Interview: Tankard - Gerre

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Stell dir mal vor wir würden die nächste TANKARD-Platte machen und zehn todernste Texte und ein neues Image, andere Fotos, das würde ja überhaupt nicht zu uns passen

Interviews mit TANKARD-Fronter Gerre sind immer Unterhaltung pur. Dass bei so einem ungezwungen Plausch auch Gerre's Lieblingsthema Fußball nicht zu kurz kam, liegt auf der Hand. Aber auch über die neue Platte "R.I.B.", sowie eine Fortsetzung der Big Teutonic Four-Geschichte gab uns der hyper-sympathische Sänger bereitwillig Auskunft.

Text: Reini
Veröffentlicht am 10.06.2014

Gerre heute fangen wir unkonventionell an, reden wir nicht übers neue Album, sondern zuerst über Fußball.

Jo gerne! Liebend gerne!

Deine geliebte Eintracht hat ja ähem souverän den Klassenerhalt in der deutschen Bundesliga geschafft, war auch in der Euro-League engagiert, wie zufrieden warst du mit der Saison?

Insgesamt muss man natürlich zufrieden sein. Ich habe alle Europapokal-Spiele live gesehen, die Rumreiserei hat tierisch viel Spaß gemacht. Dass das in der Liga nicht wiederholbar war, das war schon klar, dass wir dann doch noch solange unten rumgespielt haben, war natürlich nicht gut für die Nerven. Letztendlich haben sie in der Hinrunde schon viel zu viele Punkte verspielt, oft auch in den letzten Minuten noch Tore bekommen, aber insgesamt muss man schon zufrieden sein, im Europapokal haben wir ja wirklich ein gutes Bild abgegeben, mit Pech gegen Porto ausgeschieden, dabei haben die Jungs aber super gespielt. Klassenerhalt ist geschafft, jetzt schauen wir mal wie es nächstes Jahr weitergeht.

Bist du eigentlich so ein Dauerkarten-Besitzer bei der Eintracht?

Ja natürlich, ich hab schon seit den 90ern eine Dauerkarte, bin Vereinsmitglied, alles ist geregelt.

Ist dein Fußball-Enthusiasmus jetzt rein auf die Eintracht ausgelegt oder wirst du im Juni/Juli auch gebannt vorm Fernseher nächtelang sitzen und dir die Fußball-WM in Brasilien anschauen??

Ja natürlich ist der Hauptfokus die Eintracht, ich lese täglich die Zeitungen und auch online was wieder so los ist in dem Verein, von der WM werde ich wohl kein so großer Fan werden. Wenn ich aber kann, dann werde ich mir sicher einige Spiele angucken.

So jetzt aber zu „R.I.B. Rest in Beer“

Hast du es schon gehört?

Ja natürlich, sonst bräuchten wir ja kein Interview machen

Stimmt auch wieder…

Das 16. TANKARD-Album in 32 Jahren Bandhistorie, man darf euch eine gewisse Regelmäßigkeit attestieren.

Ja das ist aber auch ein immens schwerer Kraftakt. Eine Platte zu schreiben, aufzunehmen, das ist wirklich harte Arbeit, da steckt viel Herzblut drinnen. Ich weiß jetzt aber nicht genau, ob dieser Rhythmus irgendwie von uns 1000% gewollt ist, aber so alle zwei bis drei Jahre kann man schon eine neue Platte rausbringen, das ist schon OK. Dieses Mal haben wir wieder mit dem Songwriting viel zu spät angefangen, aber irgendwann läuft es dann und kurz vor dem Studio bricht dann die allgemeine Panik und Hektik aus, aber ich glaube, wir brauchen das um was Gescheites zu kreieren.

Ich finde ja sowieso, dass TANKARD in ihrer langen Karriere nur gute bzw. sehr gute Alben aufgenommen haben.

Du Reini, das geht runter wie Öl!

Nachdem ich dir ja schon bei „A Girl Called Cerveza“ gesagt habe, dass ich das Album gut finde, muss ich diesmal enthusiastisch ein fettes sehr gut vergeben! Wie siehst du die Unterschiede der beiden Alben?

Grundsätzlich muss man ja sagen, dass wir uns beim Songwriting nicht hinsetzen und sagen die nächste Platte muss so und so oder so und so klingen, sondern wir fangen einfach mal an mit dem Songwriting und gehen ins Studio und gucken was dabei rauskommt. Die Neue ist ein bisschen straighter als die letzte Platte, die Songs sind etwas kürzer und daher mehr auf den Punkt gebracht und es ist vielleicht auch wieder einen Tick härter. Nichtsdestotrotz finde ich „A Girl Called Cerveza“ nach wie vor als ein echt gutes Album, wo wir auch so einen ganz guten Weg gefunden haben was den Sound betrifft. Auf der einen Seite transparent, was man auch auf der neuen Platte deutlich heraushört, aber trotzdem ziemlich heavy Gitarrensound. So befinden wir uns glaube ich auf dem richtigen Weg, wo immer der auch enden möge, wenn er überhaupt jemals endet.

Ich würde ja noch hinzufügen, dass „R.I.B.“ verdammt abwechslungsreich geworden ist. Es hat etliche formidable Hits, die allesamt zukünftig e Live-Classics werden könnten (ich sag nur „The Party Ain’t Over Til We Say So“) und obendrein habt ihr z. B. mit dem sakralen Chorgesang im Titelsong auch etwas gemacht, was man von TANKARD so nicht gewohnt war, obendrein ist „Hope Can’t Die“ z. B. dann noch außerordentlich nachdenklich ausgefallen.

Die Idee zu diesem Mönchschor kam von unserem Gitarristen dem Andy. Der hat ja so ein kleines Studio zu Hause und da nehmen wir immer kräftig auf und dann kam irgendwann die Idee, dass wir diesen einen Part langsamer spielen müssen und Andy meinte dann: „Da gehören Mönchschöre drauf“. In der Vorproduktion hab ich dann irgendwie was Düsteres draufgemacht und dann haben wir ein paar Kumpels gefragt und die haben das echt sehr, sehr geil eingesungen. Wir müssen zwar erst gucken wie wir das live umsetzen können, kann natürlich nicht vom Band kommen, sondern da muss ich was machen an der Stelle…

Das Publikum!

… oder das Publikum, naja schau ma mal.

„Hope Can’t Die“ ist übrigens nach wie vor mein Lieblingssong auf der Scheibe. Der etwas andere Song auf der Platte, so im Mid-Tempo und der hat auch einen ernsten Text. Ich hab vor zwei Jahren einen Kumpel verloren… der Text ist aber eher allgemein gehalten, über jemanden dem du sehr nahe standst und den du verlierst. Die ganzen Gefühle die damit zusammenhängen: Trauer, Wut, Hoffnung. Was sicher ist, „Hope Can’t Die“ wollen wir auf jeden Fall live spielen.

Beim Party-Song hingegen muss ich wirklich ehrlich sagen, der Refrain kam von unserem alten Gitarristen Andy Boulgaropoulos, der immer noch auf unseren Scheiben mit werkt. Wir waren alle so ein wenig skeptisch, aber jeder der den Song zum ersten Mal gehört hat, meinte, den müsst ihr live spielen, das wird der Party-Knaller. Tja, das werden wir dann auch tun und schlussendlich haben wir ihn auch für wirklich gut befunden. Auch weil nach „Clockwise To Deadline“, wo ja ein Herzstillstand zum Schluss simuliert wird, dieser lange Pipeston und dann noch mal so eine Aussage, das passt schon ganz gut.

Ihr switched ja – wie immer möchte man sagen – von ernsten Themen (wie „Warcry“, „Hope Can’t Die“, „Enemy Of Order“) zu eher spaßig, ironisch, aber auch zynischen Texten wie in (“R.I.B. (Rest In Beer)”, “Breakfast For Champions” oder “Party Ain’t Over Til We Say So”). Kommt das von alleine oder setzt ihr euch schon gezielt hin und sagt, jetzt schreiben wir einen Fun-Text und jetzt greifen wir ein verdammt ernstes Thema auf?

Praktisch seit der „Chemical Invasion“ haben wir probiert eine ganz gute Mischung aus spaßigen und ernsteren Texten hinzubekommen. Ich mein, zehn Party-Songs zu schreiben wäre meiner Meinung nach auch irgendwie langweilig und das Leben besteht ja nicht nur aus Party und so. Bei den Texten ist es ja so, dass uns da auch nach wie vor unsere alter Gitarrist, der Andy Boulgaropoulos unter die Arme greift. Dazu kommt noch unser Roadie der Harald Maul. Die Jungs schreiben quasi die Texte, bekommen aber von uns die Melody-Lines, den Inhalt und … jo … das ist schon eine sehr große Hilfe, ich wüsste gar nicht, wo ich die Zeit dafür hernehmen sollte. Aber und das ist wichtig: Die Themen sind von uns vorgegeben.

Kommen die alleine von dir oder ist dies ein demokratischer Prozess?

Jeder der eine Idee hat, bringt die ein, dann diskutieren wir drüber. Der Buffo hatte auch ein paar Ideen und es kommt eigentlich von allen was, jeder kann sich einbringen, entscheiden tu letztendlich natürlich ich…

Du hast die „Chemical Invasion“ ja schon angesprochen, darum gleich zum Coverartwork. Den verrückten Professor von der „Chemical Invasion“ aus dem Jahr 1987 habt ihr ja wiederbelebt. War das eure Idee oder hatte da auch der Patrick Strogulski, der das Cover entworfen hat, seine Finger im Spiel?

