Interview: EÏS - Alboin

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"Bannstein" ist quasi eine Beschreibung des Versuchs, diesem Schicksal zu entfliehen. Mit der Erkenntnis, dass das nicht wirklich möglich ist.

An einem 2015-Sommer-typisch heißen Nachmittag habe ich im Vorfeld des anstehenden Album-Releases von "Bannstein" der deutschen Black-Metal-Band EÏS mit Bandkopf Alboin einen angenehmen Skype-Plausch abgehalten...

Veröffentlicht am 25.09.2015

An einem 2015-Sommer-typisch heißen Nachmittag habe ich im Vorfeld des anstehenden Album-Releases von "Bannstein" der deutschen Black-Metal-Band EÏS mit Bandkopf Alboin einen angenehmen Skype-Plausch abgehalten, in dem es selbstverständlich um das neue Album und all seine Facetten, aber auch um zukünftige Live-Pläne, die bisherigen Musik-Jahreshighlights von Alboin und die Zukunftspläne von EISMALSOTT ging.

Stormbringer.at: Als erstes natürlich die Frage, wie es dir geht?

Alboin: Also mir geht's gerade sehr gut, abgesehen von der Wärme. Die letzten Monate mit dem Album waren echt sehr stressig, die Songs fertig zu arrangieren und einzuproben. Dann haben wir natürlich noch direkt noch zehn Tage Studioaufenthalt drangehängt, die auch nochmal sehr intensiv waren. Das war zudem noch die Woche, in der es in Franken (glaube ich) den Hitzerekord gab (Anm. d. Red.: Oh ja...). Da so ein Black-Metal-Album aufzunehmen macht natürlich auch Spaß. Aber ansonsten geht's mir sehr gut, so langsam entspanne ich mich wieder.

Stormbringer.at: Dann wollte ich erstmal zum Album an sich gratulieren und wissen, wie du persönlich damit zufrieden bist. Gerade in Anbetracht dessen, dass sich musikalisch zumindest ein bisschen etwas verändert hat.

Alboin: Danke. Ich fange erst an, das Album richtig kennenzulernen, wie es jetzt ist. Ich mag es sehr gerne und bin wirklich sehr zufrieden damit, wie es gelaufen ist. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass es ein sehr spontanes Album ist und nicht über lange Zeit so richtig in Form geschliffen wurde, sondern relativ roh belassen wurde, so wie ich die Songs kurz vorher auch geschrieben habe. Ich bin mit der Produktion sehr sehr zufrieden. Auch da haben wir gar nichts mehr dran verändert, sondern das aufgenommen und auch so gelassen, wie wir's gemacht haben, wir haben das nicht nochmal feinpoliert. Ich bin mit der Performance zufrieden, im Studio hat alles super funktioniert und ich stelle vor allem fest, dass die Songs einfach sehr viel reifer und sehr viel erwachsener als "Wetterkreuz" sind, das ich jetzt im Rückblick als sehr stürmisch empfinde.

Stormbringer.at: Also ich finde, dass es irgendwo abwechslungsreicher ist. Atmosphärisch natürlich immer noch ziemlich bedrückend, aber dadurch, dass die Musik nicht mehr auf einem festen Thema wie bei "Galeere" oder "Wetterkreuz" fußt, finde ich, dass es insgesamt unterschiedlicher seine Stimmung rüberbringt.

Alboin: Ja, die Songs sind auch einfach sehr verschieden.

Stormbringer.at: Ja.

Alboin: Es gibt eigentlich keinen Song, bei dem ich jetzt sagen würde, er ist atmosphärisch wie der davor oder wie ein anderer auf dem Album, was ich, glaube ich, auch als Hörer angenehm empfinde, nicht nur als Musiker. Auch für den Hörer wirkt das Album dadurch natürlich einfach viel abwechslungsreicher, als wenn du zehnmal denselben Song aufnimmst.

Stormbringer.at: Wie eine Ansammlung von einzelnen Songs hört sich's aber auch nicht an, würde ich da jetzt dazu sagen. Man kann einen roten Faden erkennen, aber es ist insgesamt einfach abwechslungsreicher.

