27.06.2016, Schloss Schönbrunn, Wien

DAVID GILMOUR

Veröffentlicht am 30.06.2016

Sie gehörten zu den ganz großen Kultbands der Sechziger und Siebziger, und feierten bis in die Neunzigerjahre (man denke an die gewaltige "Pulse"-Tour zu "The Division Bell") große Erfolge: Die Prog-Urväter von PINK FLOYD rund um die Masterminds DAVID GILMOUR und ROGER WATERS. Immer wieder kennzeichneten die Spannungen zwischen den beiden Kreativköpfen die Bandhistorie, mehr als einmal machte man ohne den anderen weiter, und nach dem Ableben von Gitarrist und Gründungsmitglied Syd Barrett (2006) und Richard Wright (2008) stellten die verbliebenen Ur-FLOYDs auch bald klar, dass PINK FLOYD als Band Geschichte seien.

Das hindert die beiden umtriebigen Herren GILMOUR und WATERS jedoch nicht, den geneigten Fan auch weiterhin musikalisch zu erfreuen. Doch wo Bassmann WATERS eher auf bombastische Inszenzierung und aggressive Rock-Attitüde mit seinen visuell beeindruckenden Umsetzungen von "The Wall", dem neben "The Dark Side Of The Moon" vielleicht wichtigsten FLOYD-Album, setzt, da steht DAVID GILMOUR seit jeher für den melodischeren, gefühlsbetonteren Ansatz bei den Briten.

Daher ist es wenig verwunderlich, dass auch er es ist, der auf seiner "Rattle That Lock"-Tour vornehmlich in erlesenen Locations auftritt; in Wien sollte es das Schloss Schönbrunn sein, und es gelang dem Prog-Gott dann auch vortrefflich, im malerischen Ambiente des "Wiener Versailles" bei seinem ersten von zwei Aufrtitten eine fast magische Atmosphäre zu erzeugen.

Das ist neben der fantastischen Location vor allem einer beeindruckenden Setlist geschuldet: Denn DAVID GILMOUR, der alte Soundtüftler und Perfektionist, lässt sich nicht lumpen und fährt, nebst hochklassigster Soundtechnik bei glasklarem Klang, auch ein Klassiker-Set zum Niederknien auf. So beginnt man pünktlich um 20.00 Uhr, und ganz ohne viel Tamtam entert der Großmeister mit seiner neunköpfigen Backing-Band die Bretter vor dem Schönbrunner Haupttor. Los geht's zunächst zwar mit Solo-Nummern der Marke "5.A.M." und dem tourtitelspendenden "Rattle That Lock", doch bereits früh im Set wird ganz tief in die Trickkiste gegriffen, und gleich mal das unsterbliche "Wish You Were Here" ausgepackt, was das ausverkaufte Areal auch sofort zu ersten Jubelrufen animiert.

Dabei fällt auf, dass die ehemals so samtweiche Stimme des Herrn GILMOUR zwar im alter etwas rauher, kratziger, bissiger geworden ist, aber dennoch nichts von ihrem so markanten Charkter eingebüßt hat. Und so werden erwartungsgemäß die großen FLOYDschen Bandklassiker wie "Money" oder "High Hopes" (traumhaft im Schönbrunner Abendrot) begeistert abgefeiert, die Solo-Nummern werden hingegen eher mit Anstandsapplaus honoriert, wobei es hier auch durchaus einige hinhörenswerte Momente gab, wie etwa beim dichten "The Blue" oder dem etwas aus der Reihe fallenden, weil ungewohnt jazzigen "The Girl In The Yellow Dress", das auch mit gelungen Visuals versehen wurde, und bei dem einmal mehr das Saxophon zu glänzendem Einsatz kommt.

Aber auch ein DAVID GILMOUR weiß natürlich, was seine Fangemeinde hören will, und lässt sich dann auch nicht lumpen: "Shine On You Crazy Diamond" wird nach einer etwa fünfzehnminütigen Pause frenetisch abgefeiert, bei Einbruch der Dunkelheit kommt auch "Fat Old Sun" richtig gut, aber die ganz großen Highlights hebt man sich natürlich für den Schluss auf: "Run Like Hell" heißt es da, und hier wird dann auch nochmal die komplette Lightshow richtig fett aufgefahren. Die Leute hält es nicht mehr auf den  Sitzen, erste Übereifrige stürmen an den Bühnenrand; und nach kurzer Unterbrechung kommen GILMOUR & Co. nochmal für den Zugabenblock auf die Bühne: "Time" heißt es dann, und "Comfortably Numb". Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Beeindruckend, atmosphärisch, magisch - so lässt sich das jüngste Wien-Gastspiel der PINK FLOYD-Legende wohl zusammenfassen. Klar, musikalisch geht es bei Soundzauberer DAVID GILMOUR etwas beschaulicher und ruhiger zu als bei seinem kongenialen Ex-Kollegen ROGER WATERS, dafür aber auch mystischer und dichter; und der Gitarrenklang der GILMOURschen Strat (und selbstredend der Lap-Steel-Guitar!) ist einfach unnachahmlich. Es war ganz großes Kino, das hier geliefert wurde; und nicht nur Prog- und FLOYD-Fans kommen hier voll auf ihre Kosten.

Setlist DAVID GILMOUR:

5 A.M.
Rattle That Lock
Faces Of Stone
Wish You Were Here
What Do You Want From Me
A Boat Lies Waiting
The Blue
Money
Us and Them
In Any Tongue
High Hopes
Astronomy Domine
Shine On You Crazy Diamond (Parts I-V)
Fat Old Sun
Coming Back to Life
On an Island
The Girl in the Yellow Dress
Today
Sorrow
Run Like Hell
Time
Breathe
Comfortably Numb


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