22.07.2015, Conrad Sohm, Dornbirn

THE BLACK DAHLIA MURDER, HIRAX, NERVOSA, KRYPTOS

Veröffentlicht am 03.08.2015

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Dass nicht nur in Tirol metalmäßig der Bär steppt, ist aufmerksamen Lesern dieser Seiten in den letzten Jahren nicht entgangen. Dass jedoch auch im benachbarten Vorarlberg dank einer eingeschworenen Szene, einer fest verankerten und erprobten Club/Location-Szenerie und vor allem engagierter Veranstalter von Kultacts bis hin zu Headlinern wie ALICE COOPER oder VOLBEAT ein reichhaltiges Programm geboten wird, ist aber wohl nicht überall bekannt. Um dies zu ändern, entsandte Stormbringer (West) eine Truppe „Söldner“ in den wahren wilden Westen der Republik, um Zeugnis von den äußerst ansprechenden, metallischen Umtrieben in Vorarlberg Zeugnis abzulegen. Lest im Folgenden einen Livebericht unserer Gastautoren Michael Lang und Michael Schittenkopf, die sich gemeinsam mit unserem erprobten Fotografen Christoph Marberger über den Arlberg aufmachten und mit diesem Report gleichsam ihre schreiberische Feuertaufe feiern. Nach dem großen Gastspiel von MACHINE HEAD (zum Livereport) endlich wieder eine Dokumentation der Konzertgeschehnisse in Xi-Berg. Dieser Gig sollte auch etwas Besonderes sein, packten die Veranstalter zum Headliner doch gleichsam als Special ein fettes Dreierpack (allesamt zum ersten Mal in Vorarlberg zu sehen) drauf, das es in sich hatte. Gab es doch mit KRYPTOS aus Indien was Exotisches, mit der brasilianischen Girl-Power NERVOSA was für´s Auge und mit HIRAX einen echten Kultact auf die Lauscher! Ich gebe ab an unsere „Merceneries Under Stormbringer´s Command“…
[Thomas Patsch]
 

Das „Conrad Sohm“ liegt idyllisch an der Dornbirner Ache, etwas außerhalb der Innenstadt des Vorarlberger Städtchens gelegen. Und das ist auch gut so, denn hier kann man es so richtig laut krachen lassen bis die Ohren bluten. Das Veranstaltungszentrum war einst ein Fabrikgebäude aus der guten alten K. u. K. Monarchie (Lang lebe der Kaiser!) In den 90er Jahren wurde das alte Fabrikgebäude in einen Nachtclub umgewandelt, in dem sich schon unzählige namhafte Bands die Ehre erwiesen, aufzuspielen.

KRYPTOS
Als ich mir das Line Up des heutigen Abends anschaute, wusste ich nur, dass die heutigen Bands sehr „über-den-großen-Teich-lastig“ waren (NERVOSA aus Brasilien sowie HIRAX und der Headliner aus den USA). Umso verwunderter und beeindruckter war ich, dass KRYPTOS vom Subkontinent Indien stammen. Wer jetzt aber glaubt, dass hier eine bunte Bollywood-Folklore geboten wurde, der wurde eines Besseren belehrt. Denn die Jungs Ganesh Krishnaswamy (Bass, Vocals), Nolan Lewis (Guitar, Vocals), Rohit Chaturvedi (Lead-Guitar) und Anthony Hoover (Drums) spielten Heavy/Thrash Metal vom Feinsten. Die seit 1998 aktive Band, die sich mit mythologisch, okkulten, Sci-Fi und paranormalen Themen in ihrer Lyrik befasst, ist in der Metal Szene spätestens seit 2013 (dem Debüt Auftritt beim Wacken Open Air) und dem guten "The Coils Of Apollyon"-Album auch in Europa bekannt. Wir dürfen weiterhin gespannt sein, welch musikalischer Gaumenschmaus uns aus Indien kredenzt wird, mit der heute gezeigte Live-Leistung empfahlen sie sich jedenfalls für weitere Gastspiele in hiesigen Breiten.
[Michael Lang]
 

