20.10.2015, Komma, Wörgl

ANNIHILATOR + ARCHER + HARLOTT

Veröffentlicht am 23.10.2015

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"ANNIHILATOR spielen in Wörgl", diese Meldung - vermutlich im Bezirksblatt aufegabelt - sorgte für große Freude. Doch wir sprechen hier nicht von der Ankündigung zum heutigen Konzert, sondern wir graben uns durch die Untiefen der Metalvergangenheit und gehen 22 Jahre zurück. Wir schreiben das Jahr 1993, die Veröffentlichung des "Set The World On Fire"-Albums stand kurz bevor, als es sich begab, dass die Kanadier tatsächlich in Wörgl spielen sollten. Mit den legendären CORONER als Vorband und in einem Festzelt, wie man es von Bezirksmusikfesten her kennt. Ein heute legendäres Konzert aus Zeiten der Prä-Internet-Ära, das vielen, die damals mit am Start waren, bis heute in vitaler Erinnerung geblieben ist. Nur noch zu toppen von der "Painkiller"-Tour 1991, als Jeff Waters & Co. als Opening Act - gemeinsam mit PANTERA - und den damals mächtigen JUDAS PRIEST durch Europa tourten und den damals noch minderjährigen Schreiberling schwer beeindruckten. Daran und am Veröffentlichungsjahr des Debuts (1989) sieht man, wie lange der gute Jeff Waters schon viele Metallerleben begleitet und als knapp 50jähriger zu einem echten, fast konstant präsenten Metal-Veteran gereift ist. Dies ist nicht zuletzt an der Tatsache abzulesen, dass vermutlich ein Großteil der heute Anwesenden (fast 300) wohl auch aufgrund ihres Alters nicht so vertraut mit Facebook sind, schließlich ließen die nur knapp über 100 Zusagen für das Konzert Schlimmstes vermuten. Doch angekündigte Katastrophen finden bekanntlich nicht statt. Für die bekannteren und etablierteren "Auf-Nummer-Sicher"-Acts bewegen dann doch einige Couchliebhaber ihre Hintern vor die Bühne und so konnte der heutige Konzertabend (zuletzt gastierte das Canuck-Outfit vor ziemlich genau fünf Jahren im Komma) zu einem kleinen Triumphzug werden.

Leider verpaßten wir aufgrund arbeitsbedingt verspäteter Anreise die - zahlreichen fachkundigen Ohrenzeugen zufolge - toll zockenden Aussie-Thrasher HARLOTT, die erst kürzlich ihr neues Album "Proliferation" veröffentlichten. Die Amerikaner ARCHER überzeugten als direkte Vorband mit einer halben Stunde melodischen Heavy Metals, fliegenden Mähnen und Titeln vom neuen Album. Der Titeltrack oder "A Day That Never Came" ließen ebenso wie die von den Kaliforniern gezockte "Tornado Of Souls"-Version (MEGADETH) hinhören. Am Ende gab es noch "Dawn Of Dilution" zu hören, bevor die Bühne unter amtlichen Beifallsbezeugungen seitens des Publikums für den Headliner geräumt wurde. Für eine extensive Begutachtung war die Darbietung von ARCHER dann doch zu kurz, allerdings war der erste Eindruck nicht der schlechteste.

Eingeleitet von einem der größten Hardrock-Titel aller Zeiten, "Rock You Like A Hurricane" von den mächtigen SCORPIONS präsentierte sich die Band um Jeff Waters in der Folge in bester Spiellaune. Vor dem Logobanner und den Sidedrops mit den leuchtenden Augen des neuen Covermotivs zeigte das Quartett mächtig auf. Druckvoller Sound, gutgelaunte Musiker, ein sympathischer Fronter, der sich die Zeit für kurzweilige Ansagen und Späßchen nahm und ein Auditorium, das Krach machte und Applaus spendete, als ob das Doppelte an Zuschauern im Saal wären, ließen das Konzert stimmungsmäßig zu einem vollen, verdienten Erfolg für die tight aufspielende Band und die Veranstalter werden, von den Songs, die teils echte Metalklassiker sind, nicht zu sprechen!


Allergrößten Respekt verdient Mainman Waters aufgrund der Tatsache, dass er nicht nur über das Griffbrett seiner Flying V flitzte und knackige Riffsalven wie virtuose Soli zauberte, sondern auch die Doppelbelastung Gitarre/Gesang meisterte. Kaum einer vermißt ob seiner Gesangsleistung einen aus der Reihe von Sängern (insgesamt sieben), die der Kanadier im Laufe der Jahrzehnte verschlissen hatte. Wenngleich der letzte, Dave Padden, seinen Job sehr gut machte, aber heute leider kein Song vom tollen, selbstbetitelten 2010er-Album gespielt wurde. Großes Lob geht auch an den Mischer, der es schaffte, druckvollen und transparenten Sound zu zaubern, ohne die Zuschauer niederzuföhnen. Das war - zusätzlich zur musikalischen Leistung - ein absoluter Ohrenschmaus, der auch ohne Gehörschutz genossen werden konnte, keine Selbstverständlichkeit heutzutage. Von der lässigen und intensiven Lichtshow, die den Auftritt und die Wirkung des Hauptacts zusätzlich unterstrich und der wirklich headlinerwürdigen Spielzeit von über 100 Minuten gar nicht zu reden, welche in Kombination mit gleich zwei Vorbands "Value For Money" boten.


Die Songauswahl rekrutierte sich aus den Ankeralben der Band (die ersten drei Alben plus "King Of The Kill" und "Refresh The Demon", welche ja seinerzeit beide von Waters eingesungen wurden), zudem gab es drei Songs vom neuen, sehr melodiösen Album "Suicide Society" zu hören, das erste Album seit langer Zeit, auf dem Waters wieder die Vocals übernahm. Obwohl die Songauswahl sehr gelungen war, so konnte man in der umfangreichen Diskografie naturgemäß Lücken ausmachen (etwa "The Fun Palace", "Stonewall" oder "Clown Parade"), die aber aufgrund der Hochklassigkeit des dargebotenen Materials kaum auffielen. So flog der Abend nur vor sich hin, flugs hatte man sich durch Alt- und Neo-Klassiker, ein freakig dargebrachtes "Brain Dance", ein fettes "Phantasmagoria" oder durch das alberne "Chicken & Corn" gethrasht und gepowert, als Meister Waters schelmisch einen Song ankündigte, der "noch nie" live gespielt wurde. Es folgte das unweigerliche "Alison Hell", bevor "Human Insecticide" den Sack endgültig zumachte und um 23 Uhr tosender Applaus ein tolles und energetisches Konzert einer über die Zeit präsentesten Bands der Metalwelt beschloß. Wer noch immer nicht genug von ANNIHILATOR und Jeff Waters hat, der kann sich im Interview noch alle Infos zum Album und zum aktuellen Stand der Band reinziehen!

Setlist:

- Rock You Like A Hurricane (SCORPIONS)
- King Of The Kill
- Snap
- Suicide Society
- Creepin´ Again
- No Way Out
- Set The World On Fire
- W.T.Y.D.
- Never, Neverland
- Tricks And Traps
- Bliss
- Second To None
- Refresh The Demon
- Drum Solo
- City Of Ice
- Ultraparanoia
- Brain Dance
- Phantasmagoria
- Chicken And Corn
- Medley: Kraf Dinner / 21 / Reduced To Ash
- Alison Hell
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- Human Insecticide


WERBUNG: Hard
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