16.12.2010, Cvetličarna Mediapark

THRASHFEST 2010 @ Ljubljana

Veröffentlicht am 20.12.2010

Die Sektkorken knallen zwar erst in knapp zwei Wochen, aber zumindest das Metaljahr 2010 kann dieser Tage mit Pauken und Trompeten abgeschlossen werden. Verantwortlich dafür sind vier - teilweise generationsverschiedene - Bands, die unter dem Banner THRASHFEST 2010 auf europäischer Zerstörungstour sind. Das Paket des Untergangs erstreckt sich in der kalten Vorwinterzeit von Stuttgart über Oslo bis nach Köln, tuckert insgesamt dreieinhalb Wochen ohne Pause über den alten Kontinent. Nachdem schon Wien und München zerpflückt wurden, visierte die Stormbringer.at Belegschaft auch den Cvetlicarna Mediapark im slowenischen Laibach an, um die Rumpel-Legenden KREATOR, EXODUS und DEATH ANGEL samt dem griechischen „Package-Benjamin“ SUICIDAL ANGELS eines strengen Blickes zu unterziehen.

Abenteuerliche Schneefahrten sind an diesem eisigkalten Donnerstag glücklicherweise nicht nötig. Trotz der traditionell frostigen Vorweihnachtstemperaturen fällt weder im Süden Österreichs, noch in Slowenien Schnee. Kekse-back und Liedchen-sing Stimmung ist sowieso verpönt – das monströs besetzte THRASHFEST verleitet viel eher zum kollektiven Genickabschrauben und zügellosen Moshgebolze. Der Mediapark an der Stadtgrenze Laibach erweist sich passenderweise als sympathische Location. Schräg ausgerichtete Bühne, ausreichend Platz für Toiletten, Mischpult, Merch und Bar und ein Raucherhof mit (über)lebenswichtigen Heizstrahlern. Die südländische Nachwuchshoffnung

SUICIDAL ANGELS

kann aus interviewtechnischen Gründen leider nicht verfolgt werden. Das SLAYEReske Geshredder – wiedergegeben als akustische Gesichtsbrecher der Marke „Reborn In Violence“, „Bleeding Holocaust“ oder „Dead Again“ - drückt aber derart impulsiv, dass selbst die Buffetplatten im Backstagebereich ehrfürchtig erzittern.

Die Bay Area Legenden

DEATH ANGEL

sind – mit Verlaub – doch ganz andere Kaliber. Dass man die Abgänge der Urmitglieder Dennis Pepa (Bass) und Andy Galeon (dr) gut verkraftet hat, haben die Kalifornier schon in vielen Liveshows und mit dem grandiosen Album „Relentless Retribution“ bewiesen. Ein 50-Minuten Slot ist angesichts des wuchtigen Backkatalogs des Quintetts natürlich nicht viel, aber den ca. 600-700 Anwesenden im rappelvollen Mediapark scheint die extrovertierte Bühnenshow absolut zuzusagen. Neben Front-Derwisch Mark Osegueda befinden sich auch die Axtschwinger Rob Cavestany und Ted Aguilar in Dauerrotation. Sehen tun wir nur die Endphase dieses Riffmassakers, aber ein explosives „Truce“, das voller Inbrunst vorgetragene „River Of Rapture“ und die feurige Mähnenschüttler-Hymne „Thrown To The Wolves“ hinterlassen nichts als verbrannte Erde. Die verschwitzten Massen bestätigen den einwandfreien Auftritt der sicher fittesten Band des Abends.

Nach dem Geschwindigkeitsinferno der Todesengel, legen die Nachbarn von

EXODUS

einen weiteren Flächenbrand der Sonderklasse. Die Thrash-Version von Welttrommler Tom Hunting und Konsorten ist bekanntlich etwas drückender und rollender, den komplett unter Strom stehenden Slowenen gefällt es sichtlich. Zwischen dem rollenden Opener „The Ballad Of Leonard And Charles“ und dem perfekt gewählten Abschlusssong “Good Riddance” liegt eine knappe Stunde minutiös abgedrücktes Rifffeuer, bei dem sich Lee Altus und Solokönig Gary Holt die Fingerkuppen um die Ohren schmeißen. Bei All-Time Klassikern wie „Lesson In Violence“ und „Bonded By Blood“ verwundert es auch wenig, dass sich teilweise der halbe Saal im Circle-Pit befindet. Der pummelige Front-Prolet Rob Dukes erwischt auch einen guten Tag und übt sich immer wieder in motivierenden Ansagen, schmeißt auch mal selbst einen der zahlreichen Stagediver von der Bühne und krönt sein Lästermaul mit einem amüsanten Chuck Billy-Bashing. Ob EXODUS jetzt ihre unvergesslichen Old-School Hadern zelebrieren oder lieber mit Reunions-Stoff für Headbanging sorgen, ist nebensächlich. Ein „The Toxic Waltz“ funktioniert live genauso gut wie „War Is My Shepherd“. Zwischen den Gitarrenkanonaden von Gary Holt, dem arschtighten Geprügel Tom Huntings und der keifig-aggressiven Thrash-Röhre von Rob Dukes herrscht angenehm qualitätsvolle Harmonie. Das kann auch die völlig schwachsinnige Wall Of Death Aufforderung Dukes‘ bei „Strike Of The Beast“ nicht schwächen. Die Publikumsresonanz steht dem Gig in nichts nach – ein gestähltes Freudenfest.

So gesegnet wie in der Wiener Arena sind Mille und seine Spießgesellen in Laibach nicht. Für seitwärts eingerichtete Podeste und eine Videowall ist in dem klein gehaltenen Klub einfach kein Platz, da aber noch vom EXODUS-Gig Kondenswasser von den Wänden tropft, sollte die musikalische Darbietung der drei Ruhrpötter samt Finnen genügen, um die hervorragende Stimmung weiterhin aufrecht zu erhalten.

KREATOR

fahren von Beginn weg schwere Geschütze auf und sorgen mit „Violent Revolution“, „Phobia“ und dem gottgleichen „Terrible Certainty“ für kreisende Nacken. Nach den Aggro-Eruptionen der amerikanischen Kollegen tun die deutlich epischeren Werke der Teutonen direkt gut. Bei „Enemy Of God“ lässt sich gut Geschwindigkeit rausnehmen, mit „Voices Of The Dead“, dem KREATORschen „South Of Heaven“, kehrt sogar im dauerbesetzten Moshpit Ruhe ein. Die schon von Kollege Reini in Wien kritisierten Verbal-Peinlichkeiten von Veggie-Mille sind auf Englisch nicht mehr ganz so fremdschämend, trotzdem schütteln auch unsere südlichen Nachbarn über die gezwungen wirkenden Plattitüden ab und an den Kopf. Das verzichtbare 90er Jahre Material wird klugerweise ausgespart, die zurecht populärste Thrash-Schmiede Deutschlands konzentriert sich in der zweiten Hälfte des Sets ganz auf ihre Old-School Klassiker. „People Of The Lie“, „Pleasure To Kill“ und „Coma Of Souls“ bilden eine homogene, alles vernichtende Einheit, die aber nur die Einleitung zum obertruen Zugabeblock ist. Ein unschlagbares „The Pestilence“, der Fahnenschwinger „Flag Of Hate“ und das unsterbliche „Tormentor“ beschließen die 80-minütige Thrash-Lehrstunde, nebenbei verspricht Mille 2011 am nächsten Album zu feilen und einen Auftritt beim nächstjährigen Metalcamp. Angesichts der tadellosen Darbietungen gehen die beiden Headliner mit einem klassischen „x“ vom Platz. Till next time guys!


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