09.05.2015, Altes Kino Landeck, Landeck

ATTIC - Shamanic Invocation Tour

Text: Thomas Patsch | Fotos: Laichster
Veröffentlicht am 12.05.2015

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Ein weiterer Kultgig stand heute im Heiligen Tiroler Land ins Hause. Wieder im Oberland, wo der Verein Rock Inn mit beständiger Konstanz (siehe Aufstellung am Seitenende) die Heimat metal-missioniert. Zu diesem Behufe lud man eine der heißesten Combos der aktuellen Metalszene ein, die eine überraschend starke Supportband mitbrachte und von unserem heimatlichen Verwüstungskommando komplettiert wurde. Los geht´s allerdings mit einem Local-Act, über den Kollege Laichster berichten wird:

FEUERTEUFEL:
Eigentlich ist das Wetter viel zu schön, um sich jetzt schon in die Dunkelheit des alten Kinos zu stellen. Viel zu bequem chillt man auf der Terrasse vor der Location mit Kollege Patsch, aber wenn man sich auch gerne weiter frühsommerlichen Wetter ergötzen würde, so muss man sich doch wohl oder sicher vor die Bühne begeben um den heutigen Opener zu begutachten. Der Herr Kollege verbleibt derweilen zum Fachsimpeln auf der Terrasse…man will den guten Herrn ja nicht überstrapazieren. Apropos Opener, back to business - FEUERTEUFEL aus Imst dürfen heute eröffnen und ob das jetzt ein Geschenk der großen Alten ist, war schon im Vorhinein zu bezweifeln. Stilistisch geht die Sache ja in Richtung „Metal für Kids und betrunkene Spaßfraktion“. Sorry Jungs, es ist einfach unmöglich, eine Mischung aus AMON AMARTH – Riffs und RAMMSTEIN/OOMPH – Texten sonderlich ernst zu nehmen. Die absolut unlustigen, für Fronter Niki dagegen wahrscheinlich amüsanten Ansagen retten die Show auch nicht, einzig über die Soundqualität kann man nicht meckern, aber für die zeichnet sich ja der Mann hinter den Reglern aus.

Dem einheimischen weiblichen Jungvolk (nein meine lieben Krawallgirls, ihr seid natürlich nicht angesprochen, den ihr wart ja stilbewußt vor der Tür und habt die Contenance gewahrt) gefällt die Darbietung dann anscheinend doch und so dürfen sich neben KISSIN DYNAMITE ab heute auch FEUERTEUFEL mit dem Spruch „Was hat zwanzig Beine und keine Schamhaare? Die erste Reihe bei einem FEUERTEUFEL-Konzert!“ brüsten. Geschmäcker sind verschieden und als die letzte erlösende Note erklingt geht es nervlich am Sand wieder retour zum Herrn Kollegen, der für das Verheizen meines Gehörs irgendwann noch eine Kiste Bier abzutreten hat! Mehr von ihm nun zum Thema TRANSILVANIA.
[Laichster]

TRANSILVANIA
Nach dem Live-Debut auf dem jetzt schon legendären Alpine Steel-Festival (zum Festivalreport) und dem Gig in Hall sollte die transilvanische Horde heute auch im Oberland einfallen. Dies tat sie auch unter lautem Getöse und schien dabei über sich hinauszuwachsen. Das Quartett hatte inzwischen deutlich an Liveroutine gewonnen, das war heute deutlich merkbar. Vor allem die Sechssaiter, die sich keineswegs verstecken müssen, hatten inzwischen deutlich Selbstbewußtsein getankt, was sich in einem harmonischen, tighten Zusammenspiel widerspiegelte, und sowohl beim waffenklirrenden Mammon als auch beim in einer roten Spandexhose steckenden Olfpulsus spürbar war. Es war eine Wonne, den beiden beim Riffen und beim Zocken der melodischen Gitarrenläufe lauschen zu können. Lediglich der Gesang von Possessor war viel zu leise und als ob der Frontmann dies gemerkt hatte, versuchte er, sein zu leise geschaltenes Mikrofon durch sein teils orgiastisch anmutendes Bühnengebärden wett zu machen. Die Augen gen Himmel verdrehend und Schreie aus den absonderlichsten Untiefen der Hysterie und des Wahnsinns ausstoßend, entfesselte der manische Fronter seine Dämonen und schien Himmel und Hölle zugleich beschwören zu wollen.

