Interview: Metallica - Kirk Hammett

Artikel-Bild

Nach den sieben Kontinenten würde ich jetzt gerne im Weltraum auftreten.

Bereits vor der Wien-Show haben wir METALLICA-Gitarrist beim "Rock im Park" in Nürnberg empfangen, wo der sympathische Surferboy nicht nur bereitwillig und gut gelaunt über seine Fußverletzung, galaktische Vorhaben, Probleme mit seinem Starstatus und das kommende Album referierte, sondern auch Gefallen am THE DARKNESS-Shirt des Redakteurs fand...

Veröffentlicht am 11.07.2014

Hey Mann, ich mag dein Shirt von THE DARKNESS!

Danke Kirk. Habt ihr schon mal mit ihnen zusammengespielt?

Ja, das müsste etwa fünf oder sechs Jahre her sein. So genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Aber sie sind eine verdammt gute Band. Die beiden Brüder Dan und Justin Hawkins sind ein richtig gutes Gitarrenteam.

Justin hat zudem einen sehr eigenwilligen Bart.

Seine Entscheidung über sein Gesichtshaar lässt mich auch mit Fragezeichen zurück. Das sieht tatsächlich sehr unüblich aus (lacht).

Du hast eine Schiene auf deinem rechten Fuß – was ist da passiert?

Alles okay, aber ich habe mir mein Knie verletzt. Es passierte unlängst beim Surfen in Mexiko. Du wirst lachen, aber es war die letzte Welle am allerletzten Tag. Das ist genau der Moment, wo du unvorsichtig bist, weil du ohnehin dein Werk beendest. Ich bin mit dem Fuß abgerutscht und landete auf dem Rücken und verdrehte mir dabei auch das Knie. Die Schiene ist eher zum Schutz da und sieht schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist. Aber keine Sorge - auf der Bühne trage ich dieses Gerät nicht mit mir herum (lacht).

Kommen wir zum Thema – wie sind die bisherigen Shows euer "METALLICA By Request“-Tour verlaufen?

Großartig. Anfangs war es schon ziemlich kalt, denn Ende Mai begannen wir in Helsinki, Stockholm und Oslo. Als Gitarrist ist es ziemlich schwierig, eine Topleistung zu bringen, wenn du deinen Atem aus dem Mund kommen siehst. Ich habe an diesen Abenden entdeckt, dass ich auch mit fingerlosen Handschuhen spielen kann. Ich musste meine Hände einfach warm halten, ansonsten wäre ein Auftritt unmöglich gewesen.

Helsinki, euer Tourauftakt, war sowieso eine ganz spezielle Show, weil ihr dort zum allerersten Mal den Song „Frayed Ends Of Sanity“ in seiner vollen Länge live gespielt habt.

Bei gefühlten minus 3 Grad (lacht). Das im Internet verbreitete Gerücht, es wäre unser einziger Song gewesen, den wir noch nie in seiner vollen Länge live gespielt haben, ist aber schlichtweg falsch. Da gibt es noch genügend andere. Natürlich sind das Songs von den Alben, die in den 90er-Jahren oder dem neuen Jahrtausend erschienen sind (lacht). „Frayed Ends Of Sanity“ haben wir schon sehr oft angespielt und dann in einen anderen Song überleiten lassen. Verantwortlich für den vollständigen Song waren die Fans in Helsinki – wir waren selbst total überrascht, dass sie diese Nummer gewählt haben. Wir haben dann einfach fleißig geprobt und am Ende ging glücklicherweise alles gut.

Bist du eigentlich überrascht davon, dass die Fans bei dieser „Request-Tour“ hauptsächlich die ohnehin oft gespielten Klassiker gewählt haben?

