26.07.2015, PMK, Innsbruck

TOXIC HOLOCAUST

Veröffentlicht am 31.07.2015

Sonntagabend, es steht folgendes zur Auswahl – im örtlichen Pub Soziologiestudien an den eingesessenen Dorfalkis durchführen, auf der Couch chillen und sich die Diskografie von Sasha Grey reinziehen oder sich einen direkten Schlag in die Fresse abholen und so abzuschädeln, dass der nächste Arbeitstag bestimmt mehr als anstrengend wird. Die Alkis laufen nicht davon und die gute Sasha kann auch später zeigen, wie viel sie schlucken kann. Also holen wir uns heute den Genickbruch und pilgern zu diesem Zweck wieder einmal in die Innsbrucker p.m.k., wo uns die Veranstalter von Church Of Goat heute ein Thrash-Brett für alle Freunde der abgefuckten Kutte und des ausgelassenen Alkoholkonsums bieten.

TOXIC HOLOCAUST sind gerade hoch im Kurs beim jungen Thrash-Volk (natürlich auch beim älteren Semester - Herr Kollege Patsch: Sie dürfen sich angesprochen fühlen!) und werden heute die Hütte abfackeln, doch zuvor dürfen noch unsere lokalen Wüstlinge von INSANITY ALERT wieder einmal beweisen, dass durchgeknallte Holländer und Tiroler Freaks ein unschlagbares Vernichtungskommando sind. Das Package erweist sich als Glücksgriff, heute pilgert so ziemlich alles, was nur im Entferntesten auf Krawall und dümmliche Thrash-Shouts steht, in die Location. Von Vorarlberg bis Kufstein zieht das Kuttenvolk in die Hauptstadt, eine seltene Begebenheit einer biblischen Volkszählung ähnlich. So voll war es schon lange nicht mehr im beengten Bogen unter den ÖBB-Gleisen und die Sauna ist vorprogrammiert… Nuke the cross! And dehydrate the crowd!. Also besser im Vorhinein ordentlich Flüssigkeit tanken, denn schon an der Bar beginnt man unterm Wifebeater auszurinnen. Ladies, es wird heiß, zieht euch gefälligst aus – welcome to „Assi Level Thrash-Prolet"! Der Start des Openers verschiebt sich dann doch um eine Dreiviertelstunde nach hinten und man ist das alte p.m.k.-Dilemma ja schon gewohnt und vertreibt sich die Zeit beim socializen… und Niveau senken. Ja, wir können immer tiefer! Vor dem Erreichen des absoluten Nullpunktes entert Heavy Kevy mit seinen Mannen dann aber doch noch rechtzeitig die Bühne… Lets go insane, Bitch!

INSANITY ALERT
INSANITY ALERT muss man hoffentlich keinem mehr vorstellen – der personifizierte Thrash-Irrsinn aus Tirol (und Holland) schwebt momentan auf einem Erfolgstsunami durch die Moshpit-Landschaft und hinterlässt neben süßen Duft der Marke Eigenanbau einen Zustand der apokalyptischen Zerstörung. „No fucking captures“ ist wie immer das Motto und den extremen Temperaturen zum Trotz tritt man wieder direkt mit den Chucks in die Kauleiste und entfesseln direkt ein Pit-Inferno wie zuletzt bei SUFFOCATION (zum Livereport) in der Location gesehen – bald wird es von der Decke tropfen! Der salzige Geschmack von Schweiß liegt einem auf der Zunge als es mit „I'm Gonna Rip Your Head Off“ ein neues Werk aus dem kranken Geist der Protagonisten hagelt und das macht gleich mehr als nur Lust auf den Nachfolger des 2014er Longplayers „Insanity Alert“ (zum Review).

Die Show… oder besser gesagt die Freakshow hat es wie immer in sich, egal ob Riesen-Happy-Zigarrette oder Riesenscherenhände bei „Confessions Of A Crabman“ (ebenfalls ein neues Geschoss) - hier wird unterhalten und das kann Rampensau Heavy Kevy in Perfektion. Der Berserker mit Ruhepuls von 150 (andere erleiden hier eine tödliche Tachykardie) springt und brüllt wie von der Tarantel gestochen, während der Rest der Band für den brachialmusikalischen Abriss sorgt, hier hat sich ein ganz besonderer Reigen an Insassen der geschlossenen Abteilung versammelt und man kann es einfach nicht oft genug betonen – INSANITY ALERT is fuckin „F.U.N.“! Die längst in Kennerkreisen zu Kult erhobenen, dezent verpeilten Ansagen des Frontberserkers sind da heute wieder einmal nur die Draufgabe. „Kiffen mit Dave“ wird bestimmt der neueste Nachmittags-TV-Hit, dass Tirol die geilste Szene besitzt wissen wir schon lange, das Gras muss wie immer vom „Weedgrinder“ vernichtet werden und mein verehrter Herr Fachkollege von und zu Patschhausen freut sich natürlich besonders über die nachträglichen Geburtstagsglückwünsche. „Der Dude war schon Thrash, bevor ihr in die Windel scheißen konntet!“ - wie jung der gute Mann jetzt wirklich ist, könnt ihr ihn selber fragen. Wir zerlegen derweilen mit „Run To The Pit“ ein letztes Mal das Interieur und leisten dem Hinweisschild gehorsam Folge… Run to the pit, mosh for your live! INSANITY ALERT haben wieder einmal Chaos und Zerstörung in Innsbrooklyn einziehen lassen und wir hoffen, dass diese Tiroler Band auch zukünftig die Beachtung bekommen wird, die sie sich mehr als nur verdient hat! Über den Hauptact berichtet euch nun unser Geburtstagsschreiberling – jetzt darf er beweisen, dass er wirklich in seiner Jugend schon härter bangte als die Scheiße in unseren Windeln roch...
















