Interview: Destruction - Schmier

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Thrash ist eine Gitarrenmusik und da muss die Gitarre einfach klatschen und erdig nach vorne marschieren

"Day of Reckoning" ist ein eindeutiger Schritt in die richtige Richtung und stellt die beiden Vorgängerwerke deutlich in den Schatten. Was DESTRUCTION Mastermind Schmier zu dieser Aussage einfällt und noch vieles mehr erfährt ihr im ausführlichen Stormbringer Talk!

Text: El Greco
Veröffentlicht am 10.02.2011

Hi Schmier, Du fangen wir mit Eurem letzten Album an - D.E.V.O.L.U.T.I.O.N. habe ich noch kritisiert: Das Songmaterial war nicht durchwegs hochklassig, sondern offenbarte auch manch "Länge" und "Durchschnittlichkeit". “The Violation of Morality“ oder das überraschend langsame “Offenders of the Throne“ klingen altbacken und äußerst durchschnittlich Wie betrachtet ihr das letzte Album nun mit etwas Abstand? Wo liegen die Unterschiede zu "Day of Reckoning"?

Ja das hast Du gut erkannt, man versucht zwar immer das Beste rauszuholen, aber immer klappt es halt nicht. Auf der D.E.V.O.L.U.T.I.O.N. waren ein paar hochkarätige Tracks oben, aber es befinden sich halt auch Songs auf dem Album die ein wenig vor sich her plätschern, wo der richtige Grip fehlt. Ich steh natürlich hinter der Platte, ganz klar, wir spielen ja auch immer noch ein paar Songs davon live, einfach weil sie wirklich gut sind, aber es stimmt schon, die Qualität von D.E.V.O.L.U.T.I.O.N. ist nicht die gleiche wie von „Day of Reckoning“.

Bei "Day of Reckoning" stehen mMn wieder mehr die Gitarren im Vordergrund (z.B: "Devil's Advocate"). Obgleich Thrash Metal natürlich immer rifflastig ist, so merkt man einen diesbezüglich deutlicheren Fokus. Auf Gimmicks wurde dafür verzichtet. Weshalb habt ihr euch entschlossen wieder basischer zu Werke zu gehen und wie kam es zu diesem deutlicheren Gitarren-Fokus?

Ich finde es wirklich toll, wenn es Leute raus hören und auch erkennen, wir haben die Platte nämlich bewusst unterproduziert. Dass heißt, wir haben nur zwei Rhythmusgitarren aufgenommen und nicht vier wie noch bei D.E.V.O.L.U.T.I.O.N. Und trotz dem, dass da relativ wenig Gitarren drauf sind auf dem Album haben wir diese relativ weit in den Vordergrund gestellt. Es war in diesem Fall für uns ungemein wichtig Back to Basics zu gehen, nicht nur bei der Produktion, auch beim Songwriting und dieses basische steht der Platte irrsinnig gut. Thrash ist eine Gitarrenmusik und da muss die Gitarre einfach klatschen und erdig nach vorne marschieren. Ich bekomm jetzt noch immer eine Gänsehaut wenn ich das höre, der Gitarrensound auf der Platte ist sowas von echt und rein, weißt Du, direkt in den Amplifier rein und ordentlich aufgedreht. So muss es sein, ohne künstlich zu klingen.

"Armageddonizer" ist ungewöhnlich ausgefallen. Was war der Plan dahinter? Wie entstand dieser sicher verhaltenste Song von „Day of Reckoning“?

Ja die Ballade vom Album *lacht*

Wir wollten schon einen Song auf der Platte haben, der irgendwie groovy nach vorne treibt und obwohl der „Armageddonizer“ total anders ist, ist er für mich einer der besten Songs der Scheibe. Wir wollten die Scheibe sehr hart und auch sehr schnell haben, dann merkten wir aber bald, dass hier die Gefahr besteht, dass die Geschichte anfängt stumpf zu werden. Dann haben wie die Beats für die Songs abwechslungsreicher gemacht, sicher die Scheibe ist wohl die Schnellste die wir je gemacht haben, wir gehen bis 220 rauf und derart schnelle Songs haben wir bis jetzt eher selten geschrieben. Dadurch fällt dann natürlich der „Armageddonizer“ auch auf, weil er so richtig durch grooved.

Auf "Day of Reckoning" ist ja mit Ol Drake von EVILE auch ein Gast zu hören. War das von Euch auch so eine Art Danke schön an den Ol, weil er Euch ja bekanntlich 2009 bei einer Tour ausgeholfen hatte, als Mike mit seiner Hand Probleme bekam?

Ja ja, auf jeden Fall. Der Ol ist ja schon längst ein Bekannter der Band, lange bevor EVILE bekannt wurden war er schon bei uns im Forum aktiv und ein Riesen DESTRUCTION Fan. Er hat einen Super Job abgeliefert als er Mike ersetzte und hat uns alle begeistert mit seinem Enthusiasmus und seiner Spielfreude und obendrein ist der Ol ein total genialer Mensch. Wenn DESTRUCTION irgendwann einen zweiten Gitarristen haben sollten müssten, dann kann das nur Ol Drake sein, weil der einfach perfekt zu uns passt.

"Day of Reckoning" erscheint wieder auf Nuclear Blast. Du kennst ja bereits die Vermarktungsmaschinerie von NB im Vergleich zu jenem des Vorgängerlabels. Setzt Du da auch drauf, dass allein deswegen das Album um einiges laufen wird als D.E.V.O.L.U.T.I.O.N. zum Beispiel?

