14.11.2014, Planet.tt, Bank Austria Halle, Gasometer

GOTTHARD

Veröffentlicht am 22.11.2014

Mit einer gewissen Regelmäßigkeit besuchen uns - erfreulicherweise - immer noch die Eidgenossen von GOTTHARD in Österreich; erfreulicherweise auch deshalb, da nach dem tragischen Unfalltod des langjährigen Ausnahmesängers Steve Lee im Jahr 2010 lange Zeit unsicher war, ob die Band überhaupt weitermachen wollte. Dann jedoch fand man mit Nic Maeder - einem Australier - einen passenden Nachfolger hinter dem Mikrofon, und ist seither wieder äußerst erfolgreich unterwegs, und hat mit Neo-Sänger Nic auch schon zwei Alben eingespielt. Die neueste dieser Scheiben, betitelt einfach "Bang!", wird derzeit auf großer Tour präsentiert, und auch im Wiener Gasometer machen die Schweizer wieder Halt. Bevor es aber zu einer gediegenen Portion schweizer Hardrock kommt, darf zuerst die Band rund um RUBEN DIMITRI das Spektakel eröffnen. Wer oder was ist RUBEN DIMITRI? Nun, mir war die Band vor diesem Opening-Slot gänzlich unbekannt, Stormbringer-interne Kommunikationsquellen verrieten jedoch, dass die Band bei einem der vergangenen Bandcontests in Wien ganz gut abgeschnitten haben dürfte; aber gerne lässt man sich natürlich selbst überzeugen - das Internet gibt leider auch so gut wie gar nichts über die Band her. [Anm.: Gut gemeinte Anregung meinerseits: Liebe Leute, bringt mal eure Facebook-Page und Website auf Vordermann, das macht einen guten Eindruck!] Etwas glücklos fällt dabei der Einstieg aus: mit zahlreichen Breaks und leider nur halbherzigen Klatsch-Einlagen versucht man bereits von Anfang an, das Publikum zum Mitmachen zu animieren; das funktioniert bei der GOTTHARD-Crowd, die sich doch zu großen Teilen aus Familienvätern- und müttern im besten Alter (und auch den dazugehörigen Familienkindern) besteht, nur äußerst bedingt - da hätte man wohl eher mit ein bisschen mehr Schmackes starten können. Glücklicherweise wird genau das dann aber schon beim zweiten Song gemacht, und der groovige Rock der Truppe kommt schließlich auch beim Publikum an, sodaß alsbald weitaus mehr als nur Anerkennungsapplaus für die vier jungen Herren aufbrandet. Mir fehlt zwar ein wenig noch der Feinschliff im Songwriting, und in Punkto Gesang könnte man auch noch zulegen - etwa in Form von Backing-Vocals - aber die Band agiert tight, und gute Ansätze sind zuhauf vorhanden; mit RUBEN DIMITRI kann also in Zukunft sicher weiterhin gerechnet werden. Nach der obligatorischen Umbaupause entern dann aber auch schon GOTTHARD die Bühne, die diesmal mit einem protzigen Cadillac, auf dem das Drumset von Hena Habegger thront, ordentlich Akzente setzt. Gut, ganz an den Over-The-Top-Charakter des SABATON'schen Schlagzeug-Panzers kommt man zwar nicht heran, aber zum Sound und Image von GOTTHARD passt dieses Bühnenbild allemal.

Und so starten die Schweizer dann auch gleich in ein buntes Set aus neuem Material und Klassikern, angeführt vom Titeltrack des aktuellen Albums "Bang!" und "Get Up 'N Move", gefolgt mit einem Klassiker in Form von "Sister Moon". Feine Harmonien gibt's beim "Master Of Illusion", gute Stimmung bei der neuesten Singleuskopplung "Feel What I Feel", und spätestens als mit Kulthit "Heaven" (diesmal überraschend früh gebracht!) die Balladensektion des GOTTHARD'schen Backkatalogs eröffnet wird, ist das Publikum natürlich auf Betriebstemperatur. Neo-Frontmann Nic macht dabei sowohl stimmlich als auch mit seiner Persönlichkeit eine sehr sympatische Figur, die gut zum Kumpelimage der Band passt - Rockstars zum Anfassen quasi, BON JOVI für den Nachbarsgarten. Das darf aber keinesfalls abwertend verstanden werden, denn GOTTHARD machen und machten schon immer einfach handwerklich guten Hardrock, den sie mit viel Spielfreude zelebrieren. Das merkt man an der ersten Single mit Nic Maeder, "Remeber It's Me" genauso wie am Stimmungskracher "Starlight", bei dem die Band zahlreiche Damen, Herren und Kids aus dem Publikum zu sich auf die Bühne holt, und während die Kinder vielleicht noch etwas verschreckt nur zögerlich mitsingen, rockt Papa daneben amtlich (und vielleicht auch unfreiwillig unterhaltsam) ab - Hardrock für die ganze Familie also.

Ein Überraschungsmoment liefert Sänger Nic dann, als er plötzlich - fast "österreichisch" - die "Quetschn" auspackt, und nach kurzer Spaßeinlage ("Smoke On The Water" und "Highway To Hell" hört man auch nicht alle Tage am Akkordeon), eine sehr schöne Version von "C'est La Vie" gemeinsam mit Leo Leoni an der Akustik-Gitarre interpretiert. Definitiv eines der Highlights des Abends; und wie bei GOTTHARD so oft, ist's natürlich eine Ballade. Und die Schweizer schießen gleich die nächste nach, nämlich DIE Ballade schlechthin: "One Life, One Soul", ein ohnehin großartiger Song der durch den viel zu frühen Tod des Steve Lee erst recht zum Klassiker gemacht wurde. Immer wieder ein Genuss! Und danach heißt es für GOTTHARD eigentlich nur noch, die Show nach Hause zu spielen: Es beginnt ein Klassikerreigen mit dem beliebten BILLY JOE ROYAL-Cover "Hush" gefolgt vom Eigenhit "Lift U Up" (eingeleitet durch Gitarristenduell zwischen Leo Leoni und Freddy Scherer), und im Zugabenblock dann nach "Thank You" noch die Rausschmeißer "Anytime, Anywhere" und "The Mighty Quinn". Alles in allem war es also mal wieder ein richtig schöner Rock-Abend im Wiener Gasometer, und nicht nur die Stormbringer-Crew ist durchaus froh darüber, dass uns die schweizer Antwort auf BON JOVI trotz allem weiterhin erhalten bleibt. Für den harten Metaller-Kern mögen GOTTHARD vielleicht eine Spur zu soft unterwegs sein, wer aber auf gradlinigen, radiotauglichen Hard Rock steht, der kommt an dem schweizer Sextett nicht vorbei. Gerne wieder!

Setlist GOTTHARD:

Bang! Get Up 'n' Move On Sister Moon Right On Master of Illusion Fist in Your Face Feel What I Feel The Call Heaven Remember It's Me What You Get Starlight The Train C'est La Vie One Life, One Soul Mountain Mama Hush Lift U Up -------------- Thank You Anytime Anywhere Quinn the Eskimo (The Mighty Quinn)


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