28.11.2015, Altes Kino Landeck, Landeck

SINISTER

Text: Laichster | Fotos: Laichster
Veröffentlicht am 02.12.2015

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Am heutigen Abend hat das Bergvolk wieder einmal die Qual der Wahl, AVATARIUM spielen im Innsbrucker Weekender auf, SINISTER verbreiten brachialen Kult-Death in der Metalcity Landeck und der örtliche Krampusverein lädt zum Besäufnis mit HELENE FISCHER und ALPEN-TRIO-Untermalung. Letzteres ist intellektuell dermaßen am Tiefpunkt, dass die Option ohne Diskussion aus der Liste gestrichen wird – wir überlassen der Fraktion „Bildungsgrad Traktorführerschein“ dankend den Vortritt und entscheiden uns für einen Death-Metal-Abend Marke „Sicko-Romantik“. AVATARIUM mag zwar ultramegasuperwichtig und sowieso die Megasensation des Jahrtausends sein, aber nur weil da Leif Edling mitwerkelt ist das für meine wichtigtuerische Semi-Musikexpertenperson (nochmals ein großer Dank an den Schaffer dieses Neologismus – habe mir zum Blechschild jetzt auch noch ein Shirt bedrucken lassen) noch kein Grund, sich das blutige Schlachtfest im alten Kino entgehen zu lassen (auch wenn die Datums-Doppelbelegung ein wenig schmerzt), außerdem wartet noch meine Geliebte zu einem leider viel zu seltenen Stelldichein in der Metalcity… Dark Lord, I love you!

Auch kein Wintereinbruch mit Temperaturen „Level Wladiwostok“, welche sogar Abbath erzittern lassen würden (Tirols ebenfalls anwesender Aushilfsabbath fröstelt natürlich keinesfalls und beschwert sich über die für ihn viel zu sommerlichen Temperaturen!) und sibirische Eisstürme halten einen davon ab nach Westen zu pilgern, um gemeinsam mit Rock-Inn dem Krawall zu huldigen. Ein Großteil des sonstigen Geprügel-Stammpublikums fröstelt es anscheinend doch zu sehr und zieht Couch und Playstation vor, wieder einmal ein Armutszeugnis für das Tiroler Couch-Publikum und eine Watsche für engagierte Veranstalter. SINISTER sind ja nicht gerade irgendeine dahergelaufene Hipster-Kapelle! Fensterglasbrillentragende SEILER-UND-SPEER-Fans (ja, dauernd auf WANDA zu hauen wird sogar mir irgendwann zu langweilig) spricht das restliche Line-Up bestimmt auch nicht sonderlich an, PROFANITY zerstückeln die Craft-Beer-Pussies in handgerechte Häppchen und die AVENGING ANGELS als Opener sind dem zartbesaiteten Gehör unter Oma's Strickmütze ein wenig zu guttural veranlagt… stumpf ist immer noch Trumpf!

AVENGING ANGELS:
Bevor die Racheengel die Bühne betreten, muss ich ausnahmsweise einmal ein klein wenig Kritik am Veranstalterkollektiv Rock-Inn üben. Nicht dass hier schon einmal irgendetwas nicht perfekt organisiert gewesen wäre – nein, nach Landeck kommt man immer wieder gerne, um in freundlicher Atmosphäre entspannt abzufeiern, aber bitte ladet euch neue Opening Acts ein. Jede lokale Band, die in 50km Umkreis um den Arlberg lebt, stand jetzt schon das zweite Mal auf den Brettern des alten Kinos und nicht, dass ich es den Bands nicht gönnen würde, nur langsam wird es halt ein wenig eintönig - ich hab euch trotzdem alle lieb... Bussi, Bussi! Genau deshalb könnt ich hier jetzt eigentlich genau das Gleiche schreiben, was ich schon beim Gig mit den tschechischen Grunzgöttern FLESHLESS (zum Livereport) zu Papier gebracht habe. Ausgenommen davon stehen die AVENGING ANGELS heute mit Verstärkung durch ex-Fronter Sandro auf der Bühne und präsentieren sich wie gewohnt schlagkräftig und spielfreudig. Man kann die doch sehr querbeet marschierenden Kompositionen mögen oder nicht, eines muss man den Angels jedoch lassen: Sie zeigen durchaus ihre spielerische Qualität, auch wenn jeder weiß, dass es zur Weltkarriere nicht mehr reichen wird, aber das braucht es eigentlich eh nicht, denn man sieht dem Landecker-Death-Thrash-Gespann den Spaß an ihrer Musik deutlich an und das zählt immer noch mehr als absolute Perfektion... Meine Herren, bitte weiterhin lautstark lärmen! Keep the underground alive!  

