08.04.2013, ((szene)) Wien

PAIN OF SALVATION - Acoustic Tour

Veröffentlicht am 15.04.2013

Leider allzu selten sind sie hierzulande anzutreffen, die schwedischen Progger von PAIN OF SALVATION, doch Anfang April 2013 war es wieder einmal soweit, und erneut hatten wir es der heimischen Prog-Institution CONXIOUS zu verdanken, die die Mannen rund um Mastermind Daniel Gildenlöw in unsere schöne Hauptstadt eingeladen hat. Und es versprach schon vorab, ein grandioses Konzerterlebnis der anderen Art zu werden, sind doch PAIN OF SALVATION derzeit auf großer Acoustic-Tour unterwegs; und wer das legendäre "12:5"-Album der Schweden kennt, der weiß, dass sich die Herren auch in der Unplugged-Situation mehr als pudelwohl fühlen - und vielleicht sogar noch stärker agieren, als in der "klassischen" Prog-Metal-Fasson. Doch WIE grandios der Abend letztlich werden sollte, das konnte wohl vorab keiner erahnen. Den Abend eröffneten - selbstredend - die Gentlemen von CONXIOUS höchstselbst, und leider war es mir auf Grund von terminlichen Kollisionen nicht möglich, den gesamten Gig der Band mitzuerleben. Der abschließende lautstarke Applaus vom Publikum lieferte jedoch Zeugnis genug dafür, dass auch der Opener des Abends absolut punkten konnte; gerne werde also auch ich dies Versäumnis bei nächster Gelegenheit nachholen.

Die erste richtig große Überraschung gab es dann aber in Form von ARSTIDIR. Die Band mit dem un(be)schreiblichen Namen besuchte uns nämlich aus dem schönen Island, und durfte als erstes das großartige Bühnen-Setup bespielen, das PAIN OF SALVATION uns diesmal mitgebracht hatten. Daniel Gildenlöw macht keine halben Sachen, und so hat er sich auch diesmal nicht lumpen lassen, und hat für die Tour ein ganzes Wohnzimmer im 1970iger-Jahre-Stil mitgebracht. Das passt natürlich hervorragend zum Motto und Ambiente der gesamten Tour, und verlieh dem Spektakel eine ganz eigene Note. Die bereits erwähnten Isländer machten sich das dann auch gleich zu nutze, und eröffneten ihr Set bereits unter Beteiligung von Maestro Gildenlöw an den Vocals - und bereits hier waren erste hochgezogene Augenbrauen zu bemerken. Das isländlische Sextett agierte nämlich in einer Besetzung ohne Schlagzeug, dafür mit Cello und Violine - und auch wenn die folgenden Songs vornehmlich auf Isländisch gesungen waren (und wohl kein Mensch im Publikum auch nur ein Wort davon verstanden hat), so war über den ganzen Auftritt der Isländer hinweg absolute Gänsehaut garantiert. Sehnsüchtige Stücke, getragen von den klaren Stimmen der sechs Isländer (und ja, von denen können alle richtig, richtig gut singen), untermalt von traurigen Melodien von Geige und Cello - wenn es eine Möglichkeit gibt, die landschaftliche Schönheit Islands in Musik einzufangen, dann ist dieses Kunststück den Jungs von ARSTIDIR wohl restlos gelungen. Wenn Island irgendwie klingt - dann klingt Island wie ARSTIDIR. Auch die großartige ANNEKE VAN GIERSBERGEN hat mit den Isländern gemeinsam ihren ersten Auftritt, und ist wie immer in erstklassiger Form - neben der beinahe überirdischen Performance von ARSTIDIR wirkt jedoch auch sie fast ein wenig verloren. Schwer beeindruckend sind neben den wundervollen Songs der Band auch die mehrstimmigen Gesangseinlagen - zwischendurch gibt's überhaupt noch ein rein a capella vorgetragenes Werk, bei dem dann nur noch offene Münder im Publikum zu sehen sind. Die Reaktionen im Publikum fallen auch dementsprechend aus, und nach ihrem - für viele wohl viel zu kurzen - Set werden die Isländer mit lautstarken Ovationen frenetisch abgefeiert, und können den Wien-Gig wohl als absoluten Siegeszug verbuchen. Unfassbare Band, unbedingt bei nächster Gelegenheit live ansehen!

