18.03.2011, Wiener Stadthalle

TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA - Beethoven's Last Night Tour 2011

Veröffentlicht am 19.03.2011



Wenn Perfektion zur Routine wird - oder: TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA in Wien

Nun, es kommt ja ohnehin schon selten vor, dass melodischer Metal oder Hard Rock in heimischen Gefilden regen Zuspruch findet; umso unwahrscheinlicher schien es mir da, dass die erste Europa-Tour des vor allem in den USA sehr bekannten und beliebten TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA, gerade in Wien viele Besucher anlocken würde; hatte man sich doch immerhin die Stadthalle F als Veranstaltungslocation gewählt. Ein risikoreiches Unterfangen, wie ich meinte - das sich aber letztlich offensichtlich gelohnt hat! Denn überraschend gut gefüllt war das Foyer bereits, als ich um kurz nach sieben Uhr Ortszeit bei der Stadthalle eintraf, und der Eindruck blieb auch bestehen: Die etwa 3000 Leute fassende Halle war doch zu großen Teilen ausverkauft - insofern bereits hier mal ein deutlicher Sieg für das TSO rund um die Masterminds und SAVATAGE-Legenden Chris Caffery, Al Pitrelli und Paul O'Neil; Mountain King JON OLIVA konnte auf der Tour leider doch nicht dabei sein. So, was darf man sich von einem TSO denn nun erwarten? Nun, wohl eine erstklassige Show, starke Performance und gute Songs, richtig? Und tja - das alles haben die Amerikaner auch geboten. Aber wieso blieb bei mir dann dennoch ein etwas schaler Nachgeschmack im musikalischen Munde zurück? Denn eigentlich müsste die Show des TSO ja genau meinen musikalischen Nerv treffen; was also lief falsch - oder besser gesagt, zu gut? Nun, für mich lag hier in der Perfektion einfach der Hund begraben: Denn das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA liefert auf ihrer "Beethoven's Last Night"-Tour eine von vorne bis hinten fehlerlos durchinszenierte und routinierte Show ab, die natürlich mit erstklassigen Leistungen von Ensemble und Sängern brillieren kann; aber genau dadurch für mich viel an "Feeling" und einfacher Rock-Attitüde einbüßt. Erschwerend kam noch hinzu, dass die "Beethoven's Last Night"-Scheibe - die übrigens in ihrer Ganzheit performt wurde - zu großen Teilen in den Gesangsparts aus sehr langsamen, balladesken Songs mit vielen half-time Parts besteht, und so in den ersten anderthalb Stunden der Show eigentlich kaum nennenswert gerockt wird, sondern man von einer typischen Musical-Ballade zur nächsten wandert, immer wieder unterstützt und geleitet von dem allerdings unterhaltsamen und talentierten Schauspieler, der hier den Geschichtenerzähler gibt, und der auch schon mal mit kreativer deutscher Aussprache zum Schmunzeln anregt, wenn da aus J.W. von Goethe auf einmal der Herr "Goth" wird. Einige Highlights gibt's natürlich schon zu verzeichnen: So war für mich an diesem abend Jeff Scott Soto, der die Rolle des "Mephistopheles" übernommen hat, der absolute Gewinner dank dämonischer Ausstrahlung, immenser Bühnenpräsenz und großartiger Stimme, und dabei auch der einzige der Truppe, der wirklich authentisch "rockt" - bei den anderen, trainierten Musical-Sängern sind die Emotionen natürlich auch perfekt inszeniert, aber kommen eben wie "vom Blatt gesungen" daher und wirken daher einfach aufgesetzt; auch jener Darsteller, der die Rolle des "Beethoven" übernehmen durfte, konnte mich begeistern, da seine Stimme teilweise doch sehr an jene des großen MEAT LOAF erinnert - was in meinem Buch natürlich immer ein Gewinn ist.

Tja, und so kämpfte man sich eben durch eine etwas langatmige Präsentation des "Beethoven's Last Night"-Materials: Eine wie erwähnt bis ins Detail perfekt inszenierte Show mit zahlreichen Lasershow-Einlagen, Feuerwerfern, einstudierten Powerslides des sympatischen Violinisten, natürlich dem einen oder anderen Flitzefinger-Solo von Chris Caffery und dem besagten hochklassigen Musical-Gesang. Schön, präzise - aber leider auch etwas glatt, aufgesetzt und künstlich. Musical eben. Eines muss man dem TSO aber zu Gute halten: Richtig Stimmung kam dann beim Zugabenblock nach der Aufführung der kompletten "Beethoven's Last Night" auf. Hier lieferte man dann mit einem Medley aus dem SAVATAGE-Klassiker "Sleep" und dem BEATLES-Gassenhauer "Help" einen hervorragend Einstieg in die Encores, der gefolgt wurde von einer Interpretation des bekannten "O Fortuna" aus der Carmina Burana von Carl Orff, sowie der "Toccata und Fuge in D-Moll" von Johann Sebastian Bach, dem Hummelflog von Rimsky-Korsakow und - natürlich - der "Hall Of The Mountain King" von Edvard Grieg (allerdings ohne der "Hall of the Mountain King von SAVATAGE"). Der geplante SAVATAGE-Reunion-Zugabenblock musste dann wohl leider ob der Abwesenheit des großen JON OLIVA ausfallen, aber einen Klassiker gönnte man dem sehnenden Publikum dann doch: Und so wurde als letzte Zugabe bei endlich aufkommender Stimmung und Standing Ovations das großartige "Chance" fulminant dargeboten. Fazit: Gute 3 Stunden ertklassig inszenierte Broadway-Show bekommt man hier für sein Geld, und daher kann das TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA bedenkenlos all jenen empfohlen werden, die auch sonst mit Musical etwas anfangen können; wer dann noch etwas für klassische Musik übrig hat, er wird sich natürlich auch über die zahlreich eingestreuten Beethoven-Zitate wie "Für Elise", der "Mondschein-Sonate" und natürlich den populären Symphonien Nummer 5 und 9 freuen. Alles in allem enttäuscht das TRANS SIBERIAN ORCHESTRA keinesfalls, mir war's aber doch einen Tick zu glatt und perfekt, und zu wenig Rock'n'Roll. Und tja, irgendwie hofft man am Ende ja dann doch noch auf die omniöse SAVATAGE-Reunion, die da einfach nicht und nicht kommen will... Aber... Maybe, all we need to do... is believe.

Setlist TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA:

1.Overture 2.Midnight 3.Fate 4.What Good This Deafness 5.Mephistopheles 6.What Is Eternal 7.Mozart and Memories 8.Vienna 9.Mozart 10.The Dreams of Candlelight 11.Requiem (The Fifth) 12.The Dark 13.Für Elise 14.The Fifth 15.After the Fall 16.A Last Illusion 17.This Is Who You Are 18.Misery 19.Who Is This Child 20.A Final Dream 21.Sleep(Savatage)/Help(The Beatles) Medley 22.Carmina Burana: O Fortuna 23.Toccata and Fugue in D minor 24.Flight of the Bumble Bee 25.Hall of the Mountain King(Grieg) 26.Chance(Savatage)


WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE