Interview: ELANE - Joran, Skaldir, Nico

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„Hexhermetic Dance“ und „Nugua's Journey“ haben die größten Diskussionen ausgelöst, weil sie musikalisch in ganz andere Richtungen gehen. Man fragt sich dann, ob das die Leute nicht überfordert oder irgendwie verschreckt. Jetzt, ein paar Wochen nach dem Release, können wir aber sagen, dass man sich diese Sorgen gar nicht hätte machen müssen.

Die Realität versucht uns vielleicht zunehmend vom Träumen abzuhalten. ELANE verbündeten sich mit Bestsellerautor Kai Meyer, um dem entgegenzuwirken. Nun geht STORMBRINGER einen Pakt mit ELANE ein, um eure Fantasie wieder anzuregen! Folgt uns!

Veröffentlicht am 07.06.2017

Mit einem geliebten Menschen im Sternenhimmel versinkend, von ELANEs Melodien getragen, erholt man sich ein Stück vom Schrecken des Alltags. Es ist still um sie geworden, aber ELANE kehren mit einem facettenreichen und bunten Album zurück, um mit harmonischen Klängen wieder einen Hauch von Zuversicht und Hoffnung in unseren sorgenvollen Alltag zu tragen.


Seit eurer ersten Demo sind bereits 16 Jahre vergangen. Um sich das mal bildlich vorzustellen: Einige Neugeborene von damals sind heute ELANE-Fans. Könnt ihr euch in eure damaligen Persönlichkeiten versetzen? Was würdet ihr eurem jüngeren Selbst heute sagen?

Joran: „Mache einfach das was du liebst, achte dabei aber auch auf dich selbst. Einfach machen.“

Skaldir: „Such‘ Dir ein anderes Hobby!“ Nein, es war schon alles gut, wie es gekommen ist. Wir haben mit der Band nicht wirklich viele Fehler gemacht. Bis auf die erste Tour, bei der wir noch zu unerfahren waren, um einschätzen zu können, dass eine Nightliner-Tour für eine Newcomer-Band finanziell nicht funktioniert. Unser damaliges Label hätte da mehr Erfahrung haben sollen.

Nico: Wobei gerade diese Tour vielleicht der Eisbrecher und Türöffner für künftige Möglichkeiten war. Es ist ja immer die Frage, wie man mit einer Situation umgeht. Das ist das, was ich meinem jüngeren Ich sagen würde: „Vertraue darauf, dass schon alles gut wird!“

Mit dem Datum der Bandgründung, nämlich dem 11. September 2001, werden Erwachsene unweigerlich den Anschlag auf das World Trade Center verbinden. Was sind eure Erinnerungen zum Weltgeschehen damals und eurem Privatleben?

Skaldir: Ich weiß noch, wie Joran und ich uns in Iserlohn beim Seilersee getroffen und beschlossen hatten, ELANE zu gründen. Als ich dann nach Hause fuhr, Stunden nach dem Anschlag, habe ich langsam alles mitbekommen. Seit diesem Tag hat sich viel verändert. Es gibt weniger Unbeschwertheit.

 

Schlagen wir eine Brücke in die Gegenwart: Ihr erfreut mit EPs und auch mal mit einem Solo-Album (später mehr dazu!) gern Fan-Herzen. Die sechsjährige Wartezeit zwischen den Alben "Arcane" und "Arcane 2" konnte also gut überstanden werden. Wie empfandet ihr die Zeitspanne?

Skaldir: Es ist natürlich eine zu lange Release-Pause für eine Band. Aber wenn man nicht mehr 20 ist und die Band nicht der Hauptberuf, dann muss man eben erst die Zeit finden. Dazu sind wir natürlich auch noch recht anspruchsvoll, was die Qualität unserer Alben betrifft.

Nico: Ja, der eigene Anspruch kann sehr hemmend wirken. Es ist auch eine Motivationsfrage.

Joran: Da ich es ohne das Erfinden von Songs gar nicht aushalte, habe ich das Soloalbum released. Eigentlich würde ich noch viel häufiger Songs releasen wollen, aber wenn man so anspruchsvoll ist, dauert das alles natürlich immer zu lange. Selbst schuld. (Zwinkert)

 

Ihr werdet mit dem neuen Release sicherlich viele neue Fans gewinnen, zumal die Songs wirklich wunderbar gelungen sind. Für neue Freunde von ELANE: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem deutschen Bestseller-Fantasy-Autor KAI MEYER? Und warum ausgerechnet er als Partner?

