19.12.2014, FILharmonie

SUBWAY TO SALLY's Eisheilige Nacht 2014

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 02.01.2015

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Die "Eisheilige Nacht" von SUBWAY TO SALLY hat sich in den letzten Jahren zu einer beliebten, hochklassigen Indoor-Festivaltour entwickelt, und ist bereits für viele zu einem Konzertfixpunkt rund um die Weihnachtsfeiertage geworden. So verstärkten sich die Mannen um Eric Fish auch 2014 wieder mit drei Supportbands verschiedenster Genres, um die Hallen Deutschlands zu beehren. Die Spielleute von SALTATIO MORTIS waren genauso darunter wie die Gothic-Rocker UNZUCHT sowie die NDH-Combo HELDMASCHINE. Auf der Tourstation in Filderstadt wartete auf die vier Bands eine fast ausverkaufte Filharmonie, bei der sich die Schlange am Einlass um die halbe Halle erstreckte. Trotz des Andrangs ging der Einlass sehr zügig und problemlos vonstatten, sodass niemand allzu lange in der feuchten Kühle vor der Halle ausharren musste. Dafür war es dann in der Halle selbst umso heißer - noch bevor die erste Band des Abends auf der Bühne stand stellte sich schon dank der allzu gut gemeinten Heizungseinstellung der Filharmonie ein gewisses Saunafeeling ein. Das hätte es gar nicht gebraucht, denn die Stimmung an diesem Abend war alles andere als eisig, und alle vier Bands verstanden es das Publikum ordentlich auf Touren zu bringen. Durch das Programm führte wie schon von den letzten Touren gewohnt SUBWAY TO SALLY-Sänger Eric Fish, der sowohl zum Auftakt das Publikum begrüßte, als auch jede auftretende Band - mit Wortwitz und einigen Anekdoten gewürzt - persönlich ankündigte.

Den Anfang machten

HELDMASCHINE

, deren Auftreten zuerst einmal offene Münder provozierte und zweimaliges Hinschauen erforderte. Fronter René Anlauff hätte nämlich gut und gerne als RAMMSTEIN-Urgestein Till Lindemann durchgehen können, so frappierend war die Ähnlichkeit auf den ersten Blick! Auch die ersten Takte der hochwertigen NDH-Kost ließen sofort an die weltbekannten deutschen Genrekollegen denken, bis der einsetzende Gesang, sowie ein näherer Blick durchs Zoomobjektiv der Kamera klarmachte - okej, das ist nicht der Till! Puh, einen Moment lang war man wirklich versucht zu glauben... Die sowohl optische als auch musikalische und showtechnische (coole Lichteffekte und viel Dampf) Ähnlichkeit zu den NDH-Vorreitern erklärt sich dadurch, dass HELDMASCHINE aus der RAMMSTEIN-Coverband VÖLKERBALL hervorgegangen sind, in der ein Teil der Band auch weiterhin noch aktiv ist, während mit HELDMASCHINE ausschließlich eigenes Songmaterial gespielt wird. Dennoch ist selbiges aufgrund der stilistischen Wurzeln den großen Vorbildern weiterhin sehr nahe, so nahe wie man RAMMSTEIN eben kommen kann ohne dreist zu kopieren oder wie ein billiger Abklatsch zu klingen. HELDMASCHINE sind trotz ihrer Nähe zu der NDH-Größe weit davon entfernt eine billige Kopie zu sein, wie stampfende Titel wie "Radioaktiv" bewiesen. Auch derbe Texte wie "Menschenfresser", das sowohl horrorthematisch als auch sozialkritisch verstanden werden kann, heben sich gut von der Plattheit der Lyrics mancher Genrekollegen ab. Selbst das Publikum sah das (nach anfänglicher Verwirrung ob der Ähnlichkeit des Sängers zu Till Lindemann) ähnlich und ließ sich von den schweren, hauptsächlich midtempo-orientierten industriallastigen Klängen mitreißen. Zum Schlusssong "Weiter" reckten sich die Fäuste und Pommesgabeln bis in den hinteren Bereich der Halle gen Decke, und HELDMASCHINE konnten unter hochverdientem Beifall die Bühne an den nächsten Act des Abends übergeben.

Setlist:

(Ohne Gewähr!) - Chefsache - Radioaktiv - Doktor - Menschenfresser - Ich Komme - Foltergeist - Weiter

Als Nächstes wurde auf der Bühne

UNZUCHT

getrieben... halt, das klingt jetzt irgendwie falsch.... Man verzeihe mir den wirklich platten Wortwitz, aber es war einfach zu verlockend. Keinesfalls platt oder wortwitzig, dafür fein melodisch und dunkel-düster war das was die Mannen rund um Fronter Daniel Schulz nun dem Publikum kredenzten. Viele gen Hallendecke gestreckten Hände zeugen davon dass die mal schmachtenden, mal treibenden, aber zu jeder Zeit düstere Klänge regen Zuspruch fanden - vor allem die Damenwelt in den vorderen Reihen ließ sich nur allzu gerne von der schönen Stimme in finstere Traumwelten entführen. UNZUCHT erliegen nur selten dem Versuch ihre Songs in allzu viel genretypischen Kitsch zu ertränken, und mit den eingestreuten Elektro- und Industrialelementen könnte man sie am ehesten im Bereich von Bands wie EISBRECHER einordnen. Live klang das Ganze dann auch ein gutes Stückchen härter als auf CD, und der Vierer verstand es auch die anfangs noch skeptisch dreinschauenden Teile des Publikums mit guter Bühnenpräsenz für sich einzunehmen. Allerspätestens bei dem eingängig-flotten "Engel der Vernichtung" fiel dann auch bei den letzten Leuten in der Halle der Groschen, dass sie ihre Hände auch zum Mitklatschen benutzen könnten. Klar, an wem gothic-lastige Klänge ansonsten spurlos abperlen wie an einer Teflonbeschichtung, der wird auch durch den Auftritt von UNZUCHT nicht eines besseren belehrt worden sein, doch wer abseits von Genre-Limitierungen auf der Suche nach guten Bands ist, dem wurde an diesem Abend mit UNZUCHT ein gar feines Stückchen Musik serviert. In der Filharmonie jedenfalls konnten die Mannen rund um "Den Schulz" jedenfalls gut punkten, und sich verdienten Applaus für ihren sehr guten Auftritt abholen.

Setlist:

(ohne Gewähr!) - Rosenkreuzer - Deine Zeit läuft ab - Schwarzes Blut - Nur die Ewigkeit - Unendlich - Entre dos tierras (Cover) - Engel der Vernichtung

Von schwermütigen Klängen ging es nun über zur Leichtigkeit des Seins, als

SALTATIO MORTIS

in den Startlöchern standen. "Früher war alles besser" lautete die Devise, als die Spielleute unter aufbrandendem Jubel die Bühne enterten, und mit einem Elan loslegten dass es eine Freude war zuzusehen. Speziell Fronter Aleya sprang wie ein Gummiball über die Bühne, und konnte das Publikum wie immer sofort für sich einnehmen. Dabei wirkte der an Hyperaktivität grenzende Bewegungsdrang sowohl Aleyas wie auch einiger anderer Bandmitglieder zu keiner Zeit aufgesetzt, und man nahm allen Spielleuten die zur Schau getragene Spielfreude auch wirklich ab. Der Spaß kam wie immer nicht zu kurz