Dass ANNEKE VAN GIERSBERGEN nicht nur zu den besten Sängerinnen der Szene zählt, sondern auch auf der Bühne eine unglaublich liebenswerte Präsenz hat, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Und so verwundert es auch kaum, dass Anneke auch in Wien ein herzerwärmende Performance hinlegt, und etliche Klassiker ihrer früheren Band THE GATHERHING genauso aus dem Hut zaubert wie Nummern von AQUA DE ANNIQUE und auch das beliebte Cover "Time After Time". Dabei agiert Anneke zu großen Teilen im Soloformat, einzig mit einer Gitarre bewaffnet, und verwandelt so die bekannten Titel in ganz eigene Kreationen. Zwischendurch dürfen dann auch nochmal ein paar der Jungs von ARSTIDIR aushelfen, und auch Anneke wird mit verdientem Applaus bedacht - auch wenn der vielleicht nicht ganz so überbordend ausfiel wie zuvor noch bei den Isländern.

Setlist ANNEKE VAN GIERSBERGEN:

My Electricity 4 Years Yalin Time After Time Beautiful One Locked Away Circles Drowning Man

Schließlich enterten dann die Headliner des Abends die Bühne, und erstmals kommt auch das bereits seit Beginn aufgebaute Drumset zum Einsatz; ebenso ein stilecht gehaltenes Piano. Und was soll man noch viel sagen über PAIN OF SALVATION? Daniel Gildenlöw ist nicht nur - immer noch - ein begnadeter Songwriter und ein großartiger Sänger, und auch nach dem Ausstieg seines Bruders Kristoffer und dem langjährigen Drummer Johan Langell hat der Maestro wieder eine erstklassige Riege an Musikern um sich geschart, um seinen musikalischen Visionen Leben einzuhauchen. Dabei entscheid sich der Meister für eine Setlist, die sämtliche Schaffensperioden seiner Band umfasst: Von Klassikern früherer Tage wie "The Perfect Element", "King of Loss" und in Form der Zugabe "Chain Sling", über Hits jüngerer Generation wie dem neuen Song "Falling Home" und "Disco Queen" bis hin zu originellen Covers von Klassikern wie DIOs "Holy Diver" in einer beeindruckenden Jazz-Version und LOU REEDs "Perfect Day" haben Herr Gildenlöw und Konsorten alles dabei, und liefern dabei - unterstützt von neo-TIAMAT Gitarrist Roger Öjersson und im Laufe des Sets auch nochmals von ANNEKE VAN GIERSBERGEN (mit der es ein vom Publikum beschmunzeltes Cover der KRIS KRISTOFFERSON-Nummer "Help Me Make It Through The Night", hierzulande vielleicht besser bekannt als "Gö du bleibst heut Nacht bei mir" von STS, gab) und auch ARSTIDIR - ein gelungenes Potpourri aus den durchwegs hochklassigen Alben dieser leider immer noch sträflich unterbewerteten Band. Was am Ende übrig bleibt, ist ein Konzertereignis der absoluten Sonderklasse, von denen es in dieser Form wirklich nur ganz wenige gibt. PAIN OF SALVATION brillieren in verschiedensten Stilrichtungen und stellen ihre Vielseitigkeit unter Beweis, ANNEKE VAN GIERSBERGEN veredelt mit ihrer sympathischen Art und großartigen Stimme das Rahmenprogramm - aber die großen Gewinner des Abends sind zweifelsfrei die Isländer von ARSTIDIR, deren Auftritt einem Triumphzug gleichkam. Glücklicherweise war die Show - besonders für einen Montag - sehr gut besucht, und es darf gehofft werden, dass man diese erstklassigen Bands und Künstler bald wieder in Wien erleben darf. Bislang wohl DAS Konzertereignis des Jahres - und eines, dass verdammt schwer zu toppen sein wird.

Setlist PAIN OF SALVATION:

Falling Home Diffidentia Linoleum Mrs. Modern Mother Mary Ashes Help Me Make It Through The Night Perfect Day She Likes to Hide To the Shoreline Holy Diver Stress Disco Queen Second Love Iter Impius The Perfect Element Spitfall No Way King of Loss ------------- Dust in the Wind Chain Sling 1979


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