20.10.2014, Gasometer, Wien

IN FLAMES + WOVENWAR + WHILE SHE SLEEPS

Veröffentlicht am 10.11.2014

IN FLAMES wieder mal in Wien (insgesamt schon das zehnte Mal seit 1997!), für mich die Band die ich ungeplant sicher am öftesten gesehen habe, da sie auf Festivals ja schon fast zu omnipräsent waren. Besonders in Österreich war es für die Melodic Death Metal-Vorreiter bei drei Besuchen am Nova Rock nicht schwer eine ordentliche Fanbase aufzubauen. Und man sah der Menge auch an, dass das eher jüngere Publikum, in dem sich auch überraschend viele Mädels tummelten, auf Festivals rekrutiert wurde. Die meisten Hardcorefans der Anfangsphase haben IN FLAMES jedoch schon am Weg links liegen lassen. Jetzt stellt sich also die Frage: Darf man als Metalhead IN FLAMES eigentlich noch cool finden? Die Antwort gibt vielleicht der folgende Konzertbericht.

Vorbands, die ich dank solcher Headliner antesten kann, finde ich manchmal sogar einen Deut interessanter als den Hauptact an sich. WHILE SHE SLEEPS machten an diesem Abend den Anfang und die klingen ja auf Platte durchaus interessant, fett produziert, fette Riffs, fette Doublebass. Da kracht es ordentlich, aber live konnte das Material soundbedingt nicht überzeugten. Frontmann Lawrence Taylor hätte ja eine kraftvolle Stimme, aber die Backgroundgesänge vom Rhythmusgitarristen Mat Welsh waren furchtbar, irgendwelche Gesangseffekte konnten da auch nichts mehr retten.

Von der Performance her gab die Band aber Vollgas, da kann man gar nichts dagegen sagen und die Energie auf der Bühne übertrug sich auch auf das Publikum, welches die Halle des Gasometers bereits gut füllte. Die größtenteils jungen männlichen Fans waren von Beginn an in Partystimmung, moschten bei den Nackenbrechern wie "This Is The Six" ordentlich und auch eine Wall of Death gab es schon zu sehr früher Stunde. Die lässigen Melodien bei Songs wie das eher ruhig beginnende "Crows" gingen im Soundbrei leider unter, was blieb waren coole Breakdowns, die sicher auch besser knallen hätten können. Besonders der letzte Song "Seven Hills" blieb dennoch im Ohr hängen. Vielleicht überzeugen die Jungs bei besseren Soundbedingungen, die Vorstellung im Gasometer war nicht unbedingt "the yellow from the egg."

Nicht nur ich war sehr gespannt auf die mit Vorschusslorbeeren überworfenen WOVENWAR, deren Debüt-Album ja auch definitiv überzeugte. Gleich der Opener „All Rise“, samt Riffattacken, genialen Melodien und einem lässigen Schlagzeugbeat, machte klar, dass hier Profis am Werk sind. Man merkt, dass die Jungs ihre Chance nutzen wollen nicht einfach eine Nachfolgeband von AS I LAY DYING zu sein, sondern in neue Gefilde aufzubrechen. Metalcore ist das natürlich keiner mehr, aber der Stimme von Frontman Shane Blay kann man sich nicht entziehen. Ich finde das schlichtweg genial.

Die hymnischen Refrains suchen ihresgleichen, das klingt auf CD fett, live ist das natürlich schwieriger umzusetzen, besonders wenn die akustischen Rahmenbedingungen fehlen. Die Halle war schon ziemlich voll zu dem Zeitpunkt, waren doch viele sehr neugierig was da vor IN FLAMES kommen mag. Der Platzmangel an gewissen Stellen der Halle ließ aber leider nicht mehr so viel Raum zu moshen und im Vergleich zur WHILE SHE SLEEPS ging es um einiges gemäßigter zu. Kann schon sein, dass WOVENWAR einigen nicht hart genug waren, aber diese Band strahlt eine ungeheure Frische aus, die mit nur einem Album absolute Killersongs wie „Profane“ am Start hat.