Die räudige wie gleichsam elegante Mischung aus hemmungslos-eisigen Eruptionen und dem an die großen Metalmeister erinnernden Heavy Metal-Teile vermag bei jedem weiteren Hördurchgang zu begeistern. Die gereifte Band überzeugte die Anwesenden, was sich in lautstarkem Applaus widerspiegelte, sodass sogar der Headliner des heutigen Abends das infernale Quartett interessiert beäugte. Besonders packend wird es bei TRANSILVANIA immer dann, wenn die Gitarren „übernehmen“ und lässigen Titeln wie etwa „Guardians Of Necropolis“ oder „Morbid Majesty“ zusätzliche, aufregende Momente verleihen und die organisch und bestialische klingende Krawallorgie im Kerzenschein und stimmiger Lichtshow im Schein des nordischen Himmels unter dem Zeichen des schwarzen Mals nach morbiden Visionen im teutonischen Thrash-Keller klingen lassen. Ein weiterer gelungener Gig neigte sich nach rund einer halben Stunde dem Ende zu, meiner Meinung nach der bisherige Höhepunkt in der noch kurzen Livehistorie, der aber mächtig Appetit auf die in Bälde erscheinende erste Demo-EP dieses infernalen Kommandos machte! Heute eher auf den Headliner fixiert und eher in der Abteilung "Fast & Furious" (Danke Armin und Karin für die Kategorisierung) unterwegs, übergebe ich noch einmal an Kollegen Laichster, der sich (ebenso wie einige andere) von CARONTE spontan mächtig ergriffen zeigte und die Berichterstattung somit ebenso spontan an ihn übertragen wurde...

Setlist:
- On The Back Of Satan´s Stallion
- One Night In Salem
- Guardians Of Necropolis
- Morbid Majesty
- Moonlight Sorcery
- Transilvania

CARONTE
Meine Wenigkeit darf nun den Leser durch den Auftritt von CARONTE führen, welche dem werten Fachkollegen Patsch nicht sonderlich zuzusagen schienen. Werter Herr Kollege sie sind ein Kulturbanause auf höchster Stufe, aber das sollte doch spätestens seit ihrem 30 SECONDS TO MARS – Abenteuer (zum Livereport) allgemein bekannt sein. CARONTE hingegen sind etwas für Gourmets, für Liebhaber des düster Doomigen und des Okkulten mit Aleister Crowley – Einschlag. Schon allein das Backdrop der Italiener wirft nur so mit Symbolik um sich, dass man sich fragt, ob dem ebenfalls anwesenden Schreiberkollegen und TRIUMPHANT–Fronter Persekutor schon einer abgeht? CARONTE – Zeremonienmeister Dorian Bones kleidet sich heute übrigens mit einem Bandshirt der Tiroler Old-School-Jünger. Es scheint als hätten sich da zwei verschollene Seelen, trotz komplett unterschiedlicher musikalischer Ausrichtung gefunden, ein Hauch zarter Romantik liegt in der Luft. Diese wird aber gleich zerstört, denn wie zähflüssige Lava walzt die Formation durch das atmosphärisch einer Kultstätte ähnelnde alte Kino. „Ode To Lucifer“ vom Debütalbum fesselt einen dann gleich unbändig in den schweren Strukturen, die, getragen von Drummer Mike De Chirico und des Fronters sakralen Vocals, von etwas Großem künden.

„Wankan Tanka Riders“ vom 2014er „Church Of Shamaniac Goetia“ ist dann auch nicht gerade von schlechten Eltern und beamt die letzten Unüberzeugten in ein finsteres Paralleluniversum. Dass kurzzeitig der Sound knackst übersieht man dann gerne, denn alles andere wird in Perfektion dargeboten. Von den stoisch agierenden Bassisten Henry Bones und Gitarristen Tony Bones bis hin zum als Ritual zelebrierten Spiel des Fronters, der so überzeugend wirkt, dass man ihm jedes Wort für bare Münze abkauft. Bei aller Erhabenheit des Auftritts entpuppt sich die Band am späteren Abend noch als äußerst sympathischer Haufen, mit dem man gechillt ein Bier kippen kann. Noch eine letzte Empfehlung am Ende - wer CARONTE noch nicht kennt, der sollte sich die Combo schnellsten live reinziehen oder in den nächsten Plattenladen hüpfen und sich „Church Of Shamaniac Goetia“ checken. Die LP entpuppt sich übrigens nach dem Öffnen des Schubers als besonderes Schmuckstück, kommt ja schließlich auch von Van-Records und die wissen halt noch, wie man Platten stilgerecht aufputzt. 
[Laichster]

