Interview: Motörhead - Mikkey Dee

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Ich hab noch nie in meinem Leben einen derartigen Partytiger kennengelernt wie Lemmy. Aber und das muss auch mal gesagt werden, er hat die ganze Sache immer und zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle

Ein spürbar verschlafener MOTÖRHEAD Drummer Mikkey Dee stand uns nach einer (laut eigenen Angaben!) durchzechten Nacht mit Lemmy Kilmister Rede und Antwort. Logisch, dass sich große Teile des Gespräches über das neue Album „The Wörld is Yours“ gedreht haben, aber auch sonst hatte der seit 1992 bei MOTÖRHEAD aktive Schlagwerker einige interessante Aspekte mitzuteilen…

Text: Reini
Veröffentlicht am 02.12.2010

Mickey, nachdem Du 92 in die Band kamst und 1993 Dein erstes Full Length Album „Bastard“ eingespielt hattest, zu dieser Zeit konntest Du Dir sicher nicht vorstellen, dass Du jetzt 18 Jahre danach noch immer Seite an Seite mit Lemmy in der lautesten Rock’n’Roll Band der Welt tätig bist oder?

Nein natürlich nicht. Sicher hofft man, dass man gesund bleibt, die Band bestehen bleibt und man auch selber lange ein Teil dessen sein wird, aber man weiß ja nie wie man gerade zu Anfang akzeptiert wird und so. Aber offensichtlich haben wir das ziemlich gut hinbekommen.

Das dürftest Du bzw. ihr wirklich, denn gerade Lemmy lässt ja kaum eine Gelegenheit aus um darauf hinzuweisen wie wichtig Dein Input in die MOTÖRHEAD der Jetztzeit sei. Was mich natürlich auch interessiert: Wie wichtig ist der Mickey Dee denn jetzt wirklich für MOTÖRHEAD?

Ohhhh ich bin sehr wichtig *ha ha ha* Wir Drei haben es zusammen gebracht, dass wir in den letzten fast 20 Jahren so etwas wie eine Akzeptanz aufgebaut haben. Phil und ich schreiben fast die komplette Musik miteinander, wir haben da eine wirklich gute Situation entstehen lassen, wo der Andere schon ganz genau weiß was ich bzw. Phil tun werde.

Euer neues Album „The Wörld Is Yours“ kommt ja rechtzeitig zum 35. Bandjubliläum und ihr habt wieder mit Cameron Webb aufgenommen. Scheit so, als ob die Chemie zwischen Cameron und Euch ziemlich gut sein dürfte oder?

Ja das ist jetzt das vierte Album, welches wir gemeinsam mit Cameron aufgenommen haben. Sicher unterscheidet es sich von den anderen drei, „Inferno“, „Kiss of Death“ und „Motörizer“, aber es stammt doch aus der gleichen Familie und das liegt natürlich auch zu einem gewissen Teil an Cameron Webb. Er weiß einfach wie er mit dieser Band arbeiten muss, er weiß, dass er das Ruder nicht herumreißen kann und er lässt uns einfach das machen was wir am besten können. Cameron ist bei der ganzen Geschichte dann derjenige, der für die Feinheiten zuständig ist.

Jetzt kommt ja das neue Album auf dem von Euch gegründeten Motärhead Music Label im Vertrieb der EMI raus. Ward ihr es leid Eure Anliegen etc. mit einer Plattenfirma diskutieren zu müssen und ist auch daran gedacht in der Zukunft andere Künstler über Euer Label zu veröffentlichen?

Also derzeit ist nicht daran gedacht, es ist ausschließlich für MOTÖRHEAD da. Wir hatten diverse Probleme mit SPV und dann haben wir einfach die besten Leute, mit denen wir über lange Zeit schon mit SPV zusammengearbeitet haben und gründeten mit denen Motörhead Music. Ich bin ziemlich begeistert von dieser Konstellation und freu mich auch schon riesig, mit all den Leuten noch enger zusammenzuarbeiten.

