23.01.2015, Weekender, Innsbruck

OBITUARY, M-PIRE OF EVIL, DUST BOLT, POSTHUM

Veröffentlicht am 25.01.2015

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Der sonst bislang eher zurückhaltende Winter zeigte sich heute von seiner kalten Seite und bescherte den sonnenverwöhnten Floridianern OBITUARY einen recht kühlen Empfang, sogar der Schnee rieselte leise, um den Sunshine State-Bewohnern ja einen gebührend grimmigen Empfang in Innsbruck zu bescheren. Es war ein nicht ganz stimmig geschnürtes Paket, das heute auf der laufenden Tour Halt in Innsbruck machte. Black (POSTHUM), Thrash (DUST BOLT), Heavy/Thrash (M-PIRE OF EVIL) und Death Metal (Headliner) stand auf dem Programm, das tags zuvor bereits von den STORMBRINGER-Kollegen in der Bundeshauptstadt beäugt wurde (zum Livereport). Der Club war mit rund 350 Leuten auch knackig voll, wobei sich sämtliche Metal-Generationen einfanden, sich fett Death Metal einschenken zu lassen. Heute zeigte sich das gleiche Phänomen wie zuletzt etwa beim POSSESSED-Konzert im pmk. Während sich kleinere Veranstaltungen bzw. neuere Bands abstrappeln müssen, um genügend Zuschauer vor die Bretter, die die Welt bedeuten, zu bekommen, schaffen es klassische Alt-Bands leichter, die Altherrenriege vom bequemen Sitzmöbel vor die Bühne zu zerren. Man kennt die ollen Kamellen schließlich und will sich auch mal wieder einen "wilden Abend" gönnen...der Begriff des "Klassentreffens" geisterte des Öfteren im Auditorium herum. Da ich den recht frühen Start des Packages ein wenig übersehen hatte, berichtet nun Kollege Daniel kurz von der ersten Band des heutigen Abends:

POSTHUM
Nachdem Kollege Patsch es leider nicht rechtzeitig zum Auftritt von POSTHUM schaffte seinen ehrwürdigen Kadaver ins Innsbrucker Weekender zu verfrachten, hat meine Wenigkeit heute die Ehre die werten Leser durch den Auftritt der Norweger zu führen. POSTHUM spielen Black Metal, oder in der Definition des Verfassers eher Hipster-Black Metal, was sich im abgeschleckten Sidecut von Fronter Jon Skare optisch gnadenlos manifestiert. Produktionstechnisch hat die Combo aus dem Land, in dem die pechschwarze Trveness erfunden wurde, schon drei Longplayer auf die Welt losgelassen, wobei man durchaus geteilter Meinung über die Qualität sein kann, so bekommen die Nordmänner heute die Chance zu beweisen, ob sie denn live zu überzeugen fähig sind. Mit "Sacrificed" vom selbstbetitelten "Posthum" Album (zum Review) startet man in den Konzertabend und es wummert so extrem aus den Boxen, dass es einem fast die Luft wegdrückt und auch sonst ist man in Sachen Sound nicht gerade on Top, die Gitarrenriffs schwimmen matschig zwischen überdominantem Bass und dem extrem donnernden Drumkit, da hätte man weitaus mehr rausholen können. Die Band versucht derweilen die noch nicht sonderlich zahlreich vertretenen Zuschauer zu animieren und zeigt sich mehr oder weniger erfolgreich, daran ändern auch Songs vom letzten Album wie "Condemned" oder "To The Pits" nichts. Anstandsapplaus gibt es natürlich trotzdem vom Publikum, aber wer als Opener an einem Abend antritt, an dem eine Death Metal Walze wie OBITUARY als Headliner die Location garantiert vernichten wird, hat so oder so einen schweren Stand. Die Berichterstattung wird somit wieder an meinen Herrn Fachkollegen übergeben, der sich pünktlich zum Auftritt von DUST BOLT zur Ablöse einfindet und nun vom restlichen Abend berichten wird. Der Schreiber bewegt sich derweilen zur Bar um sich mental auf den heutigen Headliner vorzubereiten, den es sei vorweg genommen: OBITUARY werden alles was da so vor der Bühne kreucht und fleucht vernichten!
[Daniel Laich]