NERVOSA
Die drei Grazien von NERVOSA konnten letztes Jahr mit ihrem Debüt „Victim Of Yourself“ in Metalkreisen auf sich aufmerksam machen. Das brasilianische Trio, bestehend aus Gitarristin Prika Amaral, Bassistin/Sängerin Fernanda Lira und Drummerin Pitchu Ferraz hat sich Oldschool Thrash Metal, ähnlich früher DESTRUCTION, verschrieben. Dass sie selbigen auch gut beherrschen, davon konnte man sich auf dem vom österreichischen Label Napalm Records veröffentlichten ersten Album bereits überzeugen. NERVOSA machten nun auch die europäischen Bühnen unsicher und beschallten die schwarz tragende Hörerschaft vor kurzem auf dem Metaldays. Dornbirn stand nun als nächstes an. Es gab dann leider gleich eingangs Startschwierigkeiten – nein, nicht die Schuld der Band, aber soundtechnisch war, höflich ausgedrückt, beim Opener noch Luft nach oben, nachdem der Bass alles übertönte und es dem Schreiberling schwer fiel, Gesang und Gitarre überhaupt rauszuhören. Das legte sich glücklicherweise während der nächsten beiden Songs, und mit einer der Band würdigen Akustik konnten sich der Lady-Dreier seiner Mission i.e. Stimulation von Nackenmuskulatur zur rhythmischen (bei manchen mehr, bei manchen weniger) Bewegungsübung durch Schallwellen zuwenden. Mit Thrash-Brechern wie „Into the Moshpit, Death!“ oder „Victim Of Yourself“ gelang dies der tight eingespielten Truppe auch im Handumdrehen. Bonuspunkte gab es dafür, dass es den Leuten auf der Bühne gleich viel Spaß zu machen schien wie jenen davor – und zumindest Drummerin Pitchu Ferraz auch gleich verschwitzt zu sein schien wie die bangende Meute. NERVOSA mögen noch nicht die gleiche Name-Recognition wie etabliertere Combos wie HIRAX und THE BLACK DAHLIA MURDER haben, aber das ändert nichts daran, dass die Brasilianerinnen ihren besser bekannten Kollegen auf der Bühne um nichts nachstanden!
[Michael Schittenkopf]
 

HIRAX
Seit der Reformation 2000 tun die Alt-Thrasher aus Kalifornien alles, um die Welt wissen zu lassen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Von der alten Besetzung ist zwar nur mehr der charismatische Frontmann Katon D. de Pena übrig, aber das Gesicht der Band hat mit dem Brüderpaar Steve und Lance Harrison (respektive an Gitarre und Bass) und Drummer Mike Vega mehr als kompetente Rückenstärkung, die HIRAX im Jahr 2015 nach wie vor zur lautstarken, kraftvollen Einheit machen. Überzeugende Brecher wie „The New Age Of Terror“ oder „El Rostro De La Muerte“ dürfen ebenfalls als Argumente herangezogen werden, dass das 21. Jahrhundert gut zur Band war. Frisch über den Teich gejettet, konnte man die Vier gerade erst beim Bang Your Head-Festival in Balingen (zum Livereport) und dem Metaldays-Festival in Tolmin erleben. Heute galt es auch in Dornbirn zu beweisen, dass man die verehrte Hörerschaft nicht nur auf Platte, sondern auch live zum Bewegen der Nackenmuskeln überzeugen kann. Wer schon einmal einem HIRAX-Konzert beiwohnen durfte, wird wissen, dass bei jedem Gig Rampensau de Pena Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ist. So nicht anders an diesem Abend, an dem der gut aufgelegte Frontmann während des ständigen Herumturnens auf der Bühne (welches mich dazu bringt meine eigene, bemitleidenswerte Cardio zu hinterfragen) permanenten Kontakt mit dem Publikum hielt. Man konnte die Redefreudigkeit des Sängers vielleicht für etwas exzessiv halten (Gesprächsthema war in erster Linie die Zuneigung der Band zu Bier – bizarre Themenwahl bei Metallern, ich weiß), sympathisch war seine Euphorie allemal. Die Harrison-Brüder konnten sich auch mal via Soli in den Mittelpunkt spielen, 15 Minuten Ruhm für jeden. Auf der Performanceseite gab es sowieso nichts zu meckern: von alten Klassikern wie dem angepunkten „Destroy“ oder der das Konzert abschließenden Stressnummer „Bombs Of Death“ bis zu neuerem Material wie dem monströs groovenden „El Diablo Negro“, bei dem es sich der selbsternannte Black Devil mit dem markanten Organ nicht nehmen ließ, sich selbst abzufeiern (was ihm wahrscheinlich keiner im Raum missgönnte), war alles so wie es sein sollte – wuchtig, energisch, gut, und live nochmal um zwei Ecken aggressiver als auf Platte. HIRAX - bitte noch öfters vorbeischauen!
[Michael Schittenkopf]

