21.03.2015, Zenith

EISBRECHER + MAERZFELD + TWELVE AFTER ELF

Veröffentlicht am 25.03.2015

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Nun ist es wieder einmal an der Zeit ein wenig über den rein metallisch-musikalischen Tellerrand hinauszuschauen und ein Auge bzw. ein Ohr auf Neue Deutsche Härte zu riskieren. EISBRECHER gastierten zum Abschluss ihrer "Schock"-Tour in München und hatten dabei MAERZFELD (baugleich mit der RAMMSTEIN-Coverband STAHLZEIT) mit im Gefolge. Aufgrund des großen Andrangs wurde das Konzert vom Kesselhaus ins größere Zenith verlegt - nicht zu Unrecht, denn es war wirklich viel los. Grässlich-kaltes Wetter mit reichlich Feuchtigkeit vom Himmel sowie Blockabfertigung am Einlass und Stau am Gästelisten-Schalter (Gerüchten zufolge bewegte sich die Gästeliste an diesem Abend im dreistelligen Personenbereich...) dämpften die Lust aufs Konzert zunächst bei den Zuschauern erheblich. Auch die Stormbringer-Abordnung schaffte es nicht trockenen Fußes ins Zenith hinein - naja, zum Glück ist der durchschnittliche Metaller nicht gerade aus Zucker. So manche leicht bekleidete Damen aus der schwarzen Szene waren über das unfreiwillige Tröpfchenbad allerdings nicht begeistert. Verlaufenes Mascara auf bleich geschminkten Gesichtern ist ja schon extra-gruslig - da würden sogar Schwarzwurzeln neidisch. Letztere konnte man im Publikum zwar nicht ausmachen (bis auf angesprochene Make-Up-Unfälle aus der schwarzen Szene eben), dafür tummelte sich ansonsten ein extrem bunt gemischtes Publikum. Vom Kuttenträger über Cyberpunks bis hin zu Normalos mit Kind und Kegel (der Nachwuchs vorbildlich mit ordentlichem Ohrenschutz) konnte so ziemlich alles im circa zu zwei Drittel gefüllten Zenith ausgemacht werden. Die Kollisionen der jeweiligen szenerelevanten Ansichten beschränkten sich dabei auf schiefe Blicke und auch ansonsten war das Publikum an diesem Abend höchst gesittet.

Kaum in der Halle angekommen, erst einmal eine Überraschung. Es war noch nicht ganz 20 Uhr (die kolportierte Beginnzeit) - und auf der Bühne tat sich bereits etwas! Und zwar augenscheinlich schon seit einiger Zeit, denn die fotografierende Kollegenschar verließ den Fotograben bereits wieder als die zwei Mann bzw. eher Frau starke Abordnung von Stormbringer eintraf. Den verwirrten Gesichtsausdrücken der Kollegen zu entnehmen waren diese darauf ebensowenig vorbereitet gewesen und es herrschte sogleich fröhliches Rätselraten welche Band da nun auf der Bühne stand - MAERZFELD waren es jedenfalls nicht. Dafür bekam die sich herzlich begrüßende und lauthals lachende Fotografenschar gleich einmal einen augenzwinkernden Rüffel vom nebenstehenden EISBRECHER-Sänger Alex, mit den Worten "Lachts net aso, da will a Band auf der Bühne spielen!". Ja, wir haben ein lautes Organ, wissen wir. Danke Alex, Bussi! Auf der Bühne trieben sich Personen in Blaumännern herum, die mehr oder minder hingebungsvoll Musik fabrizierten. Leider war die Soundqualität dabei eher suboptimal, auch wenn man erahnen konnte dass in den Einheits-Arbeitsanzügen durchaus Leute steckten, die ihr Handwerk verstanden. Solide und professionell war daher auch die Performance des recht kernigen Liedguts (am ehesten irgendwo im Alternative-Bereich angesiedelt) - aber dabei auch ohne wirkliche Highlights. Entsprechend reagierte auch das Publikum - nämlich gar nicht. Selten, wirklich selten konnte man eine solche Nicht-Reaktion im Publikum beobachten. Eigentlich konnten einem die Mannen auf der Bühne nur leid tun, allerdings taten sie auch nichts, um mit den Zuschauern zu interagieren - keine Ansagen und selbst der Abgang nach erfolgreich absolvierter Bühnenpräsenz blieb kommentarlos. Ähnlich kommentarlos blieb auch das Publikum - es war niemand auszumachen, der auch nur den Ansatz von Applaus spendete. Eine wirklich seltsame Darbietung... (Im etwas später stattfindenden Gespräch mit einigen Konzertbesuchern erklärte sich weitestgehend die frostige Stimmung im Publikum - angeblich soll am Beginn des Konzertes auf der Bühne irgend ein grenzwertiger Sager über "Münchner Kanacken" gefallen sein, der wohl so einigen Besuchern sauer aufgestoßen war...) Der anschließende Kurzauftritt von EISBRECHER-Sänger Alex (auch bekannt als "Der Checker" aus der gleichnamigen DMAX-Serie) und Gitarrist Jürgen (bei A LIFE DIVIDED am Mikro aktiv) klärte dann zumindest ein wenig auf - laut den beiden hörte die vorangegangene Band auf den Namen