DUST BOLT
Dass die Bayern eine heiß gehandelte Nummer im Thrash Metal sind, war schon vor dem heutigen Auftritt klar. Es war schon einige Zeit her, als ich die Thrasher zuletzt live erleben durfte. Den lässigen Gig noch in bester Erinnerung, durfte ich dem nächsten Thrash-Sturm im Weekender lauschen. Zuletzt empfahlen sich an diesem Ort ja die Lokalmatadore INSANITY ALERT, die Vorarlberger MACHINE GUN HORROR und die Hopefuls REAPERS CALL mit ihren Konzerten (zum Livereport) für höhere Weihen. DUST BOLT enttäuschten die Erwartungen auch keineswegs, vielmehr präsentierten sich die Vier sehr spiel- und aktionsfreudig. Mit Titeln wie "Soul Erazer" oder "Toxic Attack" im Gepäck und dem nötigen Feuer unterm Hintern war es dennoch ein schwierigeres Unterfangen, die noch etwas hüftlahme Meute in größerem Maße zu mobilisieren. Dennoch zollten die Anwesenden dem ambitionierten Quartett mit ansprechendem Applaus den ihnen gebührenden Respekt, wenngleich es trotz der Gutklassigkeit des 2014 auf dem heimischen Napalm-Label erschienenen zweiten Albums "Awake The Riot" gilt, in puncto Kompositionswitz und Originalität noch eine Ehrenrunde in Schreibkämmerchen und Proberaum einzulegen, um zu den Größen der europäischen, geschweige denn amerikanischen Thrash-Elite (etwa HAVOK zuletzt im pmk) aufschließen zu können. Dennoch war den Süddeutschen die in den letzten Jahren gewonnene Live-Erfahrung anzumerken, dank dem beherzten Enthusiasmus des Quartetts darf der heutige Auftritt auf der Habenseite verbucht werden.

M-PIRE OF EVIL
Mit zwiespältigen Gefühlen sah ich dem Auftritt der Mannen um ex-VENOM Saiterhexer Jeffrey Dunn alias Mantas entgegen. Bei M-PIRE OF EVIL ist neben dem Kult-Gitarristen noch eine zweite, wenn auch nur temporäre VENOM-Figur am Start. Anthony Dolan alias "Demoliton Man" war nach dem Ausstieg von Cronos Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger bei den Engländern als Frontmann am Start und übt diese Rolle nun bei M-PIRE OF EVIL aus. Kult auf den Bühnenbrettern des Weekender Club also. Kult, der am heutigen Abend nicht so recht zünden wollte. Die Mischung aus Thrash- und Heavy Metal, welche das Trio aus den Boxen schallen ließ, war nicht wirklich schlecht, dennoch lebt die Band von den Klassikern der großartigen VENOM, obwohl diese Meilensteine ohne Cronos nur die halbe Miete sind. Das teils taugliche eigene Material aus der Dolan/VENOM-Phase - man höre etwa das zuletzt veröffentlichte "Crucified" - ging aber ebenso im schlechten Sound (vor allem Dolans Gesang) unter wie die echten Kultnummern aus den frühen Achtzigern ("Die Hard", "Black Metal" oder der Rausschmeißer "Countess Bathory"). Und eigentlich wollte ich einen der Metal-Helden aus meinen Metal-Anfangstagen, sprich Mantas, nicht mit Bandana und Brille auf der Bühne sehen.

Man darf gespannt sein, wie sich die Herren auf dem heurigen Keep It True-Festival, auf dem sie ebenfalls gastieren, schlagen werden, der dafür angekündigte Very Special Guest dürfte wohl Rumpeldrummer Abaddon sein. Den (nur auf Basis des speziellen Status von SCOOTER im angloamerikanischen Raum und der damit verbundenen Breitenwirkung erklärbaren) livetechnischen Ausflug von Mantas in Dance/Techno-mäßige Gefilde ("Fire") lassen wir ohnehin außen vor, das hat nichts, aber auch gar nichts mit den mächtigen VENOM und ihren fetten Shows im Londoner Hammersmith von früher zu tun. Meine tiefe Verehrung für ihre Frühzeiten werden die Black Metal-Großmeister aus Newcastle ohnehin immer genießen, und auch wenn das letzte Studio-Album "From The Very Dephts" nicht das Gelbe vom Ei ist, muß sich wohl alles an Cronos und einer hoffentlich irgendwann ins Haus stehenden Reunion der Ur-Black Metal-Götter orientieren. Bis dahin besteht bei VENOM/M-PIRE OF EVIL das altbekannte Dilemma, das sie etwa mit ACCEPT/U.D.O oder SEPULTURA/SOULFLY teilen.

