25.01.2012, Feierwerk

KYLESA

Veröffentlicht am 02.02.2012

Letzten Mittwoch lud ein interessantes Tourpackage in die große Hansa 39 Halle des Münchner Feierwerks. Die in der Szene hoch geschätzten US-amerikanischen Psychedelic Sludger KYLESA hatten mit CIRCLE TAKES THE SQUARE und KEN MODE zwei Bands im Schlepptau, die man in unseren Breitengraden nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Kein Wunder also, dass sich der Veranstalter trotz des ungünstigen Konzerttermins und der bitterkalten Außentemperaturen über ein volles Haus freuen konnte.

Den Anfang machte das kanadische Trio KEN MODE. Die Musik der aus dem Brüderpaar Jesse und Shane Matthewson und Bassist Andrew LaCour bestehenden Truppe kann grob als sludgiger Noise Rock/Hardcore bezeichnet werden. Diese Beschreibung legt die Vermutung nahe, der Sound der Band käme einer musikalischen Abrissbirne gleich. Vollkommen richtig! Wie eine Walze überrollten KEN MODE die glücklich angekommenen Zuschauer und hinterließen zumindest in den Gehörgängen der Anwesenden nichts als Schutt und Asche. Diese brachiale Show, bei welcher sich Frontmann Jesse ganzen Litern an Körperflüssigkeiten entledigte, machte durchaus Laune, doch ein gewisses Maß an Eintönigkeit und Vorhersehbarkeit muss man der Musik der Kanadier trotzdem anlasten. Live wussten KEN MODE also zu gefallen, doch ob dies auf Platte auch der Fall ist, wage ich zu bezweifeln, bis ich mich vom Gegenteil überzeugt habe.

Von einem ganz anderen Kaliber waren da schon die zwei Jungs und das Mädel von CIRCLE TAKES THE SQUARE. Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 gilt die genauso wie KYLESA aus Savannah, Georgia stammende Gruppe als Vorreiter in Sachen progressivem Screamo. Leider hat man mit ''As The Roots Undo'' aus dem Jahr 2004 erst ein, wenn auch geniales Album veröffentlicht. Am Nachfolger wird noch immer gebastelt. Umso besser aber, dass uns die Band trotz dieser Belastung mit einem Auftritt beehrt. Und der hatte es wahrhaft in sich! Man war zwar ohne Zweitgitarrist David Rabitor nach Europa gereist, doch das fiel gar nicht weiter ins Gewicht. Eine derart emotionsgeladene und dennoch musikalisch-technisch perfekte Show habe ich selten erlebt. Die ständig wechselnden Gesangsarten und die damit verbundenen erzeugten Stimmungen, von düster-gekeift bis hin zu zerbrechlich-geflüstert, vermochten den Zuhörer ohne Frage mitzureißen. Kein Wunder, dass CIRCLE TAKES THE SQUARE gnadenlos abgefeiert wurden, selbst von manch böse dreinblickendem Metaller, der sonst, wenn er nur das Wort Screamo hört, sofort abwinkt. Jetzt muss also nur noch das neue Album fertig werden und CIRCLE TAKES THE SQUARE können meiner Meinung nach zu unbegrenzt hoher Popularität gelangen.

So überraschend großartig CIRCLE TAKES THE SQUARE auch waren, insgeheim hatten die meisten Anwesenden nur auf die Show des Headliners gewartet. KYLESA betraten nach einer relativ kurzen Umbaupause, wenn man die Massen an Equipment bedenkt, die die Band benötigt, die Bühne und legten, ausgestattet mit einer Projektion des Covers ihres aktuellen Albums ''Spiral Shadow'', sofort voll los. Jeder, der das Quintett schon einmal live erleben durfte, weiß, dass Gigs von KYLESA, nicht zuletzt wegen ihrer zwei Drummer, etwas ganz Besonderes sind. Hierbei zu erwähnen sind die außergewöhnliche Effektarbeit von Gitarrist und Sänger Phillip Cope, die instrumentale Klasse von Neu-Basser Carl McGinley und die tollen, dank des mittelmäßigen Sounds nur zu erahnenden Soli von Frontfrau Laura Pleasants. Wahrlich: Der etwas bescheidene Sound hat das ansonsten wie immer großartige Konzerterlebnis etwas geschmälert. Trotzdem gehören KYLESA in ihrer musikalischen Sparte mit zu den besten Live-Acts und man kann sich sicher sein: diese Band wird bald wiederkommen. Hinsichtlich der Songauswahl wurde ein deutlicher Schwerpunkt auf die zwei letzten, deutlich progressiveren und weniger Sludge-lastigen Alben gelegt. KYLESA Setlist (ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit): Said And Done Only One Tired Climb To Forget Forsaken Bottom Line Don't Look Back Distance Closing In A 110 Degree Heat Index Unknown Awareness Scapegoat Running Red Hollow Severer Where The Horizon Unfolds Insgesamt betrachtet war es, von ein paar kleinen Mängel abgesehen, ein zufriedenstellender Konzertabend. KYLESA haben wieder einmal gerockt und mit CIRCLE TAKES THE SQUARE habe ich eine Band kennen und lieben gelernt, die mir vorher nicht einmal richtig bekannt war. Was will man denn bitte mehr?


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