27.07.2015, Prinzregententheater

BLACKMORE'S NIGHT

Text: mat
Veröffentlicht am 30.07.2015

Von DEEP PURPLE bis RAINBOW - was hat dieser Mann Rock-Geschichte geschrieben. Grund genug, einem der besten Saitenhexer unserer Zeit einen Besuch abzustatten, wenn sich schon einmal diese einzigartige Gelegenheit auftut. Wie Insider natürlich wissen, hat der gute alte Ritchie Blackmore den guten alten Rock von früher größtenteils hinter sich gelassen und erfüllt sich seit nunmehr fast 20 Jahren seinen musikalischen Traum. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Candice Night und einigen wackeren Mitstreitern erobert er nämlich schon seit Jahren unter dem Banner BLACKMORE'S NIGHT die Bühnen dieser Welt; sein gediegener Renaissance-Pop/Rock inklusive. Nachdem wir die letzte passende Gelegenheit (in Graz) verpasst hatten, diese spezielle Combo live zu erleben, wollten wir uns es dieses Mal keinesfalls nehmen lassen, das ehrwürdige Prinzregententheater in München aufzusuchen, um die blackmore'sche Nacht hautnah zu erleben. Gesagt, getan: Ab ins Auto und hinein in den kreisrunden Theatersaal im Zentrum Münchens, der fast bis auf den letzten Platz gefüllt war. Und das schon vor 20 Uhr - pünktlich also zum Start des Supports.

Diese - in diesem Fall dankenswerte - Aufgabe übernahm an jenem Abend der sympathische Mittelalter-Künstler THOMAS ROTH samt Band. Mit Keyboard, Bongos, Flöte, Gitarre und einer sogenannten "Keyfiddle" ("Schlüsselfidel", ein mittelalterliches Instrument, das zu allerlei Melodiebögen fähig ist) bewaffnet, spielte sich der Vierer durch ein sieben Stücke langes Set, das traditionell-bekannte Melodien und Eigenkompositionen (größtenteils reine Instrumentals) in ebenjenem eigenwilligen Schlüsselfidel-Sound verpackte. Nette, dankbare Ansagen und der obligatorische Sauf-Rausschmeißer "Was wollen wir trinken (7 Tage lang)" als gesungene Darbietung zum Schluss. Der zum großen Teil mit älterem Publikum gefüllte Saal nahm die gute Stimmung, die ROTH verbreitete, ebenso dankend auf und ließ sich von den mittelalterlichen Klängen so richtig für den bald startenden Hauptact aufwärmen. Nach einer kurzen Umbauphase samt passender Pausenglocke konnte es dann auch schon losgehen. Und eines dabei gleich vorneweg: Es konnte losgehen mit einer Show der Superlative. Gegen 21 Uhr enterten nämlich die Musiker von BLACKMORE'S NIGHT die liebevoll gestaltete Bühne samt großem Backdrop, auf dem märchenhafte Videos, Szenen und Bilder zur Unterstützung der Stimmung abgespielt wurden. Ein spartanisches Drum-Set sowie eine opulente, mit edlem Holz verkleidete Kirchenorgel rundeten das Gesamtbild perfekt ab. Einer sehr speziellen, eigenwilligen und gerade deshalb so guten Show stand also nichts mehr im Wege und genau das bekam das Publikum an diesem Abend auch geboten. Eine unglaublich gut aufgelegte Candice Night schaffte es sofort, die Zuschauer mitzunehmen. Da wurde gesprungen, getanzt, sich im Kreis gedreht und zwischen rockigen Renaissance-Titeln und zartesten Balladen hin und her geswitcht, dass es nur so kracht. Man kann von dieser musikalischen Stilistik, wie sie von BLACKMORE'S NIGHT praktiziert wird, halten was man will; dieses einzigartige Live-Erlebnis macht ihnen aber so schnell niemand nach.

Und das liegt an verschiedensten Faktoren: Einerseits natürlich am akkuraten und unglaublich vielschichtigen (E-)Gitarren-/Mandolinen-Spiel des Giganten Ritchie Blackmore, dem von seinen Kollegen auf der rechten Bühnenseite auffallend viel Platz und Freiheit eingeräumt wurde; irgendwo muss der Chef ja stehen. Andererseits liegt es an einer bezaubernden Candice Night, die nicht nur eine unglaubliche Stimmgewalt (in hohen, kräftigen sowie auch in zarten, leisen Momenten) hat. Immer am Punkt, immer mitreißend, eine Live-Stimme wie ausproduziert - einzigartig. Aber nicht nur das: Die gesamte Band ist derart aufeinander abgestimmt, dass ganz viel Spielraum für Geplauder, Gelächter, Vorstellungen und improvisierte Momente bleibt. Das funktioniert nur mit echten Musikern, die sich gegenseitig verstehen und wissen, was sie tun. Und das ist bei BLACKMORE'S NIGHT definitiv der Fall. Die grundsätzlich fixierte Setlist wird nämlich durch Songwünsche aus dem Publikum zusätzlich aufgepeppt und wenn der Meister sich wirklich einmal verspielt, hilft ihm seine Frau natürlich sofort weiter und zeigt ihm netterweise die richtige Saite. Dieses Gesamtpaket hat so viel Charme, dass man sich ehrlich gesagt wünschen würde, dass der Abend niemals enden würde. Und so fühlt es sich auch fast an, denn BLACKMORE'S NIGHT wollen am Ende ihrer diesjährigen, sehr kurzen Sommer-Europa-Tour den letzten Gig so richtig zelebrieren. Ganze 160 Minuten spielen sich Blackmore, Night und ihre Band durch ein unglaublich vielfältiges Potpourri an Eigenkompositionen und bekannten Covers (DEEP PURPLEs "Soldier Of Fortune" in etwa). In diesem Kontext funktioniert sogar das eigentlich unglaublich debile CHER-Cover "I Got You Babe", wenn danach der "Toast To Tomorrow" angestimmt wird und es bei den mitgereisten Hardcore-Fans in den ersten Reihen (stilecht gewandet in Mönchskutte, Leinenhemd etc.) kein Halten mehr gibt. Ab nach vorne, direkt vor die Bühne, Standing Ovations auch in den hinteren Reihen und ein Ritchie Blackmore, der, wenn er in einem ruhigen Moment, während Candice singt, mal keinen Part beitragen muss, gleich noch während des Konzertes Autogramme gibt. Für die erste Reihe und am Boden hockend. Sympathisch ist das, wenn auch der werte Herr Blackmore wohl keine wirklich charismatische Rampensau mehr werden wird. Seine allseits bekannte statische Art (Blick auf die Saiten gerichtet, leichtes Wippen mit den Füßen) wird aber durch das ungemein bewegliche und agile Spielvolk rund um ihn herum wettgemacht. Alles in allem ist dieser BLACKMORE'S NIGHT-Abend in München ein absolutes Highlight meiner Konzert-Historie. So spielfreudig hat man einen altgedienten Act selten erlebt. So abwechslungsreich, mitreißend und gleichzeitig eingängig und treibend war ein Konzertabend ebenfalls selten. Wer auch nur ein bisschen etwas mit dieser Art von Musik anfangen kann, sollte sich BLACKMORE'S NIGHT bei nächster Gelegenheit unbedingt live ansehen. Dieses Erlebnis lohnt sich...


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