06.10.2015, Escape Metalcorner, Wien

RAVEN + TULSADOOM + ROADWOLF

Text: Florian Rosenberger | Fotos: Sigrid Reinisch
Veröffentlicht am 20.10.2015

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Endlich gab es wieder ein klassisches Heavy-Metal-Konzert im Escape Metalcorner, die einzige „true“ Metal-Location Wiens. Schon viele erstklassige Konzertmomente (wie zum Beispiel die letzten drei LIZZY BORDEN-Shows) habe ich dort erlebt. Vor allem auch viele mit lokalen Bands wie den momentan leider nicht sonderlich aktiven VAL SANS. Auch einige mit den legendären HIGH HEELER, die Ende Oktober nach 15 Jahren ihr Debütalbum „Force And Finesse“ veröffentlichen. Jene Underground-Bands bilden die Grundlage, auf die junge Classic-Heavy-Metal-Bands wie DIAMOND FALCON oder die heutigen Opener ROADWOLF aufbauen, die wiederum in den letzten Jahren zu professionellen Supportbands heranwachsen konnten.

Und jenen ROADWOLF, denen ich sicher schon seit mindestens zehn Konzerten einen Konzertbericht schulde, sei es aufgrund persönlicher Schreibpräferenzen oder schlicht wegen meiner Faulheit, kommen nun endlich zu ihrer längst überfälligen Würdigung. Wie oft ich diese Band schon gesehen habe, kann ich nicht mehr an meinen Händen abzählen. Man kommt einfach nicht um diese Jungs herum und das ist gut so und sollte vielen Konzertbegeisterten nicht entgehen. Leider kämpft die Band öfters mit undankbaren Zeitslots und so kamen auch an diesem Abend höchstens 30 Leute in den Genuss einer einwandfreien Classic-Metal-Show von ROADWOLF.

Die Besetzungswechsel an der zweiten Gitarre fanden beim legendären Support-Gig im Chelsea für die Senkrechtstarter NIGHT DEMON durch die „Wiederbelebung“ von Altgitarrist Julian vorläufig ein Ende. Dies tat aber dem Umstand keinen Abbruch, dass mit den Urmitgliedern Aigy (Vocals/Bass) und Mano (Drums) sowie dem auch schon länger als Poser-König aktiven Valentin (Leadguitar) bereits seit Anbeginn der Band eine konstante Entwicklung durchwandert wurde. Vor allem bezüglich Sound und Songwriting sind ROADWOLF seit ihren Anfangstagen (noch unter VIRTUAL DISEASE, gesehen in Mödling als Support von VAL SANS) um Längen gewachsen.

Eher simple Songs älteren Datums wie „Never Surrender“ als Opener an diesem Abend oder „Wheels Of Fire“ funktionieren in der Livesituation einfach perfekt. Ihre große Klasse an den Instrumenten und auch die stimmigen Vocals und hohen Screams spielen ROADWOLF bei Tracks wie dem mit einem epischen, langen Instrumental-Intro beginnenden „Straight Out Of Hell“ oder dem in Solo-Orgien ausartenden „Curse Of The Gypsy“ gekonnt aus – Vergleiche mit IRON MAIDEN sind durchaus angebracht. Diese Band ist auch showtechnisch großartig, da passt einfach alles zusammen. Kein Wunder, dass die Burschen 2014 Österreich in Wacken als Gewinner des „Heavy Metal Battle“ vertreten durften. Es wird Zeit, dass ein Label ROADWOLF unter Vertrag nimmt, um ein fettes Debütalbum zu produzieren.

TULSADOOM, die zweite Band des Abends, kann schon mit zwei professionell produzierten - über das Label „Nihilistic Empire“ erschienenen - Alben hausieren gehen. Und dass ich diese Band noch nie gesehen habe, ist mir sowieso ein Rätsel, da diese ja meine MANOWAR-Affinität durch die von ihnen zelebrierten und besungenen Barbarenklischees eigentlich perfekt bedienen. Die Erwartungen waren somit natürlich sehr hoch, nicht zuletzt aufgrund der hochgelobten Reviews von "Barbarian Steel" und "Storms Of The Netherworld". Als die Barbarentruppe dann auf der Bühne mit ihrem fetten Thrash-Metal-Sound inklusive geiler Gitarrenleads auffuhr, konnte ich dieses Lob völlig nachvollziehen.

Es ist unbestreitbar, dass TULSADOOM in ihrem Bereich albumtechnisch wie auch durch ihr Auftreten große Klasse aufweisen. Auch Neo-Frontmann Sototh Dult, den ich persönlich zwar nicht mit Originalsänger King Totolva vergleichen kann, bringt eine kraftvolle, raue Stimme mit, und in seinen Gesten schwingt auch eine gewisse Portion Wahnsinn mit. So gehört sich das, genauso wie das gewandete Auftreten der restlichen Band, das einfach die gewisse Stimmung erzeugt, die ein Metal-Konzert im Endeffekt ausmacht. Generell ist das musikalische Gesamtpaket, das TULSADOOM mit dem genialen Album-Artwork und dem T-Shirt-Design bietet, großartig.