Alboin: Ja, es ist ja letztlich auch ein Konzept, das die Songs miteinander verbindet. Es ist ja eine Geschichte, die erzählt wird, von daher wäre es auch schade, wenn das gar nicht hörbar wäre.

Stormbringer.at: Da du gerade Markus Stock, den Produzenten des Studio E angesprochen hast: So wie ich das verstanden habe, versteht ihr euch mehr oder weniger blind, wie das Endergebnis zu klingen hat, oder?

Alboin: Ja, wir machen jetzt das fünfte Album zusammen. „Bannstein“ ist das dritte, das wir zusammen aufgenommen und produziert haben, die ersten beiden Alben haben wir auch nochmal mit Markus überarbeitet, er kennt also alles, was wir je gemacht haben. Das ist zumindest eine Sache, die ich sehr wichtig finde, wenn du irgendwo aufnimmst. Und die andere Sache ist, dass wir uns auch persönlich sehr gut verstehen. Wir haben ein ähnliches Alter, haben als Jugendliche ähnliche Musik kennengelernt, haben einen ähnlichen Geschmack und auch abseits der Musik verbindet uns eine ganze Menge an Ähnlichkeiten, was die Sache sehr angenehm macht. Darüber hinaus ist Markus Stock ein Mensch, der ein beinharter Profi ist und sein Handwerk extremstens gut und schnell beherrscht. Eine Produktion wie die, die wir jetzt gemacht haben, kriegst du, glaube ich, in keinem Studio in der Zeit und dieser Qualität hin. Und: Trotzdem ist die Arbeit überhaupt nicht stressig, sondern für mich zumindest sehr strukturiert und sehr angenehm und extremst produktiv. Ich glaube, dass man das Alben anhört, wie die Stimmung im Studio ist, wie die Leute miteinander umgehen und ob jemand als Produzent die Musik kapiert, die da aufgenommen wird und ob er das mit herausschälen kann, was die Band will - oder ob Produzent und Band in völlig verschiedene Richtungen denken, was ihre Vorstellungen vom Sound angeht. Das hat mit Markus schon immer super funktioniert und deswegen gehen wir auch einfach dahin. Ich könnte mir kein angenehmeres Studio vorstellen. Für viele Bands ist sicher Arbeit, für mich ist das einfach sehr... es ist auch anstrengend aber trotzdem sehr angenehm. Ich fahre da wirklich sehr gerne hin.

Stormbringer.at: Auf "Wetterkreuz" hat mich der kratzige Gitarrensound etwas gestört, muss ich ehrlicherweise sagen. Ich finde eigentlich, dass der Sound von "Bannstein" für mich eine Art Mittelding zwischen "Galeere" und "Wetterkreuz" ist, was insgesamt harmonischer und wie aus einem Guss klingt.

Alboin: Ich kann das nachvollziehen, mit der Kritik am "Wetterkreuz"-Sound, aber der ist natürlich bewusst so gewählt.

Stormbringer.at: Das verstehe ich schon.

Alboin: Ich kann verstehen, dass man das nicht mag. Ich finde jetzt allerdings, im Vergleich zu "Galeere", die ich sehr steril und kühl finde (was zu dem Thema eigentlich auch gut passt) klingt "Bannstein" wärmer, mit mehr Bauch und mehr Druck. Moderner nicht unbedingt, aber ein bisschen zeitloser als "Wetterkreuz", deren Produktion ja doch eher an den 90er-Jahre Black Metal angelehnt war.

Stormbringer.at: Gut, dann wären wir bei der nächsten Frage. Insgesamt merkt man auf dem Album, wie du gerade schon gesagt hast, dass ihr spontaner wart und, wie ich auch finde, viele Neuerungen in eurem Sound habt. Die Keyboards gab es natürlich vorher schon, aber ihr habt sie nun in anderen Varianten ausprobiert. Fanfarenartig wie in "Fern von Jarichs Gärten", oder relativ großflächige Keyboardarrangements wie "Im Noktuarium". Dann habt ihr noch viele akustische bzw. unverzerrte Gitarren eingebaut. Kam das bewusst so oder kam das wirklich nur aus der Spontaneität heraus? Wolltet ihr euch bewusst vielseitiger orientieren, oder kam das einfach von ganz alleine?