Bei Songs wie „Tempest“ passt einfach alles zusammen, der Schlagzeug- und Bassgroove, die phänomenale Gitarrenarbeit und darüber der einzigartige Gesang von Shane Blay bei dem jeder Ton sitzt. Einige Parallelen zu IN FLAMES gibt’s dann beim Hauptriff von „Matter Of Time“ und auch wenn der Song zwischendurch fetzt, sind die getragenen Gesangslinien über den Midtemporiffs der Hauptunterschied zum Headliner. Genauso das ruhig beginnende „Prophets“ mit Ohrwurmrefrain, welches sich im Laufe des Songs zu einer absoluten Übernummer steigert. Also wenn WOVENWAR als Headliner oder auf einem Festival spielen, zieh ich mir sie bestimmt wieder rein.

Mit dem neuen Song "In Plain View" starten dann IN FLAMES mit einer fetten Lichtshow, wie man es von den Melodic Death-Metal Helden gewohnt ist. Die Riffs grooven, die Melodien sind da, die elektronischen Spielereien nerven nicht unbedingt und der Refrain ist wie schon bei allen anderen neuen Hits einfach einprägsam. Ein gelungener Start würde ich sagen, wenn man mit dem reinen Cleangesang von Fronmann Anders Fridén klar kommt. "Fear Is The Weakness" vom Vorgängeralbum geht den eingeschlagenen modernen Weg weiter, bevor mit dem coolen "Trigger", ins Jahr 2002 der Diskografie zurückgegangen wird.

Für die Old School Fan gab es dann noch "Resin" vom Kultalbum "Colony" drauf. Das wars dann aber auch schon vorübergehend mit der Vergangenheitsbewältigung. "Where The Dead Ships Dwell" läutete einen Schwall von Songs der letzten zwei Alben ein. Dem Großteil des Publikums machte das überhaupt nichts aus, da wurde von einigen gegrinst, als wäre es deren erstes Metalkonzert. Und von allen Seiten wurde mir attestiert, wie geil das Konzert nicht sei (Kollege Fröwein war ja nicht an meiner Seite). Stimmungsmäßig kann man da echt nichts sagen, auch der Sound war hervorragend. Besonders muss man aber den Publikumskontakt von Sänger Anders Fridén hervorheben, der unermüdlich das Publikum motivierte und sogar einen Fan zum Filmen auf die Bühne holte, obwohl er davor eine Ansprache hielt, dass die Fans doch das Konzert nicht durch ihre Smartphones ansehen sollen.

Auch wenn das neue Material sicher nicht schlecht ist, die Metalmeute wartete doch ein wenig auf ihre Lieblingssongs. "Delight And Anger" von endgültig kommerziellen Durchbruchsalbum "A Sense Of Purpose" mit dem einprägsamen Mitgrölrefrain "Please heal me, I cant sleep…" machte hier den Anfang. Der Klassikerreigen wurde mit "Cloud Connected" und "Only For The Weak" fortgeführt und da gabs dann überhaupt kein Halten mehr - die Trademark Songs von IN FLAMES schlechthin, da wurde geheadbanged bis der Kopf fast abfiel.

Danach war dringend eine Verschnaufpause notwendig und dazu diente "The Chosen Pessimist" vorzüglich, bevor der nächste Klassiker "The Quiet Place" allen Zweiflern klar machte, dass hier einfach eine perfekte Show geboten wurde. Dann gab es noch schnell drei neuere Songs, bei denen "Deliver Us" bereits das Finale einläutete. Mit "Take This Life" wurde dann schon der letzte Song geboten, der anscheinend keiner Zugabe bedarf. Die wäre natürlich schon schön gewesen, aber nach 90 Minuten geballte Showpower gab es eigentlich nicht viel zu kritisieren. Wenn IN FLAMES in der gewohnten Qualität weitermachen, werden sie uns noch lange erhalten bleiben und ich sie wahrscheinlich noch des Öfteren ungeplant sehen.

 


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