Nico: Das war alles ein lustiger Zufall. Vor ungefähr zehn Jahren spielten wir ein Live-Konzert auf der Burg Satzvey. Während eines Songs erkannte ich ein mir bekanntes Gesicht im Publikum, war mir jedoch unsicher, ob es wirklich Kai Meyer war. Ich kannte ihn ausschließlich von den Buchumschlägen. Seine Romane habe ich schon immer geradezu verschlungen. Was also tun? Meine Neugier siegte, und ich fragte während einer Liedpause über das Mikro: „Entschuldigen Sie, sind Sie Kai Meyer?“ Meine Bandkollegen schauten mich seltsam fragend an, aber Kai schmunzelte und nickte. Wir kamen nach dem Konzert schnell persönlich in Kontakt. Kai meinte dann: „Wollen wir nicht mal was zusammen machen?“ Was für eine Frage!? Und schnell waren auch die anderen "Elanier" vom Kai-Meyer-Virus erfasst.

Die Zusammenarbeit verlief meist so, dass wir Songs und Lyrics ausgearbeitet und sie Kai in einem frühen Stadium gezeigt haben. Er gab uns dann wohlwollendes Feedback und Hinweise, an welchen Stellen wir beispielsweise seine Figuren noch anders ausarbeiten könnten. Das war enorm hilfreich und hat viel Freude gemacht.

 

Mit Sicherheit gibt es auch andere Fantasyautoren, die insgeheim davon träumen, mit euch zu kollaborieren. Wäre das jemals eine Option für euch?

Joran: Ich persönlich könnte mir sowas, wenn alles zusammenpasst, nochmal vorstellen, aber begrenzt auf wenige Songs. Wir arbeiten jetzt gerade wieder an einem Spiele-Soundtrack. Also auch einer Kollaboration. Sowas ist sehr interessant für uns. Wir freuen uns aber danach auch wieder sehr darauf, ganz eigene Sachen schreiben zu können.

Nico: Literatur ist immer höchst inspirierend. Ich denke, wir wären sofort mit dabei. Es muss ja nicht immer gleich ein ganzes Album sein. Filmscore würde mich auch noch sehr interessieren.

 

"Every Page a Heartbeat" ist ja ein eingängiger, charttauglicher Song. War er bewusst als leichter Einstieg konzipiert?

Skaldir: Die perfekte Songreihenfolge zu finden, ist wirklich nicht einfach. Wir haben ein paar Entwürfe gebraucht, um die finale Reihenfolge zu finden. Dabei möchte man als Opener immer gerne einen Song, der viele Facetten der Band in sich trägt. Er muss für ELANE-Fans sowohl vertraut wirken, als auch etwas Neues bieten.

Nico: „Every Page“ sollte allein schon deshalb als Einstieg dienen, weil er mit seiner Bücher-Thematik perfekt zum Konzept passt. Ein Album über Romane und Geschichten sollte mit einem Buchblättern beginnen! (lacht)

 

Nummer sechs ist mit leicht orientalischer Note eine der größten Überraschungen. Habt ihr diese Richtung rein intuitiv eingeschlagen?

Skaldir: Wenn man „Die Sturmkönige“ von Kai Meyer liest, dann erscheinen automatisch gewisse Bilder in der eigenen Phantasie. Durch diese Kollaboration hat man auch mal die Möglichkeit, etwas über die eigenen Grenzen zu blicken und etwas Neues zu wagen. Der erste Teil von „Magic Carpet Ride“ schrieb sich wie von selbst. Etwas später habe ich dann das düsterere Ende komponiert und bin sehr zufrieden mit dem Lied.

 

Mit "More Stars Shine on Earth" ist ein weiterer Glanzpunkt erreicht. Absolut massentauglich, aber gewohnt nicht kitschig. Wenn man Musik mit so viel Arbeit verbindet, kann die nötige Distanz verlorengehen. Ist es möglich zu beschreiben, wann und wie das Gefühl eintritt, den richtigen Ton getroffen und den Abschluss gefunden zu haben?

Joran: Ich habe hier lange rumprobiert, um den Song -  vor allem den Refrain, so wie er ist - zu kreieren. Dann irgendwann machte es hier schon recht deutlich „klick“ und ich wusste: Das ist es! In der späteren Produktion gibt es selten einen klaren Punkt, an dem man sagen kann: "Jetzt ist alles fertig." Oft sitzt man dann einfach zu lang davor und neigt zu Verschlimmbesserungen. Dann weisen wir uns aber gegenseitig darauf hin. (lacht)

Nico: Für mich gibt es diesen Moment tatsächlich, an dem man erkennt, dass die Produktion fertig ist. Wenn du dich auch beim 30. Hören an keiner einzigen Stelle des Songs langweilst und denkst: Wann passiert endlich wieder was? Dann hast du’s.

 

Auch für Interviews gelten manche ungeschriebenen Gesetze, wie zum Beispiel den Künstler nicht zu fragen, welchen Song er am wenigsten mag. Aber vielleicht könnt ihr uns erzählen, welches Lied die größten Meinungsverschiedenheiten ausgelöst hat und wie das Problem gelöst wurde.