Ich war schon ein bisschen überrascht. Als wir diese Idee finalisiert haben, zogen an meinem geistigen Auge ganz obskure Songs und Nummern, die wir ohnehin kaum spielen, vorbei. Überraschenderweise wählten die Leute dann aber die Songs, die wir zu 70 Prozent immer spielen. Wenn man genauer drüber nachdenkt, braucht es einem auch nicht wundern. Die Leute lieben nun einmal bestimmte Songs von uns besonders und sinnvollerweise wollen sie die dann auch live sehen. Bei „Frayed Ends Of Sanity“ war es aber schon schön zu sehen, dass es irgendwo auf der Welt Menschen gibt, die die Möglichkeit einer alles spielenden METALLICA-Jukebox wahrgenommen haben und aus den gängigen Normen ausgetreten sind. Die Fans haben in dem Fall sehr abenteuerlich reagiert, aber ich würde mich nie über die großen Hits beklagen. Die Leute wollen sie nun einmal hören und das respektiere ich total.

Welche Songs würdest du wählen, hättest du die Entscheidungsgewalt?

Ich persönlich liebe einfach die „St. Anger“ und den Song „Dirty Window“. Extrem Spaß hätte ich auch bei „The Judas Kiss“ von unserem letzten Album „Death Magnetic“ – ich hoffe, dass der Song noch irgendwo bei den Fans in der Endauswahl landet. Bislang war von diesem Album nur „The Day That Never Comes“ beliebt. Obskure Songs wie „Devil’s Dance“ oder „Thorn Within“ wären auch sehr interessant zu spielen. Es gäbe viele Möglichkeiten für die Leute, etwas total Seltenes von METALLICA zu hören.

Gibt es auch Songs, bei denen ihr Probleme hättet sie zu spielen? Möglicherweise weil ihr euch nicht mehr genau erinnern könnt oder diverse Parts vielleicht zu schwierig sind?

Nachdem wir „Frayed Ends Of Sanity“ und „The Unforgiven II“ probten und bühnenfit machten, kann uns eigentlich nichts mehr einschüchtern. Natürlich muss man unüblichere Sachen wie die „St. Anger“-Songs besonders engagiert üben, weil einfach die Übung darin fehlt.

Mit dem brandneuen Song „Lords Of Summer“ bringt ihr auch allabendlich etwas Abwechslung für euch selbst auf die Bühne.

Den hatten wir schon im Vorfeld angekündigt, aber ja, natürlich ist es was anderes, diesen Song live zu spielen. Wir haben das schon mit „Vultures“ und „Death Is Not The End“ gemacht. An letzteren Song kann ich mich nicht einmal genau erinnern – nur mehr an den Songtitel, weil ich ein T-Shirt mit dieser Aufschrift habe (lacht). „Lords Of Summer“ zu spielen ist für uns immer noch eine Art Arbeitsprozess. Vielleicht verändern wir den Sound dort auch noch einmal.

Gibt es nicht auch schon Songs, die du gar nicht mehr spielen willst, weil du sie seit so vielen Jahren Abend für Abend von der Bühne zockst?

Das Schöne an METALLICA-Songs ist ja, dass es niemals langweilig ist, sie zu spielen. Wenn mich gewisse Gitarrensolos fadisieren, dann verändere ich sie einfach. Manchmal lasse ich Solos, die du auf dem Album hörst, einfach weg und baue sie in anderer Form an anderer Stelle ein. Wir lieben es, Arrangements zu ändern und Songteile anzuspielen oder mit ihnen ein Lied auszufaden. Das hält jedenfalls frisch.

Habt ihr nach so vielen Jahren auf der Bühne immer noch genug Energie, um ausladende Touren zu spielen?

Ich denke schon. Wir reifen von Show zu Show als Musiker und das sieht und hört man auch bei unseren Live-Performances. Natürlich hatten wir zu Aufnahmezeiten von „Ride The Lightning“ 1984 mehr Ausdauer, aber damals konnten wir diese Ausdauer auch nicht für zweieinhalb Stunden lange Shows einteilen. Ich habe meine rechte Hand immer getaped, um mich nicht zu verletzen. Früher ist mir die Hand bei den Anschlägen nämlich öfters aufgerissen (lacht). Aber natürlich – heute spüre ich schon auch mal meine Schultern, die Ellenbogen oder die Finger. Natürlich versuchen wir aber noch genauso Ärsche zu treten, wie auf unserer Tour im Jahr 1985.