Setlist:
- Warcry
- Soulless
- Time Bomb
- Bloodlust
- The Burden
- Here I Stand
- Fears Corrode


AVENGING ANGELS - Fronter Lino Hochrainer

PROFANITY:
PROFANITY standen ebenso wie der heutige Opener schon gemeinsam mit FLESHLESS auf der Bühne des Landecker Kinos und fackelten damals schon alles mit ihren Brachial-Prügelbrettern ab. In der Zwischenzeit gab es fürs Hackbrettvolk mit „Hatred Hell Within“ (zum Review) eine messerscharfe EP fürs Schlachtvieh, mit der die Augsburger klargestellt haben, wie Todesblei zu klingen hat – straight in die Fresse, technisch hochwertig und mit ordentlich fetten Blasts angerichtet! PROFANITY liefern dir das volle Programm, direkt ins Kleinhirn, mit einem Vorschlaghammer eingeimpft - auch wenn Kollege Baumgartner das Gebolze für „breeig“ hält, der kuschelt jedoch auch neuerdings mit Möpsen… tierischen Möpsen und geilt sich dabei auf. Bei Pornos, Sexualpraktiken (Topeka Destroyer, Baltimore Blowfish, Omaha Hambone,.. für Interessierte hier nachzulesen) und veganer Ernährung (No Go!) sind wir uns dann jedoch wieder einig und der Kollege sitzt ja sowieso in der Hauptstadt und kann sich des wunderbar folgende Hackbeil des Neobrachialismus nicht in vollstem Umfang in sein vermodertes Hirn hämmern lassen. Da heißt es „Shallow Ruins“ und die Lämmer marschieren zur Schlachtbank, um im knallharten und perfekt dargebotenen Blutrausch mit dem Bolzenschussapparat die Gehirnmasse durchgerührt zu bekommen. 


PROFANITY-Frontmetzger Thomas Sator

Um unseren Aushilfsabbath, welcher sich übrigens den restlichen Abend darüber beschwert, dass es nicht kalt genug sei, zu zitieren: „Wie kann jemand, der solche versierten Fähigkeiten besitzt, nur so einen Krawall produzieren?“. Seine frostbitten Eminenz meint dies natürlich höchst positiv und schwingt seinen neuerdings aerodynamisch frisierten Schädel im Takt, während die Temperaturen stetig nach oben steigen. „Melting“ – welch passende Metapher wenn das menschliche Fleisch unter dem scharf wie ein Skalpell werkenden Riffing von Fronter Tom von den Knochen fällt – kocht das Fleisch! Auch Basser Daniel und Drummer Armin sind wieder top eingespielt und lassen die Knochen splittern, „Soultornado“ reißt die Hütte in zwei Teile und das DEATH-Cover „Zombie Ritual“ muss man einfach mitgrunzen. „Hatred Hell Within“ fickt dir die Maden aus dem verwesenden Körper und mit dem SUFFOCATION-Jahrhundertbrecher „Catatonia“ und „Fear Of Napalm“ geht ein wieder einmal viel zu kurzes Gastspiel meiner bayrischen Lieblingshartwurstverkäufer zu Ende… Humade me flesh!     

