Interview: Sabaton - Joakim Brodén

Artikel-Bild

Ich hatte diesen Traum, was ich schon immer machen wollte: Diese Art von Spaghettiwestern-Soundtrack meets Heavy Metal.

In Kürze veröffentlichen SABATON ihr neuestes Werk "Heroes" - zu dieser Gelegenheit nahm sich Fronter Joakim Brodén Zeit für ein kurzes Interview, in dem er über das neue Album plaudert, und über Spaghettiwestern und virtuelle Keyboarder sinniert.

Veröffentlicht am 05.05.2014

Hi Jocke, vielen Dank dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst!

Gerne doch!

"Heroes" ist das erste Album das ihr mit dem neuen Lineup aufgenommen habt. Haben die neuen Mitglieder auch neue Einflüsse in den Aufnahmeprozess oder das Album selbst eingebracht?

Naja, ich würde sagen im Bereich des Songwritings nicht, denn ich war immer derjenige der die Musik für die Band geschrieben hat. Aber ich würde sagen, man hört schon den persönlichen Touch bei den jeweiligen Instrumenten heraus. Warum sollte ich einem Gitarristen, der ein fünfmal besserer Gitarrist ist als ich selbst, erklären wie er zB seine Solos zu spielen hat. Also, natürlich erkennt man ihre Handschrift, du weißt schon, in den Gitarrensolos, in den Drum-Fills, und so weiter... Aber die Musik stammt von mir, und die Lyrics sind aus der Feder von mir und Pär, wie immer.

Kommen wir zum Artwork - das ist ziemlich anders als das von den bisherigen Album. Zum ersten mal habt ihr Soldaten auf dem Cover die eine relativ brutale Szene darstellen. Gab es da eine spezielle Idee dahinter, und von wem stammte sie?

Also eigentlich war es unser Art-Designer Péter Sallai der all unsere Albencover gemacht hat. Wir haben ihm gesagt unser neues Album wird "Heroes" heißen, und da wollte er dann etwas mit Action drin machen, du weißt schon: Lebendig eben, und vielleicht auch ein wenig brutal, denn Krieg ist ja auch eine brutale Sache. Und das ist eben das was daraus geworden ist - ich finde es sieht ein Bißchen aus wie so ein Oldschool-Filmposter, und ich mag es wirklich. Also haben wir entschieden das dann auch so zu nehmen. Natürlich war uns klar dass das für einige Leute eine ziemlich kontroverse Sache sein würde, ein amerikanischer Soldat der auf einen deutschen Soldaten einschlägt, wenn es auch recht stereotyp ist. Aber richtig kontrovers wäre es geworden, wenn der Deutsche Soldat auf den amerikanischen eingeschlagen hätte, weißt du was ich meine?

Ja, das hätte wahrscheinlich für noch mehr Diskussionen gesorgt!

Ja, aber da ist keine politische Botschaft dahinter. Dummerweise füttert es ein recht unfaires Stereotyp, aber es ist dafür auch sehr lebendig, also das Cover. Es erinnert mich, wie ich schon gesagt habe, an so ein Filmposter aus den Sechzigern.

Auf "Heroes" hört man auch erstmals eine Ballade. Ich erinnere mich daran, dass du einmal gesagt hast SABATON würden niemals eine Ballade machen - und jetzt ist da eine auf dem Album. Hast du deine Meinung bezüglich Balladen geändert?

Nein! Ich wurde dazu gezwungen! (lacht)

Ok, das ist mal ein Grund. Also: wer hat dich dazu gezwungen?

Ok, ich erzähl dir die ganze Geschichte. Die ganze Band wollte das so. Und das ist so gekommen...

Ich war richtig, richtig krank im November. Ich saß da also in meinem Studio... wie immer so die letzten drei oder vier Monate vor den Albenaufnahmen, bin ich da jeden Tag zwischen zwölf und sechzehn Stunden im Studio. Und ich war richtig krank, also konnte ich keinen der Songs die ich für SABATON geschrieben hatte singen. Also habe ich einfach ein Bißchen Klavier gespielt, und mir selbst leidgetan. Du weißt ja, Männer können nicht sehr gut damit umgehen krank zu sein.