Alboin: Ich muss dich mal ganz kurz unterbrechen, es hat an der Tür geklopft, bin gleich wieder da. Unsere Klingel ist nämlich seit Monaten kaputt, und gerade jetzt kommt natürlich jemand, nachdem ich ewig geredet habe... [es vergehen ein, zwei Minuten...]

Zu deiner Frage, bzw. den beiden Fragen. Einmal zu den Keyboards: das ist für mich eigentlich nicht großartig anders als auf "Wetterkreuz", ich habe die Songs im Grunde so ähnlich komponiert, und füge dann eigentlich als letztes die Keyboards hinzu, wie ich sie für richtig halte. Was glaube ich ein bisschen anders ist, ist, dass die Keyboards weniger flächig sind, sondern mehr Melodieanteil haben. Gerade diese Bläser-Einsätze sind sehr prägnant und dominant. Das ist, glaube ich, der Unterschied. Bei "Wetterkreuz" waren es letztlich genauso viele Keyboards, aber mehr in diesem Gitarrengewitter versteckt. Das habe ich schon absichtlich gemacht. Ich wollte bei den beiden Songs, die du angesprochen hast, eine eher majestätische, königliche Atmosphäre haben. Ein bisschen was Epischeres. Diese Hörner und Trompeten habe ich dafür ausgewählt, weil es für mich einfach kaum ein Instrument gibt, das so königlich klingt, was wiederum für das Thema nötig war. Was die Akustik-Gitarren angeht, wollte ich, dass das ganze Album wärmer und herbstlicher klingt... es läuft ja thematisch darauf hinaus, dass es sich sozusagen in eine herbstliche, friedliche Welt hineinentwickelt, zum Ende des Albums. Für mich gehören zu dieser herbstlichen, warmen, ruhigen Stimmung akustische Instrumente. Akustikgitarre ist das einzige Instrument, das ich sinnvoll spielen kann (lacht). Es klingt einfach anders, als wenn du die E-Gitarre nicht verzerrst oder wenn du das mit Keyboards simulierst. Genauso wie das Cello oder die Bratsche z.B., die wir im letzten Track verwendet haben. Wir hatten das auf "Kainsmal" schon, das ist schon ein paar Jahre her und da hat das auch genau diese Stimmung vermittelt, und die wollte ich damit ein bisschen zurückholen.

Stormbringer.at: Diese Streicher, die ihr im letzten Track eingesetzt habt, sind die von Personen eingespielt?

Alboin: Ne, leider nicht. Leider nicht. Der Aufwand, das zu machen und Leute zu finden, die das vernünftig spielen - auch wenn es ganz leicht ist - und es aufzunehmen ist zu groß.

Jetzt muss ich den Schuhschrank vorschieben, damit der Mann an die Klingel kommt, warte kurz (lacht).

Stormbringer.at: Kein Problem (lacht).

Alboin: Tut mir sehr leid, Pascal, ist sehr unglücklich gerade (lacht).

Stormbringer.at: Macht nix, kein Problem (lacht).

Alboin: Wir sind ja unter uns.

Stormbringer.at: Es hat mich persönlich ein bisschen an diese Ambient-Sachen von BURZUM erinnert, keine Ahnung warum genau. Das war der erste Querverweis, der mir dazu aufgefallen ist.

Alboin: Die Streicher jetzt?

Stormbringer.at: Ja, schon die Streicher.

Alboin: Also, so sehr ich das politisch usw. verabscheue, was der Typ macht: Jeder musikalische Vergleich mit BURZUM ehrt mich irgendwie doch. Das ist schon tolle Musik letztlich.

Stormbringer.at: Also ich sag's mal so, es hat mich halt stimmungstechnisch an die Ambient-Alben von ihm erinnert. Oder auch an "Filosofem".