Letztendlich war das auch Buffos Idee, zusammen mit dem Albumtitel. Ja also ich finde es sehr geil schon als ich das erste Mal gesehen habe. Es hat ja auch diesen Wiedererkennungswert, wenn du den Alien wieder ausgräbst, der Bomber, unser etwas beleibterer Kumpel, war wieder mal auf einem Cover, ich finde das hat der Patrick Strogulski super gemacht, ein wirklich geiles Cover.

Voriges Jahr gab es ja im Rahmen des Beastival Festivals erstmals die Teutonic Big 4 zusammen auf einer Bühne. Da wurden natürlich etliche Rufe laut, dass Ganze solle doch verdammt nochmal auch als Tour stattfinden. Der Angelripper von SODOM hat das z. B. in einem Interview mit mir im April 2013 geradezu gefordert, der Mille meinte im August 2013 wortwörtlich zu mir Ich sträube mich auch nicht dagegen, aber es ist einfach schwierig das Alles unter einen Hut zu bekommen. Wie siehst du die Sache, wären TANKARD für eine Teutonic BIG 4-Tour sogar bereit deutlich mehr Konzerte in einem Jahr zu spielen und seit langem wieder eine größere Tournee zu fahren?

Das Problem ist ja, dass wir alle berufstätig sind. Ich stehe so einer Sache natürlich offen gegenüber, das war auch ein geiles Event beim Beastival, vielleicht kann man ja auch so eine Festivaltour machen. Aber wie der Mille schon richtig sagt, jede der vier genannten Bands hat natürlich ihre eigenen Pläne und das Alles unter einen Hut zu bringen ist schon eine riesige logistische Herausforderung. Aber von unserer Seite aus, sehr gerne wieder in welcher Form auch immer.

Zum Schluss noch eine Frage, auch weil eure Plattenfirma Nuclear Blast das so theatralisch dargestellt haben – der Satz wenn man an Thrash-Metal und Bier denkt, ist der Name TANKARD garantiert der Erste, der einem in den Sinn kommt. Wie gefällt dir der, bist du stolz oder stört dich dieses hmmm Saufimage mittlerweile… andererseits muss man ja sagen Hut ab, nach 32 Jahren noch immer keine Leberzirrhose, Respekt!

Hab ich das überhaupt gelesen…?? Aber TANKARD wird man wohl auf immer mit Bier in Verbindung bringen. Wir haben aber auch alles dafür getan mit Scheiben wie „The Morning After“ und „Chemical Invasion“. Irgendwann wollten wir tatsächlich davon ein wenig wegkommen mit „Two-Faced“ zum Beispiel, das ist kläglich gescheitert, weil die Leute uns das sowieso nicht abgenommen haben. Heutzutage machen wir uns natürlich einen Spaß draus und nehmen unser eigenes Image gerne auf die Schippe. Wir sehen das Ganzen nicht mehr so ernst und nehmen es auch nicht so ernst und wir sind ja auch eine Band, die wirklich Spaß an der Mucke hat. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben, von daher… stell dir mal vor wir würden die nächste TANKARD-Platte machen und zehn todernste Texte und ein neues Image, andere Fotos, das würde ja überhaupt nicht zu uns passen und das würde uns ja auch überhaupt niemand abnehmen. Von daher kann ich mit so einer Aussage wirklich ganz gut leben.

Nichtsdestotrotz wird vielleicht dann die musikalische Seite öfter mal unterschätzt, aber gut, da sind wir vielleicht auch selber dran Schuld, weil wir uns das in den Anfangsjahren so wirklich aufgebaut haben.

Da muss ich aber jetzt einwerfen, mittlerweile darf TANKARD musikalisch keiner mehr unterschätzen. Was der Andy da musikalisch alle zwei Jahre rauswirft, das Hand schon mehr als Hand und Fuß.

Das ist schön zu hören.

Schöner Schlusssatz, jetzt darfst du zu deiner Freundin…

Echt schon? So schnell waren wir aber noch nie fertig Reini.

Gerre, das sind jetzt 20 Minuten gewesen…

Ah Ok, ich muss aber noch anbringen, es wird zwei offizielle Videoclips geben. Das hatten wir auch noch nie. Der Titeltrack ist gerade in der Mache, den haben wir schon aufgenommen und dann hat uns so ein Wahnsinniger von einer Filmhochschule aus Australien angeschrieben, ein TANKARD-Fan, er würde gerne einen Videoclip machen, so mit Animationen und so. Der lässt da gerade irgendwie 20 seiner Studenten dranarbeiten. Da das auch eher in die witzige Schiene gehen wird haben wir uns für „Fooled By Your Guts“ entschieden, der auch auf einer Split veröffentlich wird, wo auf der anderen Seite ein neuer DESTRUCTION-Song drauf sein wird. Wie du siehst, es passiert viel und einiges!

Gut Gerre, jetzt entlasse ich dich aber wirklich!

Danke Reini, auch für deinen Support, ich wünsch dir noch einen schönen Abend, hau rein, Tschüß!


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