06.08.2014, PMK, Innsbruck

SUFFOCATION

Veröffentlicht am 11.08.2014

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Zu einem heißen Sommerabend gehört ein ordentliches Gewitter mit Blitz und Donner bis sich die Balken biegen und wenn dieses ausbleibt muss der fehlende Lärm des Donnerschlages eben durch auf Maximum Volume prügelnden Krawallkombos ausgeglichen werden und am heutigen Mittwochabend bleibt der Wettergott gelassen und die Organisatoren von Church of Goat sorgen mit einem extrafetten Package für den nötigen Ausgleich in Sachen abendlicher Klangatmosphäre. Niemand geringere als die Brutal-Death-Metal Begründer SUFFOCATION geben sich heute in der Innsbrucker p.m.k. die Ehre und haben als Support die Black-Thrash Krieger von SKELETONWITCH, die Ami-Thrasher HAVOK und die holländischen Death-Thrash Wüstlinge SEITA im Gepäck. Knallhartes Programm zur Wochenmitte und wer sich das zu einem Kampfpreis von lächerlichen 18 Euronen entgehen lässt ist entweder eingefleischter Einhorn-Metaler oder einfach nur komplett falsch gepeilt. Dementsprechend viele Besucher dürfen heute verzeichnet werden und im Laufe des Abends kommt einem die Meldung zu Ohren, dass der seltene Fall eines komplett ausverkauften Konzertes in der p.m.k. eingetreten ist, der Schreiberling freut sich unterdessen beim Aufwärmgerstensaft an der Bar auf einen knüppelharten Abend mit Aussicht auf dezentes Berserkertum in der für Moshpits räumlich eher suboptimal bemessenen Location.

SEITA: Um 20:30 Uhr dürfen die Death/Thrash Musikanten rund um Fronter Michel Gambini die Zuschauer auf Temperatur bringen, doch leider haben SEITA am Mittwochabend als Eröffnungsband die taktische Arschkarte gezogen, sind doch die meisten Metalheads geistig noch nicht richtig im Feierabend angekommen und begnügen sich noch mit einem Feierabendbier vor der p.m.k. und führen lieber Smalltalk als den aus Amsterdam angereisten Protagonisten zu lauschen. Die SEITA-Members nehmen es gelassen und zocken solide ihr Set und wirken dabei doch ein wenig wie ein SEPULTURA-Klon mit Eigenständigen Ideen.

Mit "Know your Enemies" vom Erstling "Asymmetric Warfare" stellt dabei eindeutig den Höhepunkt des 30-Minütigen Geprügels dar und als SEITA sich von der Bühne verabschieden sind zumindest diejenigen die sich nicht vor der Tür befanden auf Betriebstemperatur angeheizt worden und all jene die am heutigen Abend noch nicht guter Stimmung sind sollten vom nun folgenden Thrash-Inferno-Vierer HAVOK, von welchen euch mein geschätzter Herr Fachkollege Tom berichten wird, in eine solche versetzt werden.

