31.03.2016, Chelsea, Wien

HEXVESSEL & NEW KEEPERS OF THE WATER TOWERS

Text: Lee
Veröffentlicht am 03.04.2016

Donnerstag Abend im 8. Wiener Gemeindebezirk. Beim Betreten des Chelsea stellt man fest, dass das Publikum dunkler gewandet ist als die Gestalten, die man normalerweise dort antrifft wenn man auf einer der Touren am Gürtel über die Türschwelle stolpert. Kein Wunder, denn es gibt feinste Underground-Kost um die Süße des Feierabends noch vollkommener zu machen.


NEW KEEPERS OF THE WATER TOWERS haben damals als NEW KEEPERS 2007 angefangen, sich dann umbenannt und seit ihrer ersten Veröffentlichung mit neuem Namen im Jahre 2009 gewaltig weiter entwickelt. Das neue Album „Infernal Machine“ setzt eine eindrucksvolle Marke auf ihrer Reise.
Während die Titel der Compilation von 2009 noch klingen wie das Produkt eines eher schlechten LSD-Trip (meine Favoriten: „Flight Of The Reptilians“, „The Strafing Lobster“, „The Knowledgeable Kangaroo“) ist die neue Scheibe gereifter und pointierter.
Experimentell, mit bestechlichen Rhythmen und viel Hingabe der Musiker punktet jede Nummer, auf Platte ebenso wie live in Lebensgröße. Besonders gesprächig sind sie nicht, aber wozu auch, es geht um mehr und dafür braucht es keine großen Ansagen.
Manche vergleichen sie mit SUMMONER aus Boston, was durchaus zulässig ist, auch wenn NEW KEEPERS OF THE WATER TOWERS zumindest live eine dreckigere, rauere Atmosphäre erzeugen. Durchaus hörenswert, auch wenn es nicht jedermanns Sache ist, dass viele der Nummern leicht träge anmuten und erst nach und nach ihre Wirkung entfalten. Ein Schmankerl für die Stoner-Gemeinde.

 

Es gibt Musik, die gewisse Assoziationen hervorruft, individuell unterschiedlich, teilweise von den Musiker genau so gewollt, manchmal aber auch völlig aus dem Kontext gerissen. Sobald HEXVESSEL die ersten Klänge in die vom Weihrauch schwere Luft entlassen, entstehen im Kopf des Lauschenden Bilder von endloser Weite, dem Nachthimmel, langen Spaziergängen in der Natur - das große Ganze manifestiert sich im Geist.
Die Location nimmt ein bisschen Wind aus den Segeln und lässt die sinfonische Wirkung zusammenschrumpfen. Man kann nicht alles haben, dafür gibt es Wohnzimmerfeeling dank der recht überschaubaren Menge vor der Bühne.
Die Finnen verstecken sich nicht hinter trivialen Worthülsen sondern erzählen von den großen Themen, vom Tod, von der Ewigkeit und der Frage nach dem Sinn.
Ihre Show ist ruhig, mit einer unaufgeregten Gelassenheit, tief verwurzelt in der eigenen Musik. Zwischen den Bandmitgliedern herrscht symbiotische Friedlichkeit, am Ende des Set teilen sie sich ein paar Schluck aus einem Trinkhorn und sie genießen auf der Bühne sichtlich das warme Prickeln das ihre Musik auf den Rücken der Zuhörer auslöst.

Eine der Bands die es schaffen mit ihren Liedern zumindest für die Zeit, die das Konzert dauert, die Realität wegzublenden. Quasi ein akustischer Instagram-Filter, ein musikalisches Versprechen dass es mehr gibt, immer weiter geht und niemals so richtig endet.
Tipp: Wem das neue Album von HEXVESSEL gefällt, der sollte auch mal bei DAEMONIA NYMPHE reinhören.


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