20.04.2017, Planet.tt, Bank Austria Halle, Gasometer, Wien

GHOST & ZOMBI

Text: Christoph Höhl | Fotos: Stefan Kuback
Veröffentlicht am 27.04.2017

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Anlässlich ihrer Popestar-Tournee beehren Papa Emeritus III und seine namenlosen Ghoule die Hauptstadt und feiern im gut gefüllten Gasometer eine schwarze Messe, auf die jeder fromme Katholik neidisch wäre.

Doch GHOST kommen nicht alleine, und als Stimmungsmacher haben sie das US-amerikanische Synthwave-Duo ZOMBI aus Pittsburgh im Gepäck. Auf der großen Bühne des Gasometers wirken die beiden progressiven Elektro-Rocker erst einmal etwas verloren, was aber mehr an der räumlichen Komponente als am Sound liegt. Der ist durchwegs kraftvoll und die treibenden Beats samt den stimmungsvoll-dominierenden Synth-Elementen bauen sich zu einer massiven Klangwand auf, die durch die Verwendung von Loops immer mehr und mehr Schichten erhält. Dem Song quasi live beim Entstehen zuzuhören macht zwar Spaß, aber ob es die richtige Einstimmung für das kommende Heavy Metal-Opferfest ist, sei dahingestellt. Die beiden Jungs geben sich jedenfalls ordentlich Mühe und setzen alles daran, mit ihren instrumentalen Ergüssen die Menge von den Bars vor die Bühne zu locken. Viele Besucher leisten diesem Lockruf mit Space Rock-Attitüde Folge, doch erst als die bekannten Intro-Nummern „Miserere Mei, Deus“ von Gregorio Allegri und „Masked Ball“ aus der Feder von Jocelyn Pook den Saal erfüllen, kommt die Pilgerfahrt der GHOST-Fans vor das nächtliche Zentrum der Macht in Schwung.

Sicherlich, mittlerweile weiß jeder wer der gute Papa hinter der Maske eigentlich ist und dass er gerade ordentlichen Wickel mit einigen, ihm gar nicht so hörigen Ex-Ghoulen zwecks der guten alten Kohle hat. Aber darauf herumzureiten und das zu Tode diskutieren der wahrscheinlichen Identitäten zerstört die Illusion GHOST, und nichts anderes ist die Band: Ein sehr gut gelungenes, fiktives künstlerisches Konstrukt, das durch zu viel Einfluss von außen verwässert wird, da es dadurch in die Realität geholt wird und hier die Illusion natürlich nicht so gut klappt wie auf der Showbühne. GHOST einfach GHOST sein lassen und die Realität für die Dauer des Konzertes aussperren, was nicht schwer fällt, denn all die Gedanken über etwaige Ausbeutung von Musikern und der musikalischen Zukunft der Band nach dem vorangegangenen Ausstieg des maßgeblich am Songwriting beteiligten Martin Persner (dessen markante Gitarrensignatur man ganz klar bei MAGNA CARTA CARTEL und SUBVISION hören kann) werden mit den ersten Takten von „Square Hammer“ so mühelos weggeblasen wie ein Albtraum von codeinhaltigem Hustensaft [...du sprichst aus Erfahrung, nehme ich an? Anm. d. Korr..].

Spielend leicht geht man sofort auf in der warmen Melodie des Songs, der harmonischen Stimme des dunklen Priesters und in hypnotischer Trance gibt man sich widerstandslos dem Rhythmus hin. Herrlich, da fließt allerschönste Musik durch den Körper und auch für die Augen ist mit viel sakraler Ästhetik und bekanntem kirchlichen Uniformzwang gesorgt. Die Ghoule tummeln sich überraschend agil auf der Bühne und beschwören damit fast ein wenig Unruhe herauf, jedoch fügt sich der Bewegungszwang der Lakaien schnell in das musikalische Gerüst ein und Sänger Papa Emeritus III übernimmt mit müheloser Leichtigkeit wieder das Zepter des bunten Treibens auf dem Altar, auf dem die Popmusik dem Heavy Metal geopfert wird.

Bereits als zweiten Song ziehen die schwedischen Okkultisten mit „From The Pinnacle To The Pit“ einen ihrer musikalischen Vorschlaghämmer aus dem Köcher und mit sichtlicher Freude an der aufkommenden Begeisterung im Publikum verbraten sie diesen Knüller in dem Wissen, dass sie noch viele solcher großartigen Kompositionen in petto haben, mit denen sich die Ekstase des Gefolges stetig steigern lässt. Das weiß man zwar, aber glauben kann man es nach der Welle des schwärmerischen Geschreis aus den Reihen der Hörerschaft kaum. Der Sound macht Druck, die klaren Gitarren erhellen das düstere Ambiente und der druckvolle Bass ist ordentlich präsent, ohne dabei die feinen Melodien zu erdrücken. Da hat man wahrlich schon schlechteren Klang im Gasometer erlebt, einzig die Stimme des Fürsten der Finsternis hätte etwas mehr Kraft und Volumen vertragen, erschien sie doch in ruhigeren Strophen manchmal etwas zu dezent. Aber letztlich ist das Augenauswischerei, denn meist und vor allem in den großen Refrains passt die stimmliche Präsenz des Antipapstes und fügt sich geschmeidig in das Gesamtkonstrukt ein.

Ein Knaller folgt auf den nächsten, „Secular Haze“, „Cirice“ und „Year Zero“ sind da nur die absoluten Highlights, und hielt sich Papa Emeritus III die erste Hälfte des Konzertes mit Wortmeldungen zurück, folgt nun seine fast als Kabarett zu bezeichnende Zwischeneinlage mit Versuchen, sich der deutschen Sprache zu bemächtigen. Was bei jedem anderen maximal belächelt werden würde, bringt ihm begeisterten Applaus ein und wenigstens weiß er, was ein Schnitzel ist. Auch diesmal werden wieder zwei lokale Sisters Of Sin auf die Bühne geholt und zur Kommunion durch das Publikum geschickt, jedoch nicht bevor der Sänger zum generellen Anstand und körperlichem Abstand zu den Nonnen aufruft, so viel Realität muss sein [...eine Armlänge, wie immer? Anm. d. Korr.]. Als weitere Highlights folgen noch „He Is“ und „Ghule/Zombie Queen“, bevor das verzauberte Auditorium nach „Ritual“ vehement eine Zugabe verlangt. Diese bekommt es auch und zwar in Form von „Monstrance Clock“, womit GHOST noch ein letztes Mal für einen orgiastischen Begeisterungssturm sorgen, bevor sie sich von der Bühne verabschieden und die erschöpften Besucher rundum befriedigt in ihrer Seligkeit alleine lassen.

Setlist GHOST [ohne Gewähr]:

Intro: Miserere Mei, Deus / Masked Ball
Square Hammer
From The Pinnacle To The Pit
Secular Haze
Con Clavi Con Dio
Per Aspera Ad Inferi    
Body And Blood
Devil Church
Cirice
Year Zero
He Is
Absolution
Mummy Dust
Ghuleh/Zombie Queen
Ritual
    
Encore:
Monstrance Clock
 
Outro: The Host Of Seraphim (Dead Can Dance Song)


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