Setlist:
- Strength Of The Insane
- Slimer´s Revenge
- Macaroni Maniac
- I´m Gonna Rip Your Head Off
- Crucified By Zombies
- F.U.N. - Confessions Of A Crabman
- Mankind Eraser (Must Destroy All)
- Zongo vs. Eyeball
- Times Are A Thrashin
- Weedgrinder
- Blunt In / Blunt Out
- Glorious Thrash
- Twist-Off Betrayal
- The Claw (Of All That Is Evil)
- Desinfektor
- Run To The Pit

TOXIC HOLOCAUST
Um 22.25 Uhr hieß es Bühne frei für Joel Grinds erfolgreichstes Baby. TOXIC HOLOCAUST riefen zum "Summer Assault" und eine stattliche Anzahl an Besuchern war gierig auf den Blondschopf und seine Spießgesellen. Die in Dreierbesetzung angetretenen Thrashpunks feuerten von Beginn an aus allen Rohren. Das ohnehin schon recht heiße p.m.k. wurde mit einem bunten Underground-Potpourri aus der Veröffentlichungshistorie noch weiter angeheizt. Die amtliche Packung aus den angepunkten Thrash-Smashern tönte amtlich, wobei vor allem die Gitarre zu Gunsten des doch recht dominanten Schlagzeugs etwas in den Hintergrund treten musste (was sich auch im Laufe des Gigs nicht besserte). Action war auf der überschaubaren Bühne ohnehin kaum angesagt, zudem hatten doch sowohl Grind (der heute den Bass bediente) als auch sein Kompagnon an der Sechssaitigen ihre Shouts am Mikrofon zu erfüllen. Ohne Umschweife wurde amtlich geklopft und geschrammelt, das Trio rasierte einfach über das Publikum hinweg. Nach vorne getrieben vom Mainman pushte der Oregon-Dreier einen zackigen, auf den Punkt gespielten und kräftig angeranzten Song nach dem anderen durch die Anlage. Naturgemäß fanden die Titel vom bärenstarken „An Overdose Of Death“-Album die größte Resonanz beim trotz Sonntag feierwilligen Publikum. Das gammelige "Wild Dogs", "In The Name Of Science", "Gravelord" oder "War Is Hell" wurden von den bandkundigen Zuschauern ebenso mitgebrüllt wie die Titel vom guten letzten Output "Chemistry Of Consciousness", wie etwa "Awaken The Serpent" oder "Silence".

Dennoch wurde die Vorstellung des Stirnbandträgers und seiner Band trotz der Darbietung alter "Bandhits" wie "666" oder "Hell On Earth" zwiespältig aufgenommen. Den einen, welche die Band schon öfter live gesehen hatten, war der Headliner heute zu "rockig" und zu wenig ranzig, mir hingegen "punkten" die Stücke zu sehr um die Ecke (hing vermutlich mit der zu leisen Gitarre bzw. den zu dominanten Drums zusammen). Einig war man sich bei der spürbar fehlenden Angriffslustigkeit des Portland-Dreiers. Irgendwie wollte außer in der ersten Reihe trotz des vorne kursierenden Moshpits keine Euphorie aufkommen, auch Joel Grind beschränkte sich eher auf das Wesentliche, alles wirkte wenig spritzig und routiniert. (Mit dem Publikum) Abfeiern sieht dann doch anders aus, den direkten Vergleich hatte man zuvor bei Kevin & Co. miterlebt, die nicht nur einfach über die Audience hinweg spielten, sondern gewohnt großformatig den Bär steppen ließen und große Party machten. Die zuletzt gezockten Shows mit NUCLEAR ASSAULT oder DEATH ANGEL hatten das Profil der Parade-Crossover-Thrasher weiter geschärft.

Mit "Endless Armageddon" steuerte das Konzert dem Ende zu. Das große Finale läutete das Triple "The Lord Of The Wasteland", "Nuke The Cross" und der "Conjure And Command-Kracher "Bitch" ein, bevor der gute Joel Grind um 23.15 Uhr nach nicht einmal einer Stunde Spielzeit irgendetwas von "Beer" schwafelte und im Backstagebereich verschwand. Die ein wenig verdutzten Besucher hätten sich noch Zugaben gewünscht, dennoch war der Zauber nach rund 50 Minuten endgültig vorbei. Fazit: Aus dem erhofften Thrash-Doppelschlag-Deluxe wurde schließlich ein wie immer fantastischer Gig des Openers (selbst nach x-besuchten Konzerten überraschen INSANITY ALERT immer wieder mit ihrer unglaublichen Dynamik und Spritzigkeit) und eine eher blutarme Vorstellung des Headliners, auf den ich mich heute eigentlich sehr gefreut hatte. Matchwinner des Abends: INSANITY ALERT! [Thomas Patsch] Wieder einmal dank Church Of Goat ein fetter Abend (trotz der zwiespältigen Headlinerdarbietung und vor allem dank INSANITY ALERT) und ein gelungener Wochenendausklang. Stormbringer freut sich schon auf zukünftige Veranstaltungen und wird sich natürlich wieder mit in den Pit werfen, wenn die p.m.k. wieder brennt und der Schweiß von der Decke tropft!


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