27.11.2014, HARLY Coffee Bar

H.E.A.T

Veröffentlicht am 02.12.2014

Die Ha-ly Coffee Bar hatte heute wieder einmal geladen, der gierigen Rockgemeinde eine mehr als standesgemäße Vollverpflegung zu verpassen. Dem Veranstaltungschef Tito war es gelungen, eine Konzertsensation in der renommierten Innsbrucker Szenekneipe steigen zu lassen, durfte er doch zurecht mit stolzgeschwellter Brust verkünden, dass die schwedischen Melodic Hardrock-Durchstarter H.E.A.T in Innsbruck gastieren sollten. Schnell war mein schwer in den Knochen steckender Urlaubsjetlag vergessen und nach einer aus der Rockkneipen-Speisekarte ausgewählten Stärkung konnte es im vollgepackten Schuppen auch schon mit der Vorband SHERLOCK BROTHERS losgehen. Diese präsentierten sich als guter Anheizer, neben dem sehr engagierten Fronter wußte sich auch die Saitenfraktion mit Headbanging und Stageacting in die Show einzubringen. Soundmäßig war ebenfalls alles in bester Ordnung, amtliche Rockbedienung schallte ins Auditorium. Dass den Schweden allerdings das Quäntchen Originalität fehlt, um groß durchzustarten, durfte der live-geeichte Rocker schon während des rund 35minütigen Gigs beobachten. Diese Schlußfolgerung sollte kurz darauf eindrucksvoll durch die Headlinershow bestätigt werden.

H.E.A.T Noch immer die Überhymnen der letzten Langrille im Ohr klingend, stieg mein Nervositätslevel angesichts der immer näher rückenden H.E.A.T-Show. Weiter angefacht wurde die Spannung durch das Erschallen des in Anspielung auf den Bandnamen gewählten GLENN FREY-Songs "The Heat Is On" (bekannt aus dem Beverly Hills Cop-Movie), bevor der Fünfer unter das Backdrop hindurch die Bühne betrat und mit der unglaublichen Nummer "Point Of No Return" einen fulminanten Setstart hinlegte. Der Song sollte nicht nur das heutige Konzert eröffnen, sondern veredelte als Opener ja auch schon "Tearing Down The Walls", mit dem die spritzigen Schweden eines der Überalben 2014 auf den Markt geworfen hatten. Was nun folgte, sollte den Zuschauern sprichwörtlich den Atem rauben. Eine amtliche 90-Minuten Headlinershow, die vollgepackt mit Melodic-Krachern zum Niederknien, Abfeiern, Schwelgen und Mitsingen war, sollte ein Konzerthighlight des Jahres 2014 bilden. Alles intoniert von einer sympathischen, spielfreudigen und augenscheinlich hungrigen Band, bestehend aus Jungspunden, welche von einem Ausnahmetalent in Sachen Stimme und Stageacting angeführt wurde. Bandkenner wissen, dass Sänger Eric Grönwall vor seinem Bandeinstieg die schwedische Ausgabe der Casting-Show „Idol“ gewonnen hatte und somit seine Duftmarken im Showbiz schon vor H.E.A.T. setzen konnte.

Ich war im Vorfeld äußerst gespannt, wie der energiestrotzende Derwisch sein explosives Stageacting auf doch recht beengtem Bühnenraum im Ha-ly umsetzen würde. Am Bang Your Head-Festival (zum Festivalreport) durfte der agile Schwede ja noch auf eine riesige Open Air-Bühne zählen. Doch Grönwall wäre nicht er selber, wenn er nicht die knapp bemessenen räumlichen Verhältnisse bis zum Limit ausreizen würde. Egal ob im Publikum stehend oder auf dem Clubinventar tänzelnd und rumspringend - der schlaksige Blonde nützte jeden Zentimeter Freiraum, um seiner explosiven und intensiven Show und seinem tierischen Gebaren genügend Platz zu verschaffen. Er machte nicht einen auf Rampensau, sondern war vielmehr selbst die moderne, personifizierte Ausgabe eines irrsinnigen und intensiven Performers am Mikro und stellt quasi den Prototyp des jungen Wilden dar, an dem sich alle Nachwuchscombos mit Ambitionen bezüglich höhere Rock-Weihen messen müssen. Seine Grimassen, sein Habitus, sein Einpeitschen und seine trotz verausgabendem Stageacting faszinierende und punktgenaue stimmliche Performance beeindruckte nicht nur die hin- und hergerissenen Fans, sondern auch alle anderen Anwesenden. Ein Drahtseilakt, den das schwedische Ausnahmetalent traumwandlerisch meisterte und gleichsam zwischen Genie und Wahnsinn (oftmals mußte man sich fragen, ob der gleichsam orgiastisch wie sympathisch Agierende polizeiliche Substanztests negativ absolvieren könnte) pendelte.

