01.02.2013, KuFa (Kulturfabrik)

BELPHEGOR, ASPHAGOR

Veröffentlicht am 04.02.2013

Die KuFa Kufstein hatte ja schon die eine oder andere Blastattacke (u.a. NAPALM DEATH) unbeschadet überstanden. Heute trat die Salzburger Sturmtruppe von BELPHEGOR an, die Kulturstätte in ihren Grundfesten zu erschüttern. Mit dabei eine Auswahl von Bands aus dem Tiroler Unterland, die dieses Vorhaben phontechnisch unterstützen sollten. Die Band-Mischung am heutigen Abend stimmte perfekt, endlich wurde in Tirol mal wieder ordentlich „geballert“ (zuletzt ja eher die Ausnahme in der ausgedünnten Metal-Konzertlandschaft), BELPHEGOR kündigten mit ihren „20th Anniversary Special Jubilee Shows" die Öffnung der Hölle an, was sollte also einem geilen Freitagabend im Zeichen des extremen Metal entgegenstehen?

SUICIDE

Die reanimierten Tiroler Unterländer durften kurz nach 19 Uhr das abendliche Feiertagsprogramm im Zeichen des Metals einläuten. Während der Schreiber dieser Zeilen auf der Autobahn noch in den Genuß des „IG-L“-100ers kam (dessen einschläfernde Wirkung dank des Tempomaten und eines gut aufmunitionierten MP3-Players etwas gemildert wurde), lärmte die Combo, bei welcher der ASPHAGOR-Drummer am Bass aushalf, um den Gig zu retten, bereits in der KuFa. Fotografin Tina zufolge geriet der Auftritt der sich zuletzt mit dem „Decade of Suicide“-Quasi-Best of-Album zu Worte gemeldeten SUICIDE vor heimischem Publikum aber zu einem ansprechenden Erfolg.

AMONGST THE DECEIT

Die Band hatte ich bislang noch gar nicht auf dem Radar, umso größer war die Überraschung als diese Death Metal-Abrißbirne aus heimischen Landen die Bühne der KuFa enterte. Wuchtig drückte sich mir das wüste Geknüppel entgegen. Brutal, amerikanisch, technisch, gut … so lautet das Fazit zu dieser Combo aus dem salzburgischen Hallein. Wie schon auf dem Album rührte auch am heutigen Abend DEVASTATING ENEMY-Tausendsassa Tom Urbanek die Kessel (zuletzt ja hier beim MARROK-Konzert). Die technischen Finessen des immer wieder an IMMOLATION oder VITAL REMAINS erinnernden Quintetts beschränkten den Aktionsradius und forderten die volle Konzentration der Musiker. Lediglich der mit freiem Oberkörper agierende Frontmann Thorn (dem anfänglich das Mikro zu leise eingestellt wurde, was seiner Aussage nach aber öfter passieren soll) brachte etwas Schwung in die ansonsten eher statische Bang-Performance. ATD waren allerdings ein Paradebeispiel dafür, wie eine Band das Publikum auf Betriebstemperatur bringen kann. Anfänglich noch eher verhaltene Reaktionen wichen mit zunehmender Spieldauer, heftigen Blastattacken, groovigeren Parts und Killersongs wie „Dawn Of The Martyr“ begeistertem Beifall. AMONGST THE DECEIT waren für mich heute die Überraschung des Abends, davon bitte mehr!