Ich habe also einfach nur Klavier gespielt, und auf einmal hatte ich diese Melodie, die mir da auf einmal in den Kopf gekommen ist. Ich dachte mir das müsste ich gleich aufnehmen, und spielte das noch einmal, und habe versucht dazu zu singen - das hat echt schrecklich geklungen! Aber zumindest hatte ich die Melodie. Dann hab ich es erst einmal zur Seite gelegt, weil ich ja eigentlich alle arten von Musik mag, nicht nur Metal. Aber ich hatte das nicht als SABATON-Song geplant, das ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen.

Aber trotzdem ich die ganze Musik schreibe, entscheidet natürlich die ganze Band welche Songs dann auf dem Album landen. Weil es ist wichtig dass der Rest auch zufrieden mit den Songs ist, dass sie sie auch mögen und gerne spielen und so. Also haben sie mich gefragt 'Oh, können wir ein bißchen was Neues hören?' Ich hab dann so ein bißchen rumgescherzt was für Songs sie denn hören wollen, und sie meinten alle. Also hab ich ihnen einfach meinen Laptop gegeben, und sie haben sich durch alles durchgehört was ich so drauf hatte. Dann ist Pär angekommen und hat gemeint 'Hej, du hast da ein paar richtig gute Songs drauf. Aber diese Ballade, da könnte richtig was draus werden!' Und ich dacht mir so, WAS? Oh.. neinneinnein, Mooooment! Das war nicht für SABATON! Aber Pär sagte 'Doch, ich glaube schon!' Und dann hat auch der Rest der Band gemeint es wäre so, also... ja, und schon hatten wir eine SABATON-Ballade!

Witzige Geschichte, so kommt man also zu etwas gänzlich Neuem. Aber weil wir schon bei Neuem sind: Eure Kritiker sagen euer Sound ändert sich nie, und alle eure Alben würden gleich klingen. Was würdest du diesen Leuten sagen um vielleicht ihre Meinung zu ändern, dass ihr nicht die ganze Zeit das gleiche macht?

Also um ehrlich zu sein, kompositorisch hat es schon eine ziemliche Evolution gegeben. Aber ich glaube wahrscheinlich hören diese Leute nicht wirklich auf die Kompositionen, sondern eher nur auf den Sound der Band, und da muss ich zustimmen: Unser Sound hat sich nicht wirklich viel verändert, aber da ist ein Unterschied in den Kompositionen. Ich meine, kannst du einen Song wie "Hellrider" von unserem ersten Album mit... zB "A Lifetime Of War" von "Carolus Rex" vergleichen? Nein, die sind nicht einmal ansatzweise gleich.

Und meistens, wenn man solche Leute fragt was denn ihre Lieblingsband ist, dann kommt AC/DC. Es ist ein schwieriger Weg, wenn die Leute sagen dass man immer gleich klingt. Ja, vom Sound her haben wir uns nicht verändert, aber bei den Kompositionen ist Variation. Aber andererseits, wer unseren Sound nicht mag, oder nie mochte - warum sollten wir uns darüber Gedanken machen? Wenn jemand, der SABATON-Fan ist unzufrieden ist, dann höre ich da drauf. Aber wenn jemand SABATON ohnehin nie mochte sagt "Oh, die klingen immer gleich" - na und? lacht Interessiert die doch eigentlich gar nicht!

So wie schon beim letzten Album, habt ihr auch dieses Mal wieder ein paar Coverversionen als Bonustracks aufgenommen. Nebst METALLICA, habt ihr auch Cover der weniger bekannten Bands BATTLE BEAST und RAUBTIER aufgenommen. Das ist doch recht ungewöhnlich für eine sehr bekannte Band - wie kam es dazu?

Ich weiß nicht warum, aber ich glaube so in den 60ern oder 70ern war es cool den gleichen Song von zwei oder drei verschiedenen Künstlern auf der gleichen Scheibe. Aber ich glaube ein guter Song ist einfach ein guter Song, und ein guter Song muss nicht unbedingt 30 Jahre alt sein, ehrlich gesagt. Ich meine, ich glaube ehrlich dass das BATTLE BEAST-Album "Battle Beast" einer der wahrscheinlich besten Releases von 2013 war, für mich persönlich. Was sie machen, das ist eine Tradition des klassischen Heavy Metal weiterzuführen, und das erinnert mich so sehr an das was ich gehört habe als ich noch jünger war. Aber gleichzeitig machen sie das auch in einer anderen Art. Also bin ich... wir beide, ich und Pär, und auch der Rest der Band große Fans von ihnen.