Setlist:
- Shallow Ruins
- During The Hours Of Darkness
- Drowned In Dusk
- Melting
- Soultornado
- Zombie Ritual (DEATH-Cover)
- Hatred Hell Within
- Giants Of Void
- Catatonia (SUFFOCATION-Cover)
- Fear Of Napalm

SINISTER:
SINISTER sind im Schlächterbusiness so etwas wie ein Fünf-Gänge-Menü – zubereitet von Hannibal Lecter höchst persönlich – und das schon seit 1988. Mehr direkt in die Kauleiste geht fast nicht, die Holländer drehen dir das Hirn in Nullkommanichts um und penetrieren es (zu empfehlen die letzte Compilation Dark Memorials) mit ihren grunzenden, zumeist romantisch und gar kuschelig inspirierten Hassbatzen, bis zum klinischen Tod. Eine solche Legende auf der kleinen Bühne des Landecker Kinos zu sehen, garantiert also eigentlich schon für eine geile Clubshow, auch wenn sich bis jetzt nur etwa 80 Zuschauer eingefunden haben, diese sollten die Blutmesse aber abfeiern wie in einem knackvollen Club und das durchaus zu Recht – es folgt ein direktes Brett über den Schädel mit folgender schwerer Gehirnerschütterung. Den ersten Vorschlaghammer aufs Riechorgan gibt es direkt nach dem diabolischen Intro unter dem überfetten Iron-Cross-Backdrop mit „My Casual Enemy“ und SINISTER zeigen keine Gnade mit ihren Feinden – Fronter Adrie Kloosterwaard (der wahrscheinlich noch nie in einem Kloster war, ohne postwendend mit Weihwasser davongejagt zu werden) gurgelt sich eloquent durchs Set, keine großen Posen, just pure fucking Death Metal! 


SINISTER - Grunzmeister Adrie Kloosterwaard

Es muss so hämmern, dass sich die headbangenden und moshenden Würmer vor der Bühne dumm vorkommen, wenn sie versuchen den Takt zu halten – das nervöse Fingerwippen bekommt sein Revival und erinnert dann an spastische Zuckungen… Brrrt Brrrrrt Brrrrrt! Das ist wie ein Trip, ein Trip auf einem Stoff aus Innereien und Körpersäften – „Blood Ecstasy“ mit einer alles anderen als dezenten Note an Killer-Riffs und die Zuschauer kognitiv schädigenden Panzerlärm. Lärm trifft es dann leider doch des Öfteren, so messerscharf wie PROFANITY werkt der Dutch-Butcher dann doch nicht, es drückt mehr, als dass es wirklich die melodiöse Note (ja, das hat wirklich Melodien!) von solch komplexen Songs wie „Unheavenly Domain“ oder „Epoch Of Denial“ betont. Das Publikum lässt sich aber davon nicht abhalten und feiert den Auftritt der Krawalleros bis zum letzten Schweißtropfen ab – SINISTER vernichten Landeck, trotz geringer soundtechnischer Abstriche. „The Carnage Ending“ - das Blut strömt in Bächen vom Arlberg!

Setlist:
- Intro
- My Casual Enemy
- Transylvania
- The Grey Massacre
- The Masquerade Of An Angel
- Blood Ecstacy
- Afterburner
- The Science Of Phropecy
- Unheavenly Domain
- Epoch Of Denial
- Sadistic Intent
- The Carnage Ending


SINISTER - Kult-Krawall from Holland

Die Gewinner des heutigen Abends heißen eindeutig PROFANITY, dieser Death-Batzen birgt einfach für Qualität und zeigt sich äußerst sympathisch und lässt jetzt schon auf das angekündigte nächste Album hoffen. Conclusio - SINISTER sind eben Kult und auch wenn der Sound einmal hakt, reißt man trotzdem alles nieder! Dank geht an Rock Inn, die trotz des momentanen Konzert-Overkills und immer wieder finanziellem Risiko nicht davor zurückschrecken, uns nicht alltägliche Perlen zu präsentieren. Man freut sich schon auf weitere Konzerte im äußersten Westen Tirols. Weiter geht es demnächst am 16. Jänner mit den Doom-Schwergewichten LORD VICAR -  Stormbringer wird wie gewohnt berichten und supporten!


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