23.11.2010, Backstage (All Area)

AMORPHIS

Veröffentlicht am 29.11.2010

An einem kalten Spätherbstdienstag lud ein wahrhaft illustres Tourpaket ins Münchner Backstage, um dem Publikum ein paar warme Stunden voll von melancholischem Metal zu bieten. Headliner ist niemand geringeres als die Institution in Sachen finnischen Metals, AMORPHIS. Diese Tour fand natürlich anlässlisch der Veröffentlichung ihres aktuellen Albums 'Skyforger' statt, zu welchem es schon im letzten Jahr zu ungefähr gleicher Jahreszeit auch eine Tournee gegeben hat. Damals noch mit BEFORE THE DAWN und AMORAL im Gepäck, hat sich das Sextett mit GHOST BRIGADE und ORPHANED LAND diesmal deutlich bessere und eigenständigere Supportacts besorgt.

Die ebenfalls aus Finnland stammenden progressiven Sludger GHOST BRIGADE eröffneten den Abend und stellten die vorhin von mir erwähnte Qualität eindrucksvoll unter Beweis. Es wurden zwar nur Songs vom aktuellen Album 'Isolation Songs' gespielt, was aber keinesfalls störte, da das Material dermaßen stark und eingängig ist, dass einem schier die Worte fehlen. Hämmer wie 'My Heart Is A Tomb' und 'Lost In A Loop' kamen bei den zahlreichen Metalheads mehr als gut an. Daraus lässt sich schließen, dass das Quintett durch seinen Auftritt im Mai zusammen mit INSOMNIUM schon einige Zuschauer mit ihrer energetischen Show überzeugen konnte. Einziger Negativpunkt war die viel zu kurze Spielzeit von einer knappen halben Stunden. Den melancholischen Wehklagen von GHOST BRIGADE hätte man nämlich noch stundenlang lauschen können. Diese Band ist wahrhaft eine der größten Hoffnungen der weltweiten Metalszene!

Nun folgte der Auftritt einer momentan ebenfalls recht populären Band. Es dreht sich natürlich um das israelische Folk Metal Outfit ORPHANED LAND. Ob die Truppe die Lobeshymnen, die auf ihr neues Album 'The Never Ending Way of ORwarriOR' angestimmt wurden auch live rechtfertigen können, solte sich in der nächsten Dreiviertelstunde zeigen. Als dann Sänger Kobi Farhi, ganz provokativ in eine Jesuskutte gekleidet, die Bühne betrat, hielt sich die Beigeisterung beim Publikum noch in Grenzen. Zu fremd und eigenartig erscheint die Musik, welche sich gekonnt zwischen traditionellen orientalischen Klängen und hartem Melodic Death Metal bewegt. Als dann aber der sympathische Leadgitarrist Yossi Sa'aron ein klassisches Gitarrensolo vom Feinsten losließ, war der Bann gebrochen. Das Publikum feierte die Band frenetisch, wobei kein Unterschied zwischen alten Songs und Stücken vom neuen Album gemacht wurde. Selbst zu einigen Mitgröhl- und Klatschaktionen konnte Frontmann Kobi die Fans animieren, wobei aber die musikalische Versiertheit seiner Mitstreiter keineswegs auf der Strecke blieb. Einziger Schwachpunkt des Auftritts war die Tatsache, dass aufgrund der komplizierten Klangwerke der Band, das Meiste im Hintergrund vom Band laufen musste. Somit wirkte die Show etwas klinisch und farblos.

Nun war es endlich soweit. Nach einer recht langen Umbaupause, in welcher die Bühne mit dem Cover des neuerschienen Klassikeralbums 'Magic & Mayhem - Tales from the Early Years' ausgestattet wurde, betraten AMORPHIS die große Bühne des Backstage Werks. Allein aufgrund der Bühnenausstattung kam die Hoffnung auf, dass diesmal ein besonderer Wert auf die eben neuaufgenommenen Klassiker gelegt wird. Dieser Wunsch wurde leider nur teilweise erfülllt. Die Gruppe aus Helsinki spielte wie immer hauptsächlich Songs der neueren Alben, wobei diesmal Stücke wie 'Course of Fate' oder 'My Sun' vom aktuellen Album 'Skyforger dargeboten wurden, da man diese auf der letztjährigen Tour außenvorgelassen hatte. Natürlich durfte auch der Charthit 'Silver Bride' nicht fehlen, welcher vom Publikum auch dementsprechend abgefeiert wurde. Insgesamt präsentierte sich die Truppe um Dreadlockkunstwerk Tomi Joutsen recht spielfreudig und erlaubte sich keinerlei Schwächen. Ebenjener schwang seine Haarwürste wiedermal auf eine äußerst beeidruckende Art und Weise, macht aber auch stimmtechnisch eine gute Figur. Zum Schluss und nach mehrmaliger Aufforderung seitens des Publikum wurde noch die absolute Bandhymne 'Black Winter Day' ausgepackt, bei der es kein Halten mehr gab.

Abschließend betrachtet war es ein sehr schöner, wenn auch kein unvergesslicher Konzertabend. Jede Band gab ihr Bestes, wobei vor allem GHOST BRIGADE einen bleibenden Eindruck hinterlassen konnten. AMORPHIS sind live sowieso immer ein wahres Spektakel und wirklich jeder Metaller sollte einmal einen Gig dieser großartigen Combo erlebt haben. Und doch sollte einmal der Tag kommen, an dem die Truppe nur Songs von den drei alten Alben zum Besten gibt. Damit dürften wohl die Träume zahlloser Musikfreunde wahr werden.


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