Und was RAUBTIER angeht, das ist eine etwas persönlichere Geschichte. Das sind alte Freunde von uns, wir haben in Schweden oft mit ihnen getourt, und unser Gitarrist Tobbe hat dort einmal Bass gespielt. Den Song habe ich auch öfters als Duett mit deren Sänger gesungen. Und das lustige ist, du weißt ja, unser Album heißt "Heroes", und der Song den wir covern heißt "En Hjältes Väg", und das heißt "Der Weg des Kriegers" auf schwedisch.

Diese Melodie in "To Hell And Back" - die ziemlich eingängig ist wie ich sagen muss - erinnert mich an einen ziemlich bekannten Western. War es so gedacht dass es nach einem Westernthema klingen soll, oder war das purer Zufall?

Nein... Ja... Danke dass du das bemerkt hast! Einige Leute haben gesagt das wäre eine Folk-Melodie, aber du hast vollkommen recht: Das ist von diesen alten Spaghettiwestern inspiriert!

Ja, ich meine sogar den Film erkannt zu haben, ich glaube die Melodie ist aus "For A Few Dollars More"?

Exakt! Jetzt reden wir Klartext! Diese Art von Musik, von diesem Komponisten, Ennio Morricone... ich habe viel, viel Zeit darin investiert genau diesen Sound hinzukriegen. Also es ist nicht die gleiche Melodie, aber es hat gedauert genau diesen Sound dieser Melodie hinzukriegen, wie in diesen Filmklassikern. Weil ich hatte diesen Traum, was ich schon immer machen wollte: Diese Art von Spaghettiwestern-Soundtrack meets Heavy Metal. Der Rest der Band hat mir gesagt ich wäre verrückt, das könnte man nicht machen. Aber... da bin ich so ein kleiner Junge, manchmal einfach albern... Wenn du mir sagst, das kannst du nicht machen: Dann mach ich es! Also war das schon irgendwie ein Riesenspaß, und ich mag den Song wirklich, weil mich die Melodie zum Lächeln bringt. Sie macht mich glücklich, so ein mitreißendes kleines Miststück.

Wenn wir schon über Melodien reden: Eines der Markenzeichen von SABATON sind epische Keyboard-Hooklines - aber ihr habt immer noch keinen Keyboarder in der Band. Also wer spielt dann Keyboard auf dem Album? Du selbst, wie auf den ersten Album, oder habt ihr euch einen Studiomusiker eingeladen?

Nein, das bin ich. Ich habe ja nie damit aufgehört Keyobard zu spielen, auch als Daniel in der Band war, habe ich noch immer ein Bißchen Keyboard beigesteuert. Und habe ja auch alles geschrieben, also abgesehen von seinen Solos natürlich, habe ich alle Keyboard-Melodien und das ganze Drumherum geschrieben. Ich habe ja früher auch mal Orgel gespielt, also war das schon lustig mal wieder zurückzugehen, auf diesen Weg, und wieder Keyboard zu spielen. Irgendwie hab ich das vermisst, also war es schön das mal wieder zu machen.

Ok, und wie sieht es dann mit der Live-Situation aus. Werdet ihr weiterhin ohne Keyboarder touren, seid ihr auf der Suche nach einen neuen Mitglied, oder werden wir dich vielleicht öfter auf der Bühne am Keyboard sehen?

Ein Bißchen von allem, muss ich sagen. Wir haben gesagt dass wir nicht aktiv nach einem Keyboarder suchen, weil wir ja prinzipiell einen auf unseren Backing-Tapes haben. Aber das ist ja kein, du weißt schon, kein programmiertes Keyboard, das sind noch immer meine oder Daniels Einspielungen, die da über die PA rausgehen. Aber wir haben auch gesagt, bei ein paar langsameren Songs kann es schon sein dass ich mal Keyboard spiele, so wie ich das auf der letzten Tour bei "The Hammer Has Fallen" gemacht habe. Also wenn es möglich ist dann werde ich spielen, aber wenn es um einen neuen Live-Keyboarder geht, da sagen wir alle: Wir suchen nicht nach einem, aber wenn der Richtige ums Eck kommt, dann sind wir eben wieder zu Sechst!

Das hört sich gut an! Dann sage ich vielen Dank für das Interview, und dir noch einen schönen Abend!

Dir auch, gern geschehen!


ANZEIGE
ANZEIGE