Setlist: (ohne Gewähr)
- Demone
- Die Hard (VENOM Cover)
- Hellspawn
- Don't Burn The Witch (VENOM Cover)
- Blackened Are The Priests (VENOM Cover)
- Carnivorous (VENOM Cover)
- Hell To The Holy
- Welcome To Hell (VENOM Cover)
- Black Legions (VENOM Cover)
- Parasite (VENOM Cover)
- Black Metal (VENOM Cover)
- Countess Bathory (VENOM Cover)

OBITUARY
Kurz nach 22.30 Uhr war dann ganz, ganz großes Death Metal-Kino angesagt. Die Death Metal-Veteranen OBITUARY waren nach ihrem letzten Innsbruck-Auftritt 2009 (ließen damals im Hafen LEGION OF THE DAMNED und AMON AMARTH kräftig schwitzen) wieder einmal angetreten, ihre seit einem Vierteljahrhundert treu ergebene Fanschar sowie die nachrückende Garde an Metalverrückten nicht nur zufrieden zu stellen, sondern sie ein ums andere Mal in ihren Bann zu ziehen. Schon das geile Intro wurde vom Jubel der Fans begleitet, bevor der schnelle und kompromißlose Opener "Centuries Of Lies" gleich eingangs alles zerstörte. Diese Nummer und das folgende, unglaublich starke "Visions In My Head" machten klar, welchen Hammer die Band mit ihrem letzten Album "Inked In Blood" auf die OBITUARY-Aficionados niedersausen ließ. Alles war von Beginn an geregelt, die Meister regierten mächtig und gaben das Death Metal-Zepter auch die folgenden rund 75 Minuten nicht aus der Hand. Die Monster aus den tiefen Florida-Sümpfen konnten heute eigentlich nichts falsch machen, die Fans im rappelvollen Weekender fraßen dem Fünfer schlichtweg aus der Hand. Eine wahre Blutwalze (Zitat Laichster) fraß sich ihren Weg über die geifernden Death-Ghouls im Auditorium. John Tardy am Mikro war der Zeremonienmeister, der die Knochenmühle, welche heute im Club wütete, dirigierte. Das modrige Sumpfmonster aus dem 80er Trash-Movie hatte seinen Weg nach Innsbruck gefunden und zerstörte "Big Time". Daran konnten auch die absolut beengten Bühnenverhältnisse im Weekender, der nur einen geringen Aktionsradius für die DM-Legende ermöglichte, wenig ändern. Rund um Drummer Donald Tardy hatten sich Peter Tägtgren-Gedächtnis-Augenring-Träger Trevor Peres samt dem stetig mehr werdenden ex-DEATH/SIX FEET UNDER-Basser Terry Butler und Neo-Gitarrist Kenny Andrews geschart, dem Innsbrucker Publikum nicht weniger als den akustischen Tod zu bringen. Der Tod kam recht statisch, da die Akteure ihr Todesblei recht stoisch abfeuerten und sich Sänger John Tardy eher abseits seines Stammplatzes in der Bühnenmitte Raum verschaffen mußte.