Schon beim Opener „Glory Of Thulsa Doom“ nimmt die Metal-Maschine ordentlich Fahrt auf. Danach begeistert das geile Tapping-Intro des neuen Tracks „The Coal Of Blue Fire“. „Hammer Of Thorgrimm“ ist ein Heavy-Metal-Banger wie er im Buche steht und bringt das Publikum auf höllische Betriebstemperatur. Titel wie „Babarian Bitchfuck“ sind nur so dafür geschaffen, um mitgegrölt zu werden, bringen aber auch durch ihre Riffwalzen die Köpfe ordentlich in Rotiermodus. Auch wenn einige Songs des neuen Albums wie der Titeltrack „Storms Of The Netherworld“ - mit geilem Bassintro und coolem atmosphärischen Interlude - gespielt werden, die allesamt auch kräftigen Metal bieten, bleiben mir die etablierten Livekracher mit klingenderen Songtiteln wie dem finalen „Barbarian Beer Attack“ eher in Erinnerung.

Die Vergleiche mit MANOWAR kann ich aber nur bedingt nachvollziehen. Da fehlen mir einfach die Felle, Brusthaare, die peinlichen Ledertangas und natürlich im Bühnenlicht glänzende Schwerter, die ich mir bei einer perfekten Barbarenshow erwarte. Zumindest mit Yak-Fellen werde ich bald von der mongolischen Folk-Metalband NINE TREASURES bei ihrem Konzert am 8. November 2015 im Bach bedient. (und eventuell auch mit Yak-Fellen, die der Support ROCKODILE tragen wird? - Anm. d. Red.)

Bei den ersten Tönen von RAVEN kam mir sofort die Erkenntnis, wie gut ROADWOLF als Supportband zu ihren Vorbildern passt. Bei TULSADOOM waren wir in einer ganz anderen, brutaleren Welt. RAVEN sind eben mehr auf der klassischen Schiene unterwegs, wenn auch mit vielen Speed- und einigen Thrash-Metal-Einflüssen, was besonders beim Opener der Show, „Destroy All Monsters“ von der neuen, extrem starken Scheibe „ExtermiNation“, zu erkennen ist. Welche Show die Gallagher-Brüder, die schon eine über 40 Jahre währende Bandgeschichte vorweisen können, in den nächsten knappen 80 Minuten abzogen würden, kann nur gewürdigt werden.

Zwar erinnert ihre Geschichte mit ihren größten Erfolgen in den 80ern des letzten Jahrhunderts und der langen, langen Durststrecke bis ins Jahr 2015 stark an jene von ANVIL, mit denen es auch musikalisch einige Parallelen gibt. Agil zeigen sich beide Bands gegenwärtig noch und auch auf der Bühne geben RAVEN alles, aber richtig fit schauen die fast 60-jährigen Bandmitglieder nicht aus. Genauere Infos zum Befinden der Band erfragte Kollege Fröwein bei einem ausführlichen Interview vor der Show.

Den Klassikerreigen startet „Hard Ride“ vom bekanntesten Album „Rock Until You Drop“. Spätestens „Live At The Inferno“ vom „Wiped Out“-Album und „All For One“ vom gleichnamigen 80er-Release bringen alle Anwesenden zum Ausrasten und „Rock Until You Drop“ und „Lamps To Slaughter“ den langjährigen Fans den Tränen nahe. Diese Songs werden echt ohne Qualitätsverfall in Sachen Sound und Stimme dargeboten, dem muss man echt Respekt zollen.

Die Klassiker wie das geniale „Mind Over Metal“ (welches Skalar für ihre aktuelle MIND OVER MATTER-Veranstaltungsreihe als Werbejingle heranziehen könnte) stießen auf die größte Publikumsreaktion. In den ersten Reihen wurde durchgehend eine Metalparty gefeiert, denn solche Momente sind in Wien echt rar und sollten in vollen Zügen genossen werden. Auch bei „Into The Jaws Of Death“ mit seinen stampfenden Drums und dem Thrash-Metal-Sound spielten RAVEN ihre Klasse aus.

Aufgrund des Erscheinungsbildes der Metal-Schwergewichte (verbrauchte Körper inklusive Bierwanst und aufgedunsene Gesichter) könnte man auch von der „hässlichsten Band der Welt sprechen“. Aber so etwas sagt man ja nicht und wir konzentrieren uns lieber auf die Musik, und die ist auch 2015 noch auf sehr hohem Niveau, was der neue Song „It’s Not What You Got“ beweist. Einfach fett, was da auch live aus den Boxen dröhnt. An ein Kopfbügelmikro bei Sängern werde ich mich aber wohl nie gewöhnen können, das schaut einfach nur scheiße aus – was beim „Oberkomiker“ TED NUGENT ja schon fast lustig wirkt, hat bei einer kleineren Metalshow im Escape meiner Meinung nach nichts verloren.

Aber genug der negativen Kritik. RAVEN boten an diesem Abend eine Metalshow der Extraklasse: Mit dem fetzigen „Faster Than The Speed Of Light“ mit ausgiebigem Bass-Solo und der hymnenhaften Zugabe „On And On“ sowie dem finalen „Break The Chains“ hätten sich RAVEN sicher ein größeres Publikum verdient. Wo sind all jene, die mit IRON MAIDEN-Shirts durch Wien ziehen? Ein Mal im Jahr am Nova Rock? Also fordere ich die Zwangsverpflichtung, für jeden Ticketverkauf zumindest eine Show im Escape besuchen zu müssen. Für das Firmgeschenk mussten wir schließlich auch alle einmal die Kirche besuchen!

Setlist RAVEN (ohne Gewähr):

- Destroy All Monsters
- Hard Ride
- Live At The Inferno
- All For One
- Rock Until You Drop
- Lambs To The Slaughter
- Speed Of The Reflex
- Mind Over Metal
- Into The Jaws Of Death
- It´s Not What You Got
- Tank Treads (The Blood Runs Red)
- Faster Than The Speed Of Light
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- On And On
- Break The Chain


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