ATTIC
War das Publikum von den Italienern mit ihren atmosphärisch-schweren Doom/Stoner-Walzen schon schwer durchgegart worden, hielt nun endgültig das Dunkle Einzug. ATTIC kündigten ihre Niederkunft mit einem mächtigen Schwung Weihrauch und einem stimmungsvollen Intro an, bevor sich um 23.45 Uhr die Wunderstimme von Meister Cagliostro im Alten Kino erhob. Was nun folgte war eine rund 70minütige, okkulte Messe, die vom Sänger, begleitet von stimmungsvoller Lichtshow und Kerzenschein, gelesen wurde. Die Bühne diente als Kirche, das Drumpodest als Altar, der mit allerlei Devotionalien und Gimmicks (Totenkopf, Kerzen, Madonnenstatue etc.) geschmückt war. Über allem thronte ein Band-Backdrop sowie ein mächtiges umgedrehtes Kreuz, hinter dem der Drummer Platz nahm. Flankiert von Sidedrops zelebrierten die Deutschen ihr Konzertprogramm, die Saitenfraktion changierte tourlich und sorgte stil- und atmosphärebewußt für genügend Dynamik im Bühnengeschehen, amtlich gepost und gebangt wurde ohnehin. Spieltechnisch tadellos gastierte heute einer der heißesten Acts der neuen Metalszene in Tirol. Verdient hat sich das Quintett den Erfolg allemal, wie der heutige Gig wieder eindrucksvoll unterstrich. Ein faszinierender Hinhörer war wieder einmal das überirdische Organ des Meisters am Mikro, der auch dank des gelungenen Live-Sounds sein volles Stimmvolumen aufbieten konnte. Wem gesangstechnisch knietief und schier zum Verwechseln ähnlich gehuldigt wurde, konnte man auf der Lederjacke von Cagliostro ablesen, auf der unübersehbar ein MERCYFUL FATE-Backpatch prangte, wenngleich der Sound der Band sich nur teilweise an den großen Dänen anlehnt. Und wie schon beim Keep It True-Festival 2013 (zum Livereport) überzeugte der Sänger auf voller Länge, welch eine Göttergabe, welch ein Organ! Ein neuer, stark klingender Song, “Sanctimonious“ fand Einzug ins Live-Set, ansonsten wurde das famose "The Invocation"-Album heute komplett durchgespielt, ein Kracher wie “Join The Coven” schon recht früh im Set rausgehauen. Ansonsten überzeugten etwa der Opener, "The Invocation" oder "Ghost In The Orphanage", wohingegen "Satan´s Bride" mächtig und flott drückte. Allesamt kleine Perlen, die zeigen, welcher Kracher den Deutschen bereits mit ihrem Debutalbum gelungen ist. In der schummrigen Atmosphäre des Alten Kinos, das für solche Gigs geradezu prädestiniert ist, konnten ATTIC alle Trümpfe ausspielen und Gänsehautfeeling erzeugen, der omnipräsente Weihrauch-Geruch unterstrich das Gesamtkonzept und rundete die magisch-sakrale Messe ideal ab. Ansonsten trennte das Organ im Auditorium die Spreu vom Weizen. KING DIAMOND-Ungeübte suchten mehr und mehr das Weite, seine Verehrer lagen Meister Cagliostro aber sprichwörtlich treu zu Füßen, was sich nicht zuletzt darin widerspiegelte, dass sogar eine Zugabe gefordert und schließlich auch dargeboten wurde, bevor den lange ausharrenden Fans kurz vor ein Uhr früh die endgültige Absolution erteilt wurde.

Ein weiteres Konzerthighlight fand ein mehr als würdiges Ende. Der einzige Österreich-Gig der 18 Dates umfassenden „Shamanic Invocation“-Tour, welche die Band vom UK bis hinunter nach Serbien führen sollte, war absolviert. Zuschauertechnisch bewegte man sich heute nach dem glänzenden Auftritt der EpicMetal-Größe ATLANTEAN KODEX (zum Livereport) (samt mickriger Zuschauerzahl trotz freien Eintritts) glücklicherweise im knapp dreistelligen Bereich, sodass dieser Coup, den Rock Inn heute wieder gelandet hatten, perfekt abgerundet wurde. Der Erfolg ist nicht zu gering zu schätzen, immerhin ist das Tiroler Oberland Metal-technisches Niemandsland, das aber bei Konzerten dieser Güteklasse auf eine treue Gefolgschaft aus der Landeshauptstadt samt Umgebung zählen darf. Was der Verein hier Gig für Gig mit viel Herzblut, tatkräftigem Einsatz, einem feinen Gespür für Kultkapellen sowie beständiger Konstanz auf die Beine stellt, ist ein richtiger Wahnsinn, der zumindest von Seiten des Stormbringers auch weiterhin mit Präsenz und Berichterstattung supportet wird. An weiteren Auftritten von Kultacts wird gearbeitet, die nächste Sause hält am 20.06.2015 mit IRON KOBRA, MORTICIAN und SPEEDBREAKER alte Bekannte bereit.

Setlist:
- Arrival Intro
- Funeral In The Woods
- Join The Coven
- Sanctimonious
- Black Mass Intro
- Satan´s Bride
- Ghost In The Orphanage
- Edlyn
- In The Chapel Intro
- The Invocation
- Evil Inheritance
- The Headless Horseman
- Dying World (PENTAGRAM Cover)
- Devourer Of Souls

Weitere LIVEREPRORTS

zu den Rock Inn-Veranstaltungen findet ihr hier: => IRON KOBRA, MANIC DISEASE, KAPUJETTO (15.12.2012) => MORTICIAN, BLIZZARD, INSTINCTHATE (16.02.2013) => PURGATORY, INSANITY ALERT, SLICE (04.05.2013) => WITCHING HOUR, SPEEDBREAKER, FORNICATOR (02.11.2013) => NOCTURNAL, ERL, TRIUMPHANT (25.01.2014) => STEELPREACHER, LIQUID STEEL, FEUERTEUFEL (08.03.2014) => WITCHBURNER, MANZER, SILIUS (21.06.2014) => FLESHLESS, PROFANITY, AVENGING ANGELS (15.11.2014) => DESASTER, SILIUS (07.02.2015)


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