Eine tolle Mischung aus Nummern vom letzten Killeralbum und einer Best-Of aus den vergangenen Jahren ließ man dem Innsbrucker Publikum angedeihen. Auffällig dabei die hohe Anzahl an Titeln vom 1989er Debut "Slowly We Rot", von dem es gleich sechs Titel zu hören gab. Eigentlich ein Wahnsinn...jene Band, die in grauen Vorzeiten primär damit auf sich aufmerksam machen konnte, dass der Sänger keine wirklichen Texte von sich gab, sondern Töne absonderte, die gerade zum Song und zur Stimmung paßten, zählt heute zu den absoluten Death Metal Legenden. Welche Wichtigkeit gerade das Debut, das nach den DM-Vorreitern MANTAS/DEATH, MASTER, SLAUGHTER etc. im Dunstkreis von ganz großen Alben (MORBID ANGEL´s "Altars Of Madness") erschien, hatte, wurde vielen wohl erst retrospektiv bewußt. Soweit zumindest meine subjektive Beobachtung jene Tage betreffend, als weder ENTOMBED´s "Left Hand Path" noch andere Kult-Death Metal-Alben erschienen waren. Egal, bei der kürzlich veranstalteten "Death Metal Battle" (so das Motto der heurigen Zusammenkunft) beim jährlichen "80er Metal-Veteranen"-Treffen auf der Almhütte im winterlichen Tiroler Unterland trug der Meilenstein "Slowly We Rot" maßgeblich zu meinem zweiten Platz in der Gesamtwertung bei. ENTOMBED´s "Left Hand Path" und ASPHYX´s "Deathhammer" als Beiträge aus den Neunzigern und Zweitausendern (OBI für die Achtziger) vermochte leider nicht gegen die Siegerauswahl (POSSESSED "The Exorcist", DEATH "Within The Mind" und OPETH´s "Heir Apparent") anzustinken. (Hinweis: Jeder Beteiligte und Mitspieler präsentierte je einen Death Metal-Classic Song aus den 80ern, 90ern und 2000ern. Die Kontrahenten vergaben jeweils 1 bis max. 10 Punkte für jeden ausgewählten Song, die in Summe höchste erreichte Gesamtpunktzahl entschied über den Sieg!). Das "Slowly We Rot"-Schwergewicht war - abseits der Hochklassigkeit und des Klassikerfaktors - aber insofern konsequent, als dass "Intoxicated" und "Bloodsoaked" vom Debut als Bonustracks für "Inked In Blood" neu eingespielt wurden und somit infolge der Affinität der Band zu den Songs naturgemäß in die Setlist gerutscht sind. Die Death Metal-Legenden schraubten mit ihrer mörderisch behäbigen Geschwindigkeit, den tonnenschweren, zwingenden Grooves und ihrer alles in Grund und Boden sägenden Konstanz jedenfalls reihenweise Köpfe ab. Die Stagediver flogen reihenweise in den durchdrehenden und abgehenden Mob vor der Bühne. Das zähe Midtempo in Nummern wie dem tollen "Dead Silence" killte alles und warf so manchen Haar-Rotor im Publikum an. Haare waren ohnehin das Thema des heutigen Abends, egal ob im Gesicht oder auf dem Kopf, OBITUARY (und früher SANCTUARY) sind die Cousin Itt´s im Metal. OBITUARY warfen die bitterböse Todesgroovemaschine an und (um noch einmal ein Zitat des Kollegen Laichster zu bemühen) bolzten Tirol mit Brechern wie "Back To One" wieder zurück in die Steinzeit. Positiv dabei die Clubatmosphäre, die im Vergleich zu Festivalshows (BYH-Festival 2014) zusätzliche Dichte und Feeling garantierte und bei guten Soundverhältnissen die Death Metal-Helden greif- und erfahrbarer machte.

Die Zeit verflog im Nu, flugs fand man sich mit "Back On Top" und "I´m In Pain" im Zugabenteil wieder. Den leider viel zu frühen, endgültigen Schlußpunkt bildete die Quasi-Bandhymne "Slowly We Rot", danach war kurz vor der Geisterstunde leider Rausschmiß angesagt. Von mir aus hätten die DM-Veteranen ruhig noch länger weiterspielen können, aufgrund der eher knapp bemessenen Spielzeit blieben einige Klassiker ("Turned Inside Out", "Dying", "Chopped In Half", "The End Complete", "Final Thoughts" oder "Threatening Skies") unberücksichtigt. Der heutige Auftritt war trotz des eingeschränkten Aktionsradius bereits jetzt eines der besten Konzerte 2015, soviel darf jetzt schon gesagt werden. Es hat sich auch kein Zuschauer gefunden, den die Floridianer nicht umgehauen hatten am heutigen Abend. OBI zockten eine geile Club-Show, die von der abgehenden Meute wohl nicht so schnell vergessen wird! Apropos vergessen, sollte das skizzierte Szenario wirklich eintreten, dass der Weekender keine Verlängerung des Mietvertrags erhält und die Bude dicht machen muß, würde eine immense Lücke in der Veranstaltungs- und Metallandschaft Innsbrucks gerissen werden. Mögen wir alle hoffen, dass dies nicht eintritt!

Setlist:
- Centuries Of Lies
- Visions In My Head
- Infected
- Intoxicated
- Bloodsoaked
- Immortal Visions
- 'Til Death
- Don't Care
- Violence
- Stinkupuss
- Back To One
- Dead Silence
-------------------------------------
- Back On Top
- I'm In Pain
- Inked In Blood
- Slowly We Rot

Dank geht einmal mehr an unsere Fotografin Tina, die ihre körperliche Unversehrtheit und den Schutz ihrer Kamera ob des fehlenden Fotograbens und der durchdrehenden Meute hart erkämpfen mußte!


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