Alboin: Es ist eben sehr meditativ, gerade der letzte Song davon.

Stormbringer.at: Genau. Dann hätten wir das abgehakt. Ansonsten habt ihr ja trotzdem noch sehr viele skandinavische Black-Metal-Anteile, die sich natürlich immer wieder mit anderen Einflüssen die Klinke in die Hand geben. Da ist mir vor allem "Über den Bannstein" aufgefallen, der für mich doch recht stark in die Avantgarde-Schiene fährt. Das ist zumindest mein Eindruck. Da wollte ich einfach wissen, woher der kommt?

Alboin: Der Einfluss?

Stormbringer.at: Ja.

Alboin: Hm, Avantgarde-Einflüsse finde ich auf dem Album jetzt nicht. Für mich wirkt das eigentlich eher sehr eingängig, ich finde die Melodien sehr einprägsam und wenig schräg. Und gerade bei "Über den Bannstein" weiß ich gerade nicht genau, auf welche Teile du ansprichst?

Stormbringer.at: Es ist dieser... Tempowechsel, Break. Also am Anfang ist dieser rohe Black-Metal-Part und dann kommt der Tempowechsel und es wird ein wenig schunkelig.

Alboin: Schunkelig? (schmunzelt)

Stormbringer.at: Ja, das war ziemlich eingängig. Hat mich an ARCTURUS erinnert.

Alboin: Das könnte durchaus sein. ARCTURUS mag ich sehr sehr gerne, ARCTURUS haben auch erst ein super Album veröffentlicht, das ich mir sicher auch sehr oft angehört habe. Aber so, dass ich bewusst darauf schiele, dass ich etwas "kopieren" kann, mache ich eigentlich keine Musik, aber Einflüsse kannst du natürlich nie ausschließen. Ich finde den Teil eigentlich fast ein bisschen FALKENBACH-artig.

Stormbringer.at: Hmm.

Alboin: Von den Akkorden her ist der Song ultraschlicht, sehr sehr einfach gehalten und soll auch ein Part sein, den du 30 mal hintereinander spielen kannst und der immer noch wirkt. Von daher ist er eigentlich genau das Gegenteil von Avantgarde, der ist eigentlich aus, tja... vier Akkorden, die typischer nicht sein könnten. Aber das wirkt auf dich vielleicht anders. Ich habe jedenfalls keine avantgardistischen Einflüsse, weil ich kaum Avantgarde höre.

Stormbringer.at: Es kann auch sein, dass "avantgardistisch" der falsche Begriff von meiner Seite war. Für mich war's eher so gemeint, dass es nach dem doch eher urtümlichen Anfangsriff ja doch so mehr oder weniger ausgefallen wird.

Alboin: Ich glaube, was du meinst, ist einfach dieser atmosphärische Bruch darin. Und das ist ja dem Text des Songs geschuldet und auch dem Thema, denn dieser Bannstein ist ein Symbol dafür, etwas zu überschreiten, eine andere Richtung zu gehen. Das geschieht in diesem Song und diesem atmosphärischen Bruch. Der Anfang ist noch sehr stürmisch und hat noch sehr viel Aufbruchstimmung und der zweite Teil ist sehr ruhig und zuversichtlich. Das ist vermutlich das, was du meintest.

Stormbringer.at: Das kann sein, genau. Gut, du hast es bereits angesprochen: Es geht auf "Bannstein" mehr Richtung Herbst. Von dem her passt auch das Artwork und daher möchte ich erstmal wissen, ob das abermals von Łukasz Jaszak stammt?

Alboin: Dieses Emblem, das Ahornblatt, hat Norax, der Sänger von LUX DIVINA gezeichnet. Er ist auch Tätowierer und zeichnet für seine eigene Band, privat und auch als Künstler nebenher, macht aber auch gelegentlich für andere Bands was. Wir hatten recht klare Vorstellungen davon, so ein Emblem zu nutzen und haben ihn dann gefragt, ob er das umsetzen kann. Nach einem bisschen Hin und Her wurde auch diese Version gefunden, mit der wir sehr zufrieden sind und wir haben uns daher entschieden, die für's Cover zu nutzen. Die ganze grafische Umsetzung hat unser Keyboarder Satyrus.S gemacht. Er ist gelernter Grafiker und versteht natürlich am besten, was wir wollen. Łukasz ist da nicht mehr involviert, weil ich glaube, dass wir das innerhalb der Band am überzeugendsten umsetzen können, was wir uns vorstellen, da das immer besser ist, als es einem Dritten zu erklären.