Hast du auch noch genug Motivation, die großen Hits deiner Band immer und immer wieder zu spielen?

Auf jeden Fall – ich liebe das Gitarrenspielen in allen Varianten. Egal ob auf der Bühne, zuhause oder beim Proben mit den anderen Jungs. Selbst an den freien Tagen auf Tour spiele ich oft zwei bis drei Stunden Gitarre, weil ich einfach nicht anders kann. Es gibt aber schon auch Phasen, wo ich die Klampfe für ein paar Wochen gar nicht anrühre. Ich merke dann aber sehr schnell, dass ich ziemlich frustriert und ungeduldig werde. Die Gitarre hilft mir dann wieder heraus.

Welche Ziele hat man noch als Band, die im Prinzip alles erreicht hat, was es zu erreichen gibt und wohl auf ewig als größte Heavy-Metal-Combo der Welt gilt?

Wir haben – inklusive der Antarktis – innerhalb eines Jahres alle sieben Kontinente bespielt, was uns ins „Guinness-Buch der Rekorde“ gebracht hat. Das war schon großartig, aber jetzt würde ich gerne außerhalb der Erde spielen. Ich würde gerne in den Weltraum, auf einer internationalen Raumstation auftreten. Wir brauchen nur das Drumkit, ein paar Gitarren und Verstärker dafür – das Minimum an Equipment. Wir versuchen schon länger herauszufinden, wie man das am besten bewerkstelligen könnte. Es ist eine verrückte Idee, das weiß ich. Aber warum wäre das nicht realisierbar, auch mal im Weltraum zu spielen? (lacht)

Gibt es Momente, in denen du gerne nicht so extrem berühmt wärst?

Definitiv. Es gibt etwas, mit dem wir alle die ganze Zeit umgehen müssen und das zu jeder Zeit in jeder Form auf dich zutreffen kann – ich nenne das „Celebrity-Attacks“. Ein Beispiel ist etwa, wenn du mit jemandem ein Geschäft machst, was kaufst und der dann plötzlich 15 Prozent draufschlägt, weil er weiß wer du bist und dass du dir das leisten kannst. Auch wenn du weißt, du musst zu Fuß von Punkt A nach B kommen und durch eine Menschenmenge durch – du kannst dir sicher sein, dass du es nicht stressfrei schaffen wirst. Das ist der Preis, den wir bezahlen. Mich ärgert das im Prinzip schon sehr, aber ich habe gelernt damit umzugehen. Manchmal gelingt mir das besser, manchmal eben nicht (lacht). Am meisten besorgt mich das Thema, wenn es meine Frau und meine Kinder trifft – ich selber kann damit schon umgehen, ich habe es zumindest akzeptiert. Aber wenn dann durch diverse Umstände die Familie mit reingezogen wird, kann das schon sehr schwierig werden.

In Österreich wart ihr schon zig Male zu Gast. Kannst du dich auch an bestimmte Ereignisse erinnern?

Ich denke da immer als erstes an die Kaisergruft, wo die Habsburger begraben sind. Dort war ich immer verdammt gerne, weil mich diese Skelette in den Gräbern faszinieren. Vor 15 oder 20 Jahren gab mir ein Fan in Wien eine Broschüre von diesem Ort und sagte mir, ich müsse dort unbedingt hin. Keine Frage, dass ich sofort dort war und seither immer wieder gerne zurückkehre.

Kannst du abschließend etwas zum geplanten, kommenden Album sagen?

Ich hoffe, es fährt euch ordentlich durch Mark und Bein. Ob etwa „Lords Of Summer“ drauf sein wird, wissen wir noch nicht. Kann aber gut sein, denn die Leute hören die Song sehr gerne. Vielleicht schreiben wir noch zehn Songs, vielleicht 15, vielleicht aber auch 20. Wer weiß das schon? Es ist einfach noch zu früh, um Genaueres darüber zu sagen.

Wird es uns dann 2015 durch Mark und Bein fahren?

Das ist wohl eher ein Wunschgedanke – 2016 klingt für mich derzeit jedenfalls realistischer.


WERBUNG: Hard
ANZEIGE
ANZEIGE