TWELVE AFTER ELF

(Anm. d Verf.: Ich hoffe, das habe ich richtig behalten und das schreibt man auch so...) (Anm. d. Red.: Google ist dein Freund!) und man müsse sie auch nicht unbedingt kennen. Gut, dann ist zumindest die Presse einmal beruhigt... weniger ruhig das inzwischen aufgewachte Publikum, dass von der Bühne herunter mit lyrischen Versen beglückt und mit stärkenden Orangen, Karotten und Schokoriegeln (was zur Hölle?!) per Flugpost eingedeckt wurde.

Nach dieser Einlage ging es dann mit dem angekündigten Programm weiter und

MAERZFELD

enterten die Bühne. Da die Herren auch noch gleichzeitig als RAMMSTEIN-Coverband STAHLZEIT unterwegs sind, war die musikalische und stimmliche Nähe zu der deutschen Kultband nicht verwunderlich. Zudem bewies Sänger Heli auch noch sowohl stimmliche als auch optische Nähe zu Till Lindemann, was dem Ganzen noch mehr RAMMSTEIN-Touch verpasste. Musikalisch stand es bei MAERZFELD ähnlich, da schielten an allen Ecken und Enden die großen deutschen Genrekollegen hervor. Obwohl die sechs Herren ausschließlich eigene Titel spielten, konnte man sich gewisser Déjà-Vu-Erlebnisse nicht ganz verwehren. Schon beim Opener "Vaterland" zeigt sich das sehr stark - dafür gingen die Titel aber auch direkt ins Ohr und wurden vom Publikum sehr gut aufgenommen und zum Teil auch ordentlich mitgegrölt. Vor allem der Ohrwurmrefrain des coolen "Hübschlerin" wurde ziemlich laut mitgesungen und auch die starken "Fremdkörper" und "Treibjagd" wurden von den Besuchern im vorderen Teil der Halle ordentlich abgefeiert. Überraschend sowohl der Einsatz eines Akkordeons auf der Bühne als auch die Tatsache, dass MAERZFELD ihre aktuelle Single "Es Bricht" kurzerhand nach Darbietung des Titels in Form von Gratis-CDs im Zenith verteilten. Mit "La Petite Mort" (ja, es ist das gemeint was ihr denkt...) gingen MAERZFELD sogar noch in eine etwas poppigere Ecke, ehe es mit "Stalingrad" noch einmal derb RAMMSTEIN-lastig wurde. Den Besuchern gefiel augenscheinlich was da auf der Bühne problemlos und professionell gezockt wurde, aber so ganz der letzte Zacken zur ausgelassenen Partyatmosphäre fehlte noch. Vermutlich war das der Tatsache geschuldet, dass MAERZFELD als RAMMSTEIN-Coverband STAHLZEIT deutlich mehr Bühnenshow zu bieten haben als unter ihrem eigenen Banner - man merkte ein wenig dass die Musiker auf der Bühne gerne mehr an Show gezeigt hätten als sie letztendlich darboten. Aber sei es drum, der Sechser konnte für seine solide Performance zu Recht amtlichen Applaus einheimsen!

Setlist:

(ohne Gewähr) - Vaterland - Ich Flieg - Hübschlerin - Maerzfeld - Fremdkörper - Es bricht - Treibjagd - La Petite Mort - Stalingrad