Auf ihrem ersten Österreich-Gig überhaupt zündete der Fünfer ein Hitfeuerwerk der Extraklasse, ein Blick auf die Setlist verrät, dass die gesamte Show aus grandiosen Melodic-Krachern der Weltklasse bestand. Einzelne Titel hervorzuheben scheint fast müßig, wer neugierig geworden ist und mit einer Affinität für Melodie und große Songs ausgestattet ist, kann sich gleich bedenkenlos das letzte Album oder auch den tollen Vorgänger "Address The Nation" („Better Off Alone“, „Heartbreaker“ oder „It´s All About Tonight“) zulegen, welche zusammen fast das gesamte heutige Set repräsentierten. Nach den beiden starken ersten Alben nahm die Karriere der Schweden mit dem Grönwall-Einstieg ja noch einmal mehr Fahrt auf, nicht umsonst ist die Truppe beim Musikriesen E.A.R.Music/Edel unter Vertrag. Von den ganz alten Nummern hatte der Fünfer lediglich "Late Night Lady" und "Beg, Beg, Beg" im Set, auf "Never Let Go" mußte ich leider wiederum verzichten. Zur großen Freude bauten die Schweden ein Snippet von DEEP PURPLE´s "Highway Star" in das Set ein, auch für ein kurzes Drumsolo stand genügend Zeit zur Verfügung, für das Herz gab´s zudem noch die ruhigere Ballade "Tearing Down The Walls“. Die Fans waren teils aus dem Ausland angereist, so durften Anhänger aus Ungarn, Deutschland und anderen Ländern begrüßt werden. Irgendwie überrascht vom gutem Live-Sound (lediglich die Backingvocals des Keyboarders waren nicht wirklich zu hören) beendete die Hymne "Emergency" viel zu früh das offizielle Set. Dass damit noch nicht Schluß sein durfte, realisierten sowohl Band als auch Publikum. Flugs wurden die "Address The Nation"-Smasher "Breaking The Silence" und "Living On The Run" nachgelegt, die ausgelassene Hit-Party schien kein Ende finden zu wollen. "Laughing At Tomorrow" ist nicht nur der Rausschmeißer auf dem letzten Album, sondern auch am heutigen Abend, der kurz vor Mittagnacht sein großartiges Ende finden sollte.

Innsbruck hatte eines der besten Konzerte der jüngeren Vergangenheit erlebt. Wer nicht dabei war, darf sich gediegen in den eigenen Hintern beißen. Die unglaubliche Bühnenpräsenz des jungen Frontmanns und das geballte Hitpaket der Extraklasse brachte die Herzen der anwesenden Melodikrocker zum Glühen und das nunmehr unter "Ha-ly" bekannte Lokal mausert sich nach den bereits hier (und das wie auch am heutigen Abend bei freiem Eintritt!) veranstalteten Gigs von DIAMOND HEAD, RAVEN, JEFF SCOTT SOTO, HOUSE OF LORDS oder LILLIAN AXE weiter zu einem der neuen Rock-Hotspots im Westen. Neben AEROSMITH (zum Livereport) und den PRETTY MAIDS (zum Livereport) definitiv eines der grandiosesten Konzerte im melodischen Bereich im zur Neige gehenden Konzertjahr. Setlist: - Point Of No Return - A Shot At Redemption - Better Off Alone - Heartbreaker - It´s All About Tonight - Inferno - The Wreckoning - Tearing Down The Walls - Mannequin Show - Late Night Lady - In And Out Of Trouble - Beg Beg Beg - Downtown - Enemy In Me - Emergency - - Breaking The Silence - Living On The Run - Laughing At Tomorrow Für die Fotos bedanken wir uns bei

Thomas Steinlechner

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