Skaldir: Die letzten beiden Songs des Albums, „Hexhermetic Dance“ und „Nugua's Journey“, haben die größten Diskussionen ausgelöst, weil sie musikalisch in ganz andere Richtungen gehen. Man fragt sich dann, ob das die Leute nicht überfordert oder irgendwie verschreckt. Jetzt, ein paar Wochen nach dem Release, können wir aber sagen, dass man sich diese Sorgen gar nicht hätte machen müssen. Scheinbar haben die Leute auch keine Probleme mit Reggae-Einflüssen, so lange das Lied gut ist.

Nico: Sogar die partiellen Growls in „Nugua’s Journey“ hat man uns schnell verziehen.

 

Mit "Nugua´s Song" bekommen wir glücklicherweise auch ein Lied mit Überlänge. Zudem schlägt er eine härtere Gangart ein. Wovon handelt er? Was gibt es zu ihm zu sagen?

Skaldir: Stehst Du etwa auf Longtracks? (lacht)

 

Ich liebe Longtracks! Gibt es Andersdenkende?

Nico: Da sind wohl Prog-Fans unter sich! Der Song handelt von Kai Meyers „Wolkenvolk“-Trilogie. Es ist eine fantastische Geschichte, die im alten China spielt, mit Menschen, die auf Wolken leben und einem Mädchen, das von Drachen aufgezogen wird. Da gibt es so manche Gefahr, und genau die haben wir versucht musikalisch einzufangen.

 

Ist die Gast-Cellistin Anna Stuart eine Freundin? Im "Making of Arcane 2" kann man sie ja einige Minuten betrachten.

Joran: Sie ist Simons Partnerin und unsere Freundin. Ein großer Vorteil, wenn man kreativ unterwegs ist: Man lernt viele nette Leute kennen. (lächelt)

 

Die fassettenreichen Lieder wirken homogen und langweilen zu keinem Zeitpunkt. Von Folk, über Rock und einigen Mittelalterklängen ist alles dabei. Hat es euch Mühe bereitet, die richtige Zusammenstellung zu wählen?

Skaldir: Die eigentliche Herausforderung ist es, am Ende die verschiedenartigen Songs zu einem homogenen Album zu machen. Dass die Lieder an sich unterschiedliche Genres bedienen, passiert beim Komponieren ganz natürlich. Alleine schon dadurch, dass es bei ELANE drei Songwriter gibt. Jeder hat einen etwas anderen musikalischen Hintergrund und andere musikalische Vorlieben. Wir zwingen uns jedenfalls nicht zu einem bestimmten Stil, wenn wir komponieren.

 

Jetzt kommen zwei Fragen hintereinander, die euch wahrscheinlich Stirnrunzeln bereiten werden: Gibt es Lieder, die es nicht auf das Album geschafft haben? Könnte man daraus vielleicht sogar eine EP machen?

Nico: Da muss ich mal kurz die Stirn runzeln und antworte: Ja, es gibt zwei Instrumental-Tracks, die es nicht auf das Album geschafft haben, weil sie den „Flow“ der Tracks unterbrochen hätten. „Axis Mundi“ ist ein düsteres Stück, das von der Achse der Welt aus der „Merle“-Trilogie handelt. „Aelenium“ ist ein sphärischer Unterwassersoundtrack über die gleichnamige Seesternstadt aus den „Wellenläufern“. Für eine eigene EP reichen die beiden leider nicht. Aber vielleicht kommen sie ja später mal wieder zum Vorschein, eventuell unter anderem Titel auf einem künftigen ELANE-Album.

 

Außerdem möchte ich an dieser Stelle nicht die Gelegenheit versäumen, die Fans von JORAN ELANE zu vertreten und nach der Wahrscheinlichkeit eines weiteren Soloalbums zu fragen!

Joran: Ich habe schon einige neue Songs, die teilweise weniger zu ELANE passen. Eventuell bringe ich einzelne Stücke raus, wenn sie fertig sind. Auf jeden Fall geht es musikalisch weiter. Nur das „wie“ steht noch nicht genau fest.

 

Die letzte Frage geht an Nico: Was ist "Der Hörspiegel"?

Nico: Ich bin ein riesiger Hörspiel- und Hörbuchfan. Vor rund 15 Jahren habe ich mich mit einigen Freunden zusammengeschlossen und ein eigenes Magazin gegründet: Den Hörspiegel. Wir rezensieren alles, was uns unter die Finger kommt, auch Musik. Unser Motto ist: Lesen, was hörenswert ist. Schaut gern mal vorbei. http://www.der-hoerspiegel.de/portal/

 

Weiterhin glanzvolle Tage, viel Erfolg, Danke und bis bald bei STORMBRINGER!

ELANE: Ganz herzlichen Dank, lieber Daniel, für diese spannenden Fragen, die wirklich mal was anderes waren!


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