Stormbringer.at: In diesem Sinne habe ich eine weitere Frage. Ihr habt im Vorfeld zur Albumankündigung von "Bannstein" euer altes Wetterkreuz von der Bühnenpräsenz mehr oder weniger symbolisch verbrannt, schätze ich mal. Von den drei Querbalken konntet ihr euch offenbar aber trotzdem nicht trennen. Ist es jetzt so zu deuten, dass dieses Ahornblatt quasi aus dem Wetterkreuz erwachsen ist oder wie kann man das deuten?

Alboin: Könnte man fast so sagen. Ich glaube, dass es im Prinzip eine nette versteckte Kleinigkeit ist. Ich glaube, dass es für uns einfach dahingehend eine symbolische Bedeutung hat, weil das neue Album von uns aus dem Alten erwächst und kein totaler Bruch ist. Natürlich ist es dann auch in diesem Stiel des Ahornblattes drin, aber ich würde das auch nicht zu hoch hängen von der symbolischen Bedeutung her. Es ist nur so, dass ich immer versuche, auf Alben immer musikalische, optische (wenn's geht) und textliche Bezüge zu unserem früheren Werk herzustellen. Zum Beispiel: Im ersten Text versuche ich auch immer einen Rückblick auf das letzte Album unterzubringen.

Stormbringer.at: Okay.

Alboin: Warte nochmal, die Klingel...

Stormbringer.at: Alles klar.

Alboin: Okay, geht weiter.

Stormbringer.at: Zum Opener habe ich noch eine Frage. Das Intro, habt ihr das selber eingespielt oder woher stammt es?

Alboin: Vom Intro hatte ich sehr feste Vorstellungen. Ich wollte eine Soundcollage einer Großstadt so ungefähr um das Jahr 1900, im Expressionismus. Ich konnte das selbst aber nicht wirklich umsetzen und habe durch Zufall einen Studiobesitzer kennengelernt, Manuel Karakas, der an Sprachaufnahmen und Synchronsprecheraufnahmen und teilweise auch selber Musik arbeitet. Er hat Hilfe angeboten, mir letztlich bei dieser Collage enorm geholfen und sie nach meinen Vorstellungen gebaut. Ich habe das dann noch mit Keyboards unterlegt und ein bisschen überarbeitet. Dann kommt noch die Stimme dazu. Das ist wiederum ein Synchronsprecher, den uns Manuel vermittelt hat, weil wir dieses Mal auch einen eigenen Text gesprochen haben wollten, von jemand Drittem. Vorher haben wir ja Samples benutzt. Ich wollte es dieses Mal wirklich nach meinen Vorstellungen und meinem Text haben.

Stormbringer.at: Und das ist dann wahrscheinlich auch der Grund, warum Manuel diesen ersten Song auf der Bonus-CD gesanglich interpretieren darf?

Alboin: Genau. Er hat mir mal ein Vocal-Cover von "Unter toten Kapitänen" (Anm. d. Red.: von "Galeere") geschickt, was ich sehr beeindruckend fand. Wirklich sehr, sehr gut gemacht. Ich dachte einfach, es wäre eine sehr gute Idee, jemanden, der seinen eigenen Stil noch nicht geprägt hat und der vielleicht auch nicht in einer Band ist, mal an so etwas arbeiten zu lassen. Das ist sehr interessant geworden, gerade noch in Kooperation mit Bjørnar Erevik Nilsen von VULTURE INDUSTRIES. Ist eine sehr interessante Kombination und genau der Effekt, den wir auf dieser Bonus-CD haben wollten. Es haben sich zwei Leute gegenseitig immer wieder beeinflusst und das Ergebnis ist beeindruckend geworden. Hat sich gelohnt.