Die Aufnahmen zu „The Wörld is Yours“ waren diesmal ja ein wenig schwieriger als in der Vergangenheit. Phil musste in Wales aufnehmen, da sein Vater im Sterben lag und er natürlich bei ihm sein wollte. Glaubst Du, dass Wut und auch Trauer Euch dabei halfen, dass „The Wörld is Yours“ derart überzeugend ausgefallen ist?

Das ist schwierig zu beantworten, da wir wirklich diverse Probleme hatten das Album fertigzustellen. Keiner von uns war so richtig inspiriert, wir haben dann aber trotzdem angefangen an neuem Material zu arbeiten und schlussendlich hat sich herausgestellt, dass es das Album wurde, welches uns doch tatsächlich am leichtesten gefallen ist. Wie du siehst, zu Anfang glaubten wir, dass wir massive Probleme haben würden das Album überhaupt fertigzustellen, im Endeffekt ist aber genau das Gegenteil eingetreten. Sicher kann ich nicht objektiv beurteilen wie gut es wirklich geworden ist, aber ich weiß schon, dass es ein wirklich gutes Album ist…

Wie sehr bist du eigentlich im „Orgasmatron“ Album drinnen?

Was ist mit „Orgasmatron“?

Na ja, weil mich gerade „Brotherhood of Man“ nicht nur einmal an den Kultklassiker von 1986 erinnert.

Ja diese Gemeinsamkeiten hören wir auch heraus. Als wie den Song schrieben haben wir sogar ein wenig an „Orgasmatron“ gedacht. Das Ziel von „Brotherhood of Man“ war es einen neuen, etwas langsameren, aber immens powervollen Track zu schreiben. Und ich finde, das ist uns verdammt gut gelungen, weil der Song wirklich heavy ist. Ich freu mich schon darauf den Track live zu spielen.

Werdet ihr in überhaupt live spielen?

Bis jetzt haben wir ihn natürlich noch nicht live gespielt, aber ich hoffe schon, dass er in unser Programm rutschen wird.

Jetzt ist ja „The Wörld is Yours“ das erste Cover seit sage und schreibe 31 Jahren, welches nicht von Joe Petagno entworfen wurde. Joe meinte ja in einem Statement, dass es „no more HEADS“ von seiner Seite geben würde und er führte diverse Meinungsverschiedenheiten mit Eurem Management an…

Es stimmt, dass es Meinungsverschiedenheiten mit Joe Petagno gegeben hat, aber unserer Meinung liegt bzw. lag das hauptsächlich an ihm als an uns. Wir haben all unsere Verpflichtungen Joe gegenüber erfüllt, was er allerdings nicht so sieht. Das Ganze ist natürlich schon irgendwie schade, weil Joe ein fantastischer Künstler ist und wir ihn zudem auch verdammt nochmal als Künstler vermissen. Und was das neue Cover betrifft, es ist ja heutzutage nicht mehr wirklich ein Problem ein gutes Cover zu bekommen.

Wie demokratisch ist MOTÖRHEAD eigentlich? Wird der meiste Business Kram ohnehin von Eurem Management abgedeckt, oder habt ihr da schon Euren Input, oder ist es hauptsächlich Lemmy, der da die Entscheidungen trifft?

*lacht* Um ehrlich zu sein es ist genau das Gegenteil, denn all den ganzen Business Stuff den mach hauptsächlich ich. Phil und gerade Lemmy die beiden können mit der geschäftlichen Seite einer Band überhaupt nichts anfangen. Natürlich entscheiden wir drei immer zusammen was zu tun ist, aber die beiden sind reichlich wenig an diesen Sachen interessiert. Ich bin da genau das Gegenteil, ich knie mich geradezu in die Probleme hinein die uns bevorstehen könnten.

Ist der Lemmy mit seinen bald 65 Lenzen noch immer das Whiskey Flaschen schwingende Partyanimal, als das er in der Presse allzu gerne dargestellt wird?

Darauf kannst Du wetten Mann. Ich hab noch nie in meinem Leben einen derartigen Partytiger kennengelernt wie Lemmy. Aber und das muss auch mal gesagt werden, er hat die ganze Sache immer und zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle.
Ich bin jetzt 47 Jahre alt, aber im Vergleich zu ihm bin ich noch immer weit hinten, verdammt weit hinten.


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