HAVOK:
Schon kurz nach dem absoluten Bay Area-Gemetzel mit GAME OVER/CONDITION CRITICAL/ULTRA-VIOLENCE und dem Nostalgie-Ausflug mit POSSESSED (zum Livereview) wurde am heutigen Tag schon das nächste Thrash-Freudenfeuer im p.m.k. entfacht. Dass dieser Begriff heute nicht ganz unberechtigt verwendet wird, sollte sich später noch weisen. Die „Zündler“ hießen heute HAVOK, die sich dank geiler Alben in bester Bay Area-Manier und dank explosiver Liveattacken voller Thrash-Granaten und Bang-Eskapaden einen exquisiten Ruf in der Szene erspielen konnten. Inspirationsmäßig lag der Schwerpunkt auf Combos wie EXODUS, pfeilschnell flogen die flirrenden Thrash-Riffs heute tief und dank Nummern wie "Point Of No Return", "Give Me Liberty...Or Give Me Death" oder dem Mitbrüller "I Am The State" war das Publikum im Nu erobert, der Pit kreiste und über den wuselnden Mob erhob sich sogar ein Stagediver. Der Thrash fand zurück in seine Wiege, nämlich in schweißtriefende Clubatmosphäre mit bangenden Lunatics, wie schon bei EXODUS und ANTHRAX war heute auch aufgrund der Raumtemperaturen wieder Mosh-Sauna angesagt. Fette Gangshouts und das verschärfte Schrei-Organ von David Sanchez rundeten das knackige Songmaterial perfekt ab. Aufregung stellte sich dann beim unglaublich geilen "D.O.A." (sogar der Araya-Scream kam live authentisch rüber) auf der Bühne ein, als bei einer der Monitorboxen Feuer festgestellt wurde, das dann vom beherzten, aber doch verunsicherten Frontmann David Sanchez mit Wasser gelöscht wurde. Hatte die Band etwa zu stark gestromt oder lag lediglich ein schnödes technisches Gebrechen in Form von Kabelbrand vor? Egal, ist ja kein Kindergeburtstag so ein Thrash-Massaker, unbeirrt ging es weiter und nach leider viel zu kurzer Zeit hatte eines der geilsten Genre-Outfits der aktuell grassierenden Welle an jungen Wilden (von A wie ANGELUS APATRIDA bis W wie WARBRINGER), das sein Seelenheil im klassischen Westcoast-Thrash sucht, sein finales Machtwort im p.m.k. gesprochen und zog mit einem weiteren Etappensieg auf dem Weg zur Eroberung des Thrash-Throns (den trotz guter Leistungen von DEATH ANGEL aktuell wohl OVERKILL besetzen – zumindest bis zur neuen Scheibe von EXODUS mit dem heimgekehrten Steve Souza oder einem amtlichen Brecher aus dem Hause SLAYER) weiter.

Selten war ein Posten als Quasi-Opener derartig hochkarätig besetzt und zockte ein derart tightes Brett, die feurigen Jungs aus Colorado rollten das Feld von hinten auf und ließen Erinnerungen an kultige Clubgigs früherer Tage wach werden, wenngleich auch die beiden nachfolgenden Combos brachial aufzeigten. Auch heute profitierten die Veranstalter wieder von der nachrückenden, hungrigen Jung-Metalgarde (teils etwa aus Vorarlberg angereist!), welche zwar von "echten" Credibility-Einpeitschern gerne verunglimpft werden, aber die sich ansonsten zunehmend lichtenden Reihen von Altmetall-Fans mehr als auffüllen und mit ihrem Enthusiasmus, Habitus und Engagement die in Tirol recht lebendige Konzert- und Metalkultur befeuern, die ersten Reihen befüllen und die Musiker durch Bangen, Fäusterecken und Mitbrüllen zu Höchstleistungen anfeuern. Frei nach dem Motto: "Mittendrin statt nicht dabei" darf im Namen von zahlreichen Anwesenden einer der energiegeladensten und dynamischsten Auftritte in der Innsbrucker Konzertlandschaft der letzten Jahre dokumentiert werden.
[Thomas Patsch]

SKELETONWITCH:
Nachdem HAVOK und ihr Publikum die p.m.k. so zerlegt haben, wie schon lange keine Band mehr darf sich der Verfasser nach dem für seinen Geschmack etwas zu cleanen Thrash-Sound von HAVOK an den weitaus dreckiger aufspielenden SKELETONWITCH erfreuen, welche mit ihrem fünften Longplayer "Serpents Unleashed" (zum Review) bewiesen haben, dass sie in US and A gerechtfertigter Weise zur Speerspitze des Black-Thrash gehören und beim heutigen Auftritt wird dieser Status noch einmal eindrucksvoll unterstrichen.

Ein perfekt abgemischter Sound, eine Seltenheit in der nicht gerade akustisch vorteilhaften Location und einem Nietenbewehrten Chance Garnette der sich an den Vocals die schwarze Seele aus dem menschlichen Leib keift. Heroisches Stage Acting und sympathische Songansagen der Bandmembers verwandeln den Auftritt in eine runde Sache mit viel Publikumsinteraktion und so wird SKELETONWITCH verdient mit rotierender Haarpracht und Moshpit gehuldigt bis man fast aufgrund der mittlerweilen saunaartigen Temperaturzustände einen Hitzschlag erleidet. Geboten wird derweilen auf der Bühne überwiegend neueres Material wie die wilde Speed-Nummer "I am Of Death (Hell Has Arrived)" vom erwähnten letzten Album, aber auch ältere Nummern wie "Beyond The Permafrost" vom gleichnamigen 2007ner Album fügen sich in der heutigen Show perfekt in das brachial rohe Gesamtbild der Band ein. Nach 60 Minuten tadellos durchgeprügelter Show verlässt die Kombo die Bretter um Platz für die mit Kultstatus belasteten Headliner zu machen, SKELETONWITCH selbst stehen derweilen am Merch-Stand den Metal-Maniacs für ein persönliches Gespräch zur Verfügung und entpuppen sich als gechillt coole Truppe ohne irgendwelche Anzeichen von Allüren. So muss Metal sein, von Maniacs für Maniacs!