"Volle Kraft voraus" dann das Motto als gegen 22 Uhr EISBRECHER die Bühne erklommen und mit ihrer prägnant-düsteren, ausdrucksstarken Show starteten. Vergleichbar mit anderen Touren/Veranstaltungen ähnlicher Größenordnung kamen EISBRECHER dabei reichlich minimalistisch einher - ein paar rauchende Schlote, ein wenig Dampf und ein bisschen Glitter gegen Ende der Show war alles, was an Effekten benötigt wurde. Dafür präsentierte sich die Lichtshow umso bombastischer - ein LED-Balken über den Muster und Texte eingeblendet werden konnten, sorgte für den Hingucker auf der Bühne und was der Mann an den Lichtreglern aus dem zahlreichen Scheinwerfern und Moving Heads holte, war allerhöchste Klasse. Nicht nur war das Licht äußerst fotografenfreundlich (Kollegin Tina dankte es mit wirklich wunderbaren Fotos!), sondern setzte auch die einzelnen Bandmitglieder so gekonnt und präzise in Szene, dass es eine Freude war der Show zu folgen. Weniger ist eben manchmal doch mehr! Gut, die meisten EISBRECHER-Fans die das Zenith bevölkerten waren wahrscheinlich weniger an der tollen Lichtshow interessiert, als vielmehr an dem was da ziemlich gut abgemischt aus den Boxen dröhnte. Die Mannen rund um Fronter Alex, die auf eine bewegte mehr als zehnjährige Geschichte mit zwischenzeitlich sechs Studioalben, deren neuester Streich "Schock" hier betourt wurde, zurückblicken können, boten ihren Fans eine gute Mischung aus aktuellem Material und alten Gassenhauern und verstanden es ihre Songs bar jeder übertriebenen Theatralik und Dramatik mit einer dichten, ausdrucksstarken Atmosphäre auszustatten. (Anm. d. Verf.: Diesen wunderbaren Schachtelsatz widme ich unserem Lektorenteam, das unermüdlich mit virtuellem Tipp-Ex hinter der Betriebsblindheit unter verbalem Durchfall leidender Redakteure wie mir hinterherkorrigiert, und sich jeden noch so verdreht formulierten Stuss den wir hier so verzapfen reinziehen muss. Danke, ihr rockt!) (Anm. d. Lekt.: Der Stuss ist meistens gut und zumindest immer lustig zu lesen - bussi!) Nicht unerheblich für den Erfolg von EISBRECHER ist mit Sicherheit der charismatische Fronter Alex, der trotz der schieren Publikumsgröße noch immer locker-lässig mit den Besuchern zu interagieren wusste und dabei auch mitunter seinen boarischen Akzent raushängen ließ. Selbst die häufigen Jackettwechsel ließ er mit augenzwinkerndem Kommentar in die Show einfließen und sorgte, dafür dass auch die Damen und Herren hinter den Kulissen ihren verdienten Applaus bekamen. Zwischen Songs wie "1000 Narben", "Himmel, Arsch und Zwirn" und "Vergissmeinnicht" rockte sich die Mannschaft von EISBRECHER mit sichtlicher Spielfreude durch das fast zweistündige Set. Cool die Drumming-Einlage von Gitarrist Jürgen und Bassist Rupert (der Stormbringer im Übrigen in wenigen Wochen im Backstage München mit DARKHAUS erneut über den Weg laufen wird) zum elektro-lastig vorgetragenen Kult-Titel "Schwarze Witwe" - nicht minder cool der dazu gertenschwingende Fronter Alex, von dessen düster-melodischer Stimme das Stück Leben eingehaucht bekam. Im Zugabenblock ging das Publikum noch einmal richtig ab - eingeleitet von einem lässigen Drumsolo brach die "Eiszeit" über die Zuschauer herein, und machte alle so richtig "Verrückt". Hinten raus gab es dann noch MEGAHERZ' "Miststück", das EISBRECHER 2012 mit einer Neu-Version für sich okkupierten. Mit dem getragenen, etwas poppiger ausgerichtetem "Schlachtbank" vom aktuellen Album "Schock" fand die Show schließlich ihr stimmiges Ende - und die Meute im Zenith dankte es mit lautem und anhaltenden Jubel. Einen wahrhaft würdigen Tourabschluss legten EISBRECHER da in München hin!



Setlist:

(ohne Gewähr) - Volle Kraft Voraus - So oder so - Antikörper - Willkommen im Nichts - 1000 Narben - Noch Zu Retten - Leider - Prototyp - Himmel, Arsch und Zwirn - Schock - Schwarze Witwe - Zwischen uns - Rot wie die Liebe - Vergissmeinnicht - This Is Deutsch - Eiszeit - Verrückt - Miststück (MEGAHERZ-Cover) - Schlachtbank Fazit des Abends: Eine Interessante Mischung wurde da auf das Publikum losgelassen. Zunächst eine Band in Blaumännern mit seltsamen Namen, die keiner kannte, die nicht gut ankam, aber wie es aussah EISBRECHER-Fronter Alex taugte. Recherchen ergaben, dass TWELVE AFTER ELF wohl Jugendfreunde von Alex waren und sich dadurch in der Supportposition wiederfanden - eine schöne Geste, einer befreundeten Band die mit einer einzigen Albumveröffentlichung 1999 nicht gerade von Erfolg verwöhnt war, die Möglichkeit zu geben, sich einem breiteren Publikum vorzustellen. Leider haben die Herren ihre Chance, muss man ganz ehrlich sagen, so ziemlich vergeigt. Dafür verstanden es MAERZFELD sehr gut das Publikum auf Betriebstemperatur zu bringen und waren trotz einiger Schwächen eine würdige Supportband. Über die Qualitäten von EISBRECHER braucht man an dieser Stelle kaum ein Wort mehr verlieren - die Truppe rund um den charismatischen Fronter Alex Wesselsky wusste auf ganzer Länge zu überzeugen und das ohne Effekt-Overkill vergleichbar großer Produktionen. Die Besucher kamen voll auf ihre Kosten und für die Abordnung von Stormbringer heißt es: EISBRECHER, gerne jederzeit wieder! Ein großer Dank an die tollen Fotos geht an Kollegin Tina Burgstaller, mehr davon findet ihr in der Galerie!


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