Setlist:
- 100,000 Strong
- Hellion Rising
- Baptized By Fire
- Lucifer's Inferno
- Blind Faith - Black Smoke
- Earthshaker
- Hate, Fear & Power
- Hostile Territory
- La Boca De La Bestia
- Destroy
- El Diablo Negro
- Atlantis
- Barrage Of Noise/Walk With Death/The Plague
- Broken Neck
- Bombs Of Death

THE BLACK DAHLIA MURDER
Die Band aus Detroit ist bekanntlich benannt nach dem Mordfall an Elisabeth Short (schwarze Dahlie deshalb, weil sie so schön war) im Jahr 1947 in Los Angeles, die am Torso in zwei Hälften geschnitten wurde und einen Glasgow Schnitt im Gesicht hatte (wie etwa der Joker in Batman). Jetzt aber genug der Abscheulichkeiten (wir sind ja hier nicht bei CSI Stormbringer), mag nicht nach jedermanns Geschmack sein. Aber was die Jungs Brian Eschbach (Guitars), Ryan Knight (Guitars), Max Lavelle (Bass), Alan Cassidy (Drums) rund um Frontmann Trevor Strnad (Vocals) seit ihrer Gründung 2001 von sich gegeben haben, machten Sie richtig. Ihre Formel heißt schnell gezockter, melodischer Death Metal mit viel Power, gepaart mit Texten rund um Tod, Mord, Boshaftigkeit, Sündhaftigkeit und Satanismus. Wer lieber Geschichten über Orks, Werwölfe und Co. mit nettem musikalischen Hintergrund hören will, der sollte besser zuhause bleiben, denn die Konzerte der Jungs sind auf keinen Fall ein Kindergeburtstag! Sobald die Band die Bühnenbretter enterte, legte sie richtig los. Kein langes Herumgeschwafel, eine Nummer folgte der anderen, sodass man schnell in den Bann des Fünfers gezogen war. Dies war heute vor allem Frontmann Trevor Strnad zu verdanken, der wußte, wie man dem Publikum so richtig anheizt. Das Schwergewicht der heute gespielten Titel lag auf den letzten beiden Alben „Everblack“ und „Ritual“ und neben Bandklassikern wie „What A Horrible Night To Have A Curse“ oder „Everything Went Black“ gab es heute mit „Vlad, Son Of The Dragon“ auch einen Song vom im September erscheinenden neuen Album „Abysmal“ zu hören. Die anwesenden Fans bekamen ihre Vollbedienung und man darf auf die nächsten Konzerte der Truppe aus den Vereinigten Staaten gespannt sein.
[Michael Lang]

Setlist:
- In Hell Is Where She Waits For Me
- Moonlight Equilibrium
- On Stirring Seas Of Salted Blood
- Vlad, Son Of The Dragon
- Statutory Ape
- Raped In Hatred By Vines Of Thorn
- Phantom Limb Masturbation
- Everything Went Black
- Malenchantments Of The Necrosphere
- Necropolis
- Den Of The Picquerist
- Their Beloved Absentee
- Miasma
- Deathmask Divine
- What A Horrible Night To Have A Curse
- I Will Return

Fotos: Christoph Marberger.


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