Also ja, Du verkaufst nun mal bei Blast automatisch mehr, weil die den besten Vertrieb haben in Europa. Für DESTRUCTION ist aber außerdem wichtig, dass die Platte auch in den USA, in Kanada in Australien und diversen anderen Ländern wie in Südamerika zu haben ist. Bei AFM ist das Problem, dass die ohne Zweifel eine super Firma sind und das auch in Europa gut funktioniert, aber außerhalb einfach nicht die Vertriebsqualität da ist wie bei Blast.

Einen Besetzungswechsel gab es ja bekanntlich hinter den Drums. Ich will nun nicht nach Details zum Abschied von Marc fragen. Doch was aufgefallen ist: Die Drumarbeit ist auf "Day of Reckoning" sicherlich noch druckvoller und versierter. Stellt uns doch mal euren neuen Drummer Vaaver vor - wie habt ihr ihn gefunden? Der musikalische Background ist VADER, UNSUN und so richtig?

Wir sind ja mit den VADER Jungs eng befreundet und haben über die Jahre hinweg oft mit denen gespielt und sogar ein paar Roadies von denen auch für DESTRUCTION arbeiten. Als letztes Jahr intern bekannt wurde, dass Marc uns verlassen werde, wurde Vaaver uns quasi ans Herz gelegt. Wir haben ihn dann an getestet und waren sehr begeistert von seiner Versiertheit, seiner Relaxtheit und es war ziemlich beeindruckend mit ihm. Wir haben zwar noch andere Drummer probiert, aber Vaaver hat uns dermaßen beeindruckt, dass wir beschlossen ihm die Chance zu geben auch ein paar Festivals mit uns zu spielen. Ich muss sagen, dafür das er so kurz dabei war und wenig Zeit hatte sich das Material anzueignen, hat er einen tollen Job gemacht. Dann haben der Mike und ich entschieden, scheiß drauf, er kommt zwar aus Warschau, aber mittlerweile ist Europa ja sowieso schon zusammengewachsen, dass es egal ist wo jemand herkommt. Das Musikalische muss passen und man muss miteinander gut klarkommen, das war bei Vaaver von Anfang an so.

"Day of Reckoning" hat thematisch einen "roten Faden". Würdest Du so weit gehen um das Album als "Konzeptalbum" zu bezeichnen, oder war es einfach Deine Abrechnung?

Ach Quatsch, das klingt immer so hochgestochen. Das Konzept war klar und als der Titel dann feststand hab ich die Lyrics finalisiert und natürlich hätte man die Platte auch „Hate Is My Fuel“ nennen können. Es geht halt darum was auf der Welt alles passiert, was mich so anpisst und ich denke das hab ich auch gut umgesetzt. Aber ich würde nicht so weit gehen und behaupten es sei ein Konzeptalbum. Es geht schon drum, was passieren könnte, wenn wir so weitermachen, denn dann haben wir das Szenario des letzten Menschen auf der Welt, welches wir am Cover umgesetzt haben, aber Konzeptalbum ist es keines. Die persönlichen Erfahrungen die so in den Texten vorkommen und die sozialkritischen Geschichten die sind so eine ganz gute Mischung, welche auch viele Fans verstehen werden die nicht aus Deutschland kommen. Wir haben ja schlussendlich alle dieselben Probleme, wir leben alle auf einem Scheiß Planeten zusammen und wenn die Kacke am abkacken ist, dann nützt Dir Dein ganzes Geld nichts. Ich denke diese Grundaussage kommt im Endeffekt ganz gut rüber bei der Platte.

Die Ausrichtung der Lyrics war aber schon der Grund, warum dieses Mal auf den "Mad Butcher" auf dem Cover verzichtet wurde?

Ja genau, dieses Mal hat es einfach nicht so gut gepasst. Aber unser Trademark wurde im Booklet abgelichtet, also verloren gegangen ist er uns nicht. In diesem Weltuntergangsszenario wird er dann seinen Platz haben. Ich mag aber auch nicht so vorhersehbar sein, sicher der Mad Butcher wird in Zukunft wohl wieder mal aufs Cover kommen, aber dieses Mal hatten wir einfach andere Ideen und ein anderes Konzept und das Cover ist ja as Metal as it gets und es passt auch super zu DESTRUCTION.

Du hast gesagt Du möchtest nicht zu vorhersehbar sein, bei der Tour bist Du es, ihr geht ja mit OVERKILL und HEATHEN on the Road, ein Package ja quasi ein Traum für jeden Thrash Maniac – Deine Erwartungen?

Es ist ja so, mit einer amerikanischen Band und dann wir noch als Co-Headliner, da müssen wir natürlich kleinere Brötchen backen. Mir ist schon klar, dass wir nicht die Mittel haben werden um die Show so zu gestalten wie wir das gerne haben würden, aber einfach das Package, das ist der Knaller an der Geschichte. OVERKILL und HEATHEN sind zwei meiner absoluten Faves aus den 80ern und mit denen nochmal zu touren… ich hätte nie gedacht, dass das noch einmal passieren wird und ich denke es geht vielen Fans genauso. Ich freu mich auch darauf mit Leuten zu touren die ich schon lange kenne. Es ist immer eine aufregende Sache mit Freunden zu touren, einfach weil es mehr Spaß macht und ja auch nur alle paar Jahre passiert. Mir persönlich ist die Tour zwar zu kurz, ich hätte noch gerne zwei, drei Wochen drangehängt, aber OVERKILL wollten halt nur drei Wochen machen und da muss man sich dann fügen.

Schmier, es war uns eine besondere Freude, Danke für Deine Zeit!

Ich hab zu danken, man sieht sich!

Transcript by - Reini -


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