SUFFOCATION:
1991 veröffentlicht eine bis dahin nur im Underground bekannte Band aus New York ihr Debütalbum unter dem Titel "Effigy Of The Forgotten" und begründet damit ein komplett neues Genre in der metalischen Welt. Der Name der Band: SUFFOCATION, ihr Markenzeichen: technisch hoch anspruchsvolles Hochgeschwindigkeitsgebolze in Verbindung mit gutturalen Lauten wie sie zuvor nur der Metzger beim verrichten seiner Arbeit hörte, der Brutal-Death-Metal war geboren und SUFFOCATION haben bis heute Einfluss auf die Weiterentwicklung des von bösen Zungen als sinnbefreiten "Instrumente verhauen und unerträglich Grölen" bezeichneten Genres. 2013 wurde mit "Pinnacle Of Bedlam" (zum Review) klargestellt dass man selbst nach 23 Jahren durchgehender Lärmbelästigung seiner Umwelt über die ganze Welt verteilt kein bisschen leise geworden ist, die Amis sind immer noch gleich stark wie in ihren Anfangstagen und haben sich stets weiter entwickelt und heute Abend werden SUFFOCATION dem Tiroler Metalhead beweisen dass es das Kommunikationsorgan von Fronter Frank Mullen allemal mit dem Paarungsruf von so mancher alpenbewohnenden Tierart aufnehmen kann.

Mit "Catatonia" startet man stark in den Endspurt der heutigen Nacht und dem Fan der harten Klänge sollte jetzt noch jeder Wunsch erfüllt werden. Mr. Marchais und Mr. Hobbs sorgen für die brutalen Riffs, Bassist Derek Boyer drückt mit seinem Bass dem Zuschauer die Luft weg, Drummer Kevin Talley verwandelt sein Instrument in eine Gatling Gun und Frank Mullen grunzt und growlt sich mit faszinierender Leichtigkeit durch die Splattertexte. Als einzig störend an der Show ist zu bemängeln, dass sich die Songansagen zu Redeanfällen entwickeln, ein alt bekanntes US-Band Problem das dem europäischen Metalhead eben zu langwierig ist, im Gegensatz zum verweichlichten Amerikaner will der Tiroler bei einer solchen Walze keine Erholungspause mit Liebesbekundungen und platten Witzen hören, sondern einfach nur die Bude zerlegen und so wird der Moshpit trotz der mittlerweilen unerträglichen Temperaturen zum Volkssport ernannt. Nach knappen 90 Minuten Machtdemonstration beschließen "Dismal Dream" und "Infecting The Crypts" das technisch versierte Brutalo-Massaker und nach einer grandiosen Darbietung muss der Band von jedermann Respekt gezollt werden. SUFFOCATION sind eine jener Kultbands die keine Abstriche verzeichnet hat und nicht wie viele andere zum Witz ihrer selbst verkommen ist!

Setlist:
- Catatonia
- Effigy Of The Forgotten
- Pierced From Within
- As Grace Descends
- Breeding The Spawn
- Funeral Inception
- My Demise
- Liege Of Inveracity
- Dismal Dream
- Infecting The Crypts

Am Ende sei noch auf das nächste Konzert der Veranstalter von Church of Goat hingewiesen, am 25.09.2014 schlägt man in die Doom/Stoner Schiene ein und präsentiert dem Tiroler Langhaarvolk YOB und PALLBEARER wieder ebenfalls in der Innsbrucker p.m.k., ein Pflichttermin für alle Fans der zähflüssig schweren Klänge!

Thx für die Pics an Tina Burgstaller! Weiter Fotos könnt ihr in der Galerie zum Event sehen.


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