RELINQUISHED

Sänger Sebastian brachte es relativ am Anfang des Konzerts unumwunden auf den Punkt. RELINQUISHED waren die ruhigste Band des Abends. Da ruhig jedoch relativ ist und nicht automatisch mit langweilig gleichzusetzen ist, darf ich die Kunde von einem gelungenen Konzert der Ebbser verbreiten. Inmitten des akustischen Fö(h)nsturms des heutigen Abends setzte das Quintett mit ihrem progressiv angehauchten Metal voller Verzweiflung, Hingabe und Anspruch, der immer wieder von wuchtigen, Death Metal-artigen Eruptionen durchbrochen wurde, Akzente. Immer melodisch, mal düsterer, mal mit großen, Hoffnung verheißenden Emotionsbögen, kredenzten uns die Tiroler ihr Oeuvre, welches das Auditorium die Ohren spitzen ließ. Basser Dominik präsentierte sich mit seinem Fünfseiter als agiler Basser, Gitarrist Simon sorgte für den Klargesang, während Frontmann Sebastian den aggressiveren Vocalteil übernahm, mit Ansagen im Unterländer Dialekt für heimelige Gefühle sorgte und überhaupt mit seinem Batman-Sweater für einige verwunderte Blicke sorgte. Die beim österreichischen Noisehead Plattenlabel unter Vertrag stehenden Metaller boten einen wirklich überzeugenden und klassen Gig, bei dem die fünf Unterländer die auf Konserve gezeigten großen Qualitäten auch live adäquat umsetzen konnten. Der Haken an der Sache war der, dass das hochklassige und packende Songmaterial live fast ein wenig zu verspielt, verquer, ja fast sperrig rüberkam, sodass sich die zahlreich anwesenden Fans eher auf´s genauere Hinhören beschränkten. Dennoch wurde zwischen den Songs nicht mit Applaus gegeizt, die Fanbase feierte ihre Lieblinge entsprechend ab und so konnte der Gig trotzdem als Erfolg verbucht werden.

ASPHAGOR

Als es im Vorfeld um die Auswahl der Vorband ging, konnte die Wahl eigentlich nur auf die Angerberger Wüteriche fallen. Nicht nur aufgrund ihrer lokalen Verankerung, auch wegen der soundtechnischen Ausrichtung sowie der hohen Qualität des Songmaterials durfte der Schlachtruf eigentlich nur „ASPHAGOR“ lauten! Kurz nach 22 Uhr regierte auf der nieder ausgelegten Bühne jedenfalls das kollektive Schwarz, nicht nur die Kleidung, auch die Stimmung im Saal und der Sound verdunkelten sich im Handumdrehen! Besonders gelungen dabei die Kreation des Outfits von Gitarrist Atlas, der in der mittlerweile gewohnten Lederhose steckte, die abseits der Schwärze und der MARDUK-artigen Schmink-Gräue ein Tribut an die Pflege der Tradition und der lokalen Note darstellt. Nicht zuletzt deshalb vermochte die Band aufgrund der stilsicheren Verschmelzung dieser Gegensätze besonders zu punkten. So muss wohl die vielgepredigte wahre Rebellion aussehen!

Die seit 2007 umtriebigen Unterländer schafften es auch am heutigen Abend die pure Energie aus der PA drücken zu lassen, die für diesen Sound nötige theatralische Atmosphäre zu kreieren und sich in diesem Umfeld stilsicher zu bewegen. Das Quintett schien förmlich wie die Black Metal-Könige in der quasi zum Prunksaal umfunktionierten KuFa zu thronen, um ihren wuchtigen, getragenen Black Metal in einem würdigen und gleichzeitig ungestümen Rahmen über das Publikum zu ergießen. Aktivposten ist Sänger Steff aka Morgoth, der auf Teufel komm raus agitierte, gestikulierte und rhythmisch bangte. Im Hintergrund ließ es sich Zeugler Sargoth nicht nehmen, zum ordentlichen Vermöbeln seiner Trommeln die Textzeilen der Songs ebenfalls vor sich hin mitzusprechen, Basser Aeshma steuerte am Bühnenrand noch evil Backingvocals bei. Die Unterländer schöpften aus dem Vollen und präsentierten neue Songs von der kommenden CD, dabei kristallisierte sich vor allem das gewaltige „Anti“ als packender Live-Track heraus, der sofort ins Ohr ging. Beim abschließenden „Havoc“ war die Meute dann kaum mehr zu bändigen. Der Song ist einfach ein veritabler Hit, das mussten selbst „Schönwettermetaller“ schon eingestehen, leider ist der Song nicht auf der gleichnamigen CD enthalten, sonst hätte die einstige Bewertung der CD vielleicht doch ein wenig korrigiert werden müssen, schließlich ist „Havoc“ allein schon fast die vergebenen 2,5 Punkte wert. Wer es nicht zu glauben vermag, der höre hier nach! Die Tiroler Black Metal-Institution war eine ideal gewählte Vorband, die wiederum eine bärenstarke Live-Leistung ablieferte und das Publikum perfekt auf den sich immer konkreter zusammendräuenden Soundsturm namens BELPHEGOR einstimmte.

