das immer unterschiedlich?

CHRISTIAN: Die Texte schreibe immer ich. Auf den älteren Platten habe ich auch immer ein bisschen beim Songwriting mitgewirkt, aber inzwischen machen das fast nur noch die Gitarristen.

DAVE: Man muss sich das so vorstellen, dass wir Gitarristen mit einer oder mehreren Riff-Ideen in den Proberaum kommen und diese dann von den anderen Jungs abgesegnet oder verworfen werden. Es werden Passagen dazugeschrieben, Melodien kreiert und wieder verworfen usw. Im Grunde genommen ein ziemlich langwieriger Prozess, an dem alle Bandmitglieder mehr oder weniger beteiligt sind.

Wie würdet ihr die Musik, die ihr macht beschreiben oder definieren?

DAVE: Wir machen Hardcore mit einer Menge Melodie. Die Songs sind kurz und aggressiv und es gibt wenig Wiederholungen einzelner Parts. Man kann uns wohl eher schlecht in eine Schublade stecken, was sowohl Vorteil als auch Nachteil ist.

Was genau wollt ihr mit eurem interessant gestalteten Artwork zum Ausdruck bringen?

CHRISTIAN: Wir selbst haben nie vorgegeben, wie das Artwork aussehen soll. Unser Freund und begnadeter Künstler Dave Quiggle aus den USA hat es so entworfen, nachdem er den Plattentitel wusste und unsere Musik/Texte gehört hatte. Aber ich denke, es spricht für sich, oder?

DAVE: Ich sage mal, Kunst will interpretiert werden! Das ist also eure Aufgabe! ;-)

Habt ihr irgendwelche zukünftigen Pläne? Wann werdet ihr wieder auf Tour gehen?

CHRISTIAN: Wir würden sehr gerne, aber es ist nicht so leicht, uns alle zusammen zu gleicher Zeit für mehrere Tage/Wochen von der erwerbstätigen Arbeit und den Familien loszueisen. Aber wenn sich die Chance ergibt, machen wir’s wieder.

Gibt es abschließend noch irgendetwas, das ihr euren Fans noch sagen möchtet?

CHRISTIAN: Danke für Euer Interesse an TODAY FOREVER. Geht mehr zu Live-Shows! Das echte Leben findet draußen statt, im Club, auf der Straße, in Begegnungen, bei Kaffee, Bier und Keksen mit interessanten Leuten. Habt Spaß damit und lasst uns euer Soundtrack sein!!


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