Stormbringer.at: Wie kam's eigentlich zu der Idee, dass ihr die fünf Songs von jeweils unterschiedlichen Sängern habt interpretieren lassen und nach welchen Kriterien habt ihr die Künstler ausgewählt?

Alboin: Muss dich nochmal unterbrechen... (leicht genervt)

Ja Pascal, war leider nicht geplant...

Stormbringer.at: Schon okay, sowas kann man nicht planen.

Alboin: Wie wir zu der Idee kamen. Ja, das Label wünscht sich eigentlich, dass man als Band zu einem Album auch noch Bonusmaterial liefert, was nicht nur Kaufanreize schafft, sondern auch Mehrwert hat. Dazu kann man stehen wie man will, aber ich finde es eigentlich eine sehr reizvolle Sache, sofern man auch Ideen dafür hat. Was ich langweilig finde, sind diese Bonus-DVDs, Demo-Versionen oder sonstiges. Ich würde mir das nicht anhören wollen. Ich habe mich einfach gefragt: was würde ich mir als Hörer und auch als EÏS-Fan wünschen, was auf so einer Bonus-CD sein sollte? Letztes Mal hatten wir Remixes, was ja an sich auch keine neue Idee, in der Ausführung aber durchaus individuell war. Dieses Mal wollte ich noch einen Schritt weitergehen und etwas schaffen, das für mich künstlerisch interessanter ist, für die teilnehmenden Künstler natürlich ebenfalls, aber auch für den Hörer, für den das etwas greifbarer als diese Remixes sind. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich darauf kam, fand die Idee von uns aus aber relativ mutig, unfertige Songs aus der Hand zu geben. Auch für die Gastsänger ist es mutig, Songs zu covern, die sie selbst noch gar nicht in fertiger Version kannten. Ich wusste selbst nicht genau, was dabei herauskommen würde, aber ich habe sehr sorgfältig ausgewählt, wen ich dafür haben wollte, stets im Hinterkopf, dass ich jemanden nehme, der auch clean singen kann, weil ich das eben nicht kann und ich der Überzeugung war, dass es den Songs noch etwas Besonderes/Spezielles geben könnte. Das Vertrauen hat sich jedenfalls ausgezahlt. Hinzu kommt auch noch, dass sich Manuel Karakas angeboten hat, diese Songs zu mischen und ein alternatives Mastering zu machen, sodass man am Ende wirklich zwei verschiedene Versionen von dem Album hat, bei denen nur die Songs an sich gleich sind.

Stormbringer.at: Also im Falle von "Fern von Jarichs Gärten" und Skaldir von HEL kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, wie das am Ende klingt. Es sind aber auf jeden Fall Sänger, die man nicht direkt im Zusammenhang mit euch vermuten würde.

Alboin: Was hättest du denn vermutet?

Stormbringer.at: Schwer zu sagen.

Alboin: Du musst ja irgendeine Vorstellung gehabt haben, wenn du sagst, dass du diese Sänger nicht im Zusammenhang mit uns vermuten würdest.

Stormbringer.at: Eventuell habe ich es falsch formuliert. Was ich eigentlich meinte, war, dass es eine eher erlesene Auswahl der Beiträge ist und man nicht so die typischen Gastsänger wie andernorts vorfindet.

Alboin: Ja, es sind zumindest keine Gastsänger, die man an jeder Ecke hört. Sie sind auch nicht mit dem Namedropping-Faktor ausgesucht worden, sodass man sagen kann "mit dem haben wir auch gearbeitet". Also beispielsweise Kvarforth (SHINING) kann mir mal gepflegt gestohlen bleiben.

Stormbringer.at: Genau, so hätte ich's verständlicher formulieren können.

Alboin: Es war eine künstlerische und persönliche Entscheidung, weil das eben auch Künstler sind, die ich sehr mag und einfach eine Stimme haben, die zu den Songs passen.

Stormbringer.at: Also hat sich das mehr oder minder so ergeben, dass ihr bei ihnen angerufen und nachgefragt habt, ob sie Lust darauf hätten und sie schlicht "Ja, machen wir gerne" geantwortet haben, oder gab's auch Komplikationen?

Alboin: Joa. Einer musste leider absagen und dementsprechend ersetzt werden, aber im Großen und Ganzen war mir schon klar, dass das Leute sind, die auch verlässlich sind und zu denen ich größtenteils auch ein persönliches Verhältnis habe - bei denen klar ist, dass das auch funktioniert und sie sich Mühe geben.

Stormbringer.at: Ihr habt letztes Jahr Abarus und Satyrus.S. fest in euer Bandgefüge aufgenommen, die zuvor "nur" als Live-Unterstützung agiert haben, wobei letzterer auch am "Wetterkreuz"-Artwork mitwirkte. Ist es nun so, dass ihr Entscheidungen als Band trefft, oder nach wie vor zu zweit, also du und Marlek.

Alboin: Das muss man differenziert sehen. Es gibt solche und solche Entscheidungen. Was das Künstlerische angeht, mache ich das immer noch selbst und ich muss auch sagen, dass ich mir da schwer reinreden lasse. Es probiert aber auch niemand. Ich bin trotzdem offen für Ideen, kann für mich aber am besten selbst Musik machen. Wenn wir dann aufnehmen oder ins Studio gehen, arbeiten wir, sofern es die Zeit hergibt, nochmal zusammen an den Songs und schleifen sie so rund, dass sie auch als Band funktionieren. Das ist der eine Aspekt. Der andere Aspekt sind so alltägliche Entscheidungen wie "Welches Merchandise?", "welche Gigs?", "wie sollen die Bühnenoutfits und die Dekoration aussehen?". All solche Dinge eben, auch, was die kommende Tour betrifft. Wo wollen wir hin, wo wollen wir spielen? Das sind Entscheidungen, die wir immer, auch schon bevor die beiden fest dabei waren, zusammen fällen. Das geht auch gar nicht anders, da müssen alle an einem Strang ziehen. Wir haben auch einen zweiten Gitarristen, Wylk, der jetzt seit knapp anderthalb Jahren dabei ist, der offiziell auch Live-Gitarrist ist, aber dasselbe Mitspracherecht hat wie alle anderen. Das resultiert ganz einfach daraus, dass wir in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit festen Mitgliedern gemacht haben und deshalb etwas vorsichtiger sind und erst eine Vertrauensbasis schaffen wollen. Sonst wirkt es auch albern, wenn man jedes Jahr die Mitglieder tauscht.

Stormbringer.at: Wo du das Live-Thema gerade schon angerissen hast - wie sieht's, abgesehen von der kommenden Tour, eigentlich mit euren zukünftigen Liveplänen aus und was kann man noch von EISMALSOTT erwarten?

Alboin: Live sind wir erstmal diese zehn Tage im Oktober unterwegs, was organisatorisch schon schwierig ist, das unter einen Hut zu bringen, weshalb wir danach noch gar nichts geplant haben. Das wollen wir erstmal vernünftig über die Bühne bringen, die Konzerte überzeugend spielen und Spaß haben. Wir wollen auf jeden Fall nächstes Jahr mehr Festivals spielen, was dieses Jahr aufgrund des Albums nicht möglich war. Wir haben jetzt mit InFiction eine neue Bookingagentur und wir erhoffen uns davon, dass wir nächstes Jahr ein paar mehr Konzerte und ein paar größere Festivals spielen können. Wie du vielleicht gesehen hast, sind wir ja schon für's Ragnarök bestätigt, was eigentlich ja noch nichts Spektakuläres ist, aber wir haben uns etwas Exklusives für das Festival einfallen lassen. Ich sage nur: zwischen 2006 und 2016 liegen zehn Jahre, und da haben wir uns was Geiles überlegt. Ansonsten ist eigentlich noch nichts weiter geplant, ein paar Festivals sind angedacht. Wir können auch nicht allzu weit voraus planen, weil wir alle Jobs haben und eben auch noch andere Bands.

Was EISMALSOTT angeht, mache ich da nicht die Musik, das macht Aínvar. Er lebt in London und wir treffen uns daher kaum, schreiben und telefonieren nur ab und an mal. Im Gegensatz zu früher überlasse ich ihm die komplette musikalische Verantwortung und mische mich da nicht ein, bis er soweit ist und sagt "Jetzt will ich was machen!". Wir wollen aber eigentlich, da wir mit EISMALSOTT auch einen Deal mit einem Label unterschrieben haben, nächstes Jahr ein Album aufnehmen, was zeitlich auch ganz passend wäre. Das ist aber noch nicht spruchreif und braucht noch viel Arbeit und EISMALSOTT ist auch keine Band, bei der es darauf ankommt, dass man jedes oder alle zwei Jahre ein neues Album abliefern muss.

Stormbringer.at: Okay, na da darf man gespannt sein. Ich hätte es fast vergessen und daher wollte ich abrupterweise noch mal kurz auf die Texte zu sprechen kommen: Der Promotext trifft es ja eigentlich ganz gut, aber mich würde mal interessieren, wie du den lyrischen Aspekt von "Bannstein" und den Bonus-CD-Untertitel "Witnesses Of The Exodus" beschreiben würdest?

Alboin: Was die lyrische Seite des Albums angeht: Die ist quasi mit den Songs gewachsen und nichts Starres. Sie hat keine politische, sondern eher eine philosophische Dimension oder etwas davon, wie ich die Welt sehe. Ich stelle immer fest, dass die Menschen immer wieder ihrem eigenen Schicksal unterliegen. Sie regen sich über Missstände aller Art auf und tatsächlich ist es so, dass sie diese Verhältnisse schaffen und wenn sie sie umwälzen und neue Verhältnisse schaffen, es hinbekommen, diese auch wieder zu zerschlagen. Ein Kreislauf. Damit beschäftige ich mich schon viele viele Jahre, auch schon auf "Kainsmal". "Bannstein" ist quasi eine Beschreibung des Versuchs, diesem Schicksal zu entfliehen. Mit der Erkenntnis, dass das nicht wirklich möglich ist.

Zu "Witnesses Of The Exodus": Wir hatten auf dem letzten Album schon eine Bonus-CD namens "The Quarrymen Selections". Das jetzt Tradition zu nennen, wäre etwas albern, aber die Idee erschien mir gut, dem Bonus, um ihn etwas abzuheben, einen anderen, englischen Titel zu geben. Dieser Titel, also "Zeugen des Auszugs", bezieht sich auf "Fern von Jarichs Gärten", das sich thematisch grob am biblischen Exodus orientiert. Das "Witnesses", also Zeugen, wiederum referiert auf diesen Bannstein. Bannsteine oder auch Grenzsteine wurden früher aufgestellt, um Grenzen zu markieren und die hatten immer einen Zeugenstein daneben. Ein Stein, der bezeugte, dass der Bannstein rechtmäßig aufgestellt wird. Das ist der lyrische Bezug zum Albumtitel und auch zu dem Song. Kompliziert, ne?

Stormbringer.at: Ja, wobei ich zumindest in eine ähnliche Richtung gedacht habe.

Alboin: Ich liebe es, solche versteckten Rätsel einzubauen, weil ich es auch selbst spannend finde, das rauszufinden.

Stormbringer.at: Ich bin insgesamt auf jeden Fall ziemlich überrascht von eurem Album und finde, dass es einfach nichts ist, was man in dem Genre an jeder Ecke hört und atmosphärisch ist es ebenfalls packend. Ihr klingt natürlich weiterhin wie EÏS, aber es ist trotzdem nicht einfach ein altes Album neu eingespielt.

Alboin: Das ist gut, danke dir. Gut, dass du das sagst. Hoffentlich werden das andere Menschen auch so sehen.

Stormbringer.at: Dann wäre ich eigentlich auch schon durch und danke dir für das äußerst angenehme Gespräch!

Alboin: Ja, super, danke ebenfalls!

 


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