Setlist ASPHAGOR:

- Cemetary Of Gods - Katharsis - Rebirth ( In The Age Of Nemesis ) - Suffering Flesh - Sallow Sparkled Light - Anti - Havoc



BELPHEGOR

Schon die Begrüßung „Hallo ihr Schweinefi*ker!“ war eine Ansage und machte unmissverständlich klar, was Sache ist. BELPHEGOR-Konzerte sind keine Kindergeburtstage und so stand auch der heutige Abend wieder im Zeichen des Gehörnten und der ihm geschuldeten Extremität und Blasphemie, das Quartett brachte Blut und Perversion über die beschauliche Festungsstadt am Inn. Auch die hohe Anzahl an BELPHEGOR-Merch-Trägern machte deutlich, wer heute hier regieren sollte! Es war dies die erste Show seit den „Chapter X“-Pre-Release Shows im Herbst 2012. Während auf dem Extremefest 2012 noch Bandintimus "Barth" Resch (dem als „Bloodbrother“ der Band „Hell's Ambassador” gewidmet wurde) den Gesang zur Schonung von Helmuth übernahm, hätte heute der Botschafter aus dem Purgatorium wieder soweit fit sein sollen, dass nun er wieder alle teuflischen Fäden in der Hand hält. Fronter Helmuth Lehner präsentierte sich (nach der erlittenen Typhusinfektion, der dadurch geschädigten Herzklappe und des notwendigen operativen Eingriffs) gut genesen und angriffslustig, dies allerdings nur an seiner Gitarre. Die Band ist derzeit leider noch ein Opfer des Gesundheitszustand Helmuths. Goat sei Dank grundsätzlich wohlauf, sind die Strapazen auf der Bühne wegen der Doppelbelastung Gitarre/Gesang aber doch noch zu groß, sodass die heutige – ursprünglich mit Helmuth als Sänger geplante – Liveschlacht doch noch vom holländischen Frontbeast Schoft geschlagen wurde, der folglich die Bühnenmitte dominierte und starke Kehlkopfakrobatik darbot, während sich Helmuth auf der Seite postierte und die temporär gewonnene Freiheit zum dämonischen Posen bzw. diabolischem Augenverdrehen und die Darbietung der abgedrehten Gitarrensoli nutzte. Nach dem Intro starteten die bösen Buben kurz nach 23.30 Uhr mit dem mächtigen „In Blood - Devour This Sanctity“ in ihr Liveset, das insgesamt vier Songs vom letzten, starken Album „Blood Magick Necormance“ enthielt, auf dem die Band ja vermehrt ihre epische Seite hervorkehrte und sich merklich gereifter, wenngleich nicht ausgewhimpt präsentierte, vielmehr gewann das Set auch hier merklich an krankem Druck. Dermaßen dissonant, fräsend und gewaltig darf ein Einstieg in ein Liveset sein. Es folgte ein wilder Ritt durch die knallharten und pechschwarzen Oden gegen Klerus & Co., BELPHEGOR hießen uns in ihrem provokativen und klischeebehafteten, aber genau deswegen umso unterhaltsameren Kosmos rund um Blut, Sex, Perversion, Ziegen, Gasmasken, Totenschädel und sonstigem Schweinskram willkommen und fanden die richtige Mischung aus extremem Geknüppel und tempomäßig gedrosselteren Brechern. So wurde beim geilen „Lucifer Incestus“ das Gaspedal wieder voll durchgetreten, die alte Dreschorgie „Necrodaemon Terrorsathan“ wurde frentisch begrüßt, während bei den gezüglt-epischeren Songs wie „Impaled Upon the Tongue of Sathan” oder „Rise to Fall and Fall to Rise“ eine mächtige Wall of Sound aus den Boxen drückte.

Der Sound am heutigen Abend war ansprechend geraten, wohlfeil ausbalanciert und wurde dem explosiven und kranken Soundinferno der Salzburger gerecht. Die spartanische Lightshow ließ die live fast immer überzeugende Band leider des Öfteren im Dunkel erscheinen, dennoch kämpfte sich das Haudraufkommando immer wieder ins Rampenlicht, in dem besonders der tschechische Basser Serpenth mit seiner Bühnenaction eine gewohnt gute Figur machte. Dahinter thronte der – wie Shoft und Helmuth – blutüberströmte Gastschlagwerker Marthyn, der die Band variabel im Blaststurm nach vorne drosch oder den diabolischen Rhythmus wie etwa beim lässigen, schlagzeugdominierten „Justine: Soaked in Blood“ vorgab. BELPHEGOR boten eine famose und lautstark bejubelte Rückkehr mit einem starken Auftritt, jedoch setzte die heutige Show leider nicht die aufgrund der Ankündigung als „20th Anniversary Special Jubilee Shows“ erwarteten Akzente. Vielleicht hegte so mancher wohl zu große Erwartungen (Gastspiele ehemaliger Bandmitglieder, lange nicht gespielte Songs, ausgedehnte Show etc.) in diese Showcases. Dass heute Abend auf grandiose Schweinsschädeln, Feuersäulen o.ä. verzichtet werden musste, war jedem, der die niedrige KuFa-Bühne kennt, klar. Zumindest tummelte sich auf der Bühne allerlei totes Getier in Form von Gehörn und Knochen. Dennoch hätte man mit den Spezial-Jubiläumsgigs vielleicht bis später ins Jahr hinein warten sollen, bis Helmuth die Doppelbelastung Gesang/Gitarre besser bewältigen kann oder auf speziellen Events das volle, oben beschriebene Programm auffahren sollen. Ich verwende diese Floskel nur ungern….aber seien wir uns ehrlich…eine BELPHEGOR-Show ohne Helmuth am Mikro kann einfach keine Jubiläums-Show sein. Punkt, aus, fertig. Trotz allem machte aber das heutige Konzert allerdings ganz unmissverständlich klar, dass die Band ihren Zenit noch lange nicht überschritten hat und nach der vollständigen Genesung der erfolgreiche Kreuzzug zur Eroberung des Black/Death-Throns mit unverminderter Härte und Zielstrebigkeit fortgesetzt werden wird. Der unglaubliche Brachialhit „Bondage Goat Zombie“ vom gleichnamigen Album bildete das Finale Furioso dieser arschtighten, kompakten Live-Orgie, danach war – dem Gesundheitszustand von Helmuth Tribut zollend – nach rund 55 Minuten Sense, leider schloß sich die akustische Hölle, auf eine Zugabe und lässige Classics und Kracher wie „Stigma Diabolicum“, „Bleeding Salvation“ oder „Walpurgis Rites“ musste leider verzichtet werden. Über 320 Zuschauer machten den heutigen Abend zu einem tollen Erfolg für den Veranstalter, der sich darin bestärkt sehen sollte, wiederum (wenn auch selektiv!) Bands der härteren Gangart in hiesigen Gefilden aufmarschieren zu lassen. Der Headliner entschwand nach einer lässigen Spontan-Fotosession im Backstagebereich in die Nacht in Richtung Frankreich, wo in Macon das nächste Massaker stattfinden sollte. Was man vom neuen, zehnten Album erwarten kann, wird man wohl im Laufe des Jahres erfahren können.

Setlist BELPHEGOR:

- Intro / Feast Upon The Dead - In Blood - Devour This Sanctity - Angeli Mortis De Profundis - Belphegor - Hell's Ambassador - Impaled Upon The Tongue Of Sathan - Necrodaemon Terrorsathan - Veneratio Diaboli - I Am Sin - Lucifer Incestus - Justine: Soaked In Blood - Rise To Fall And Fall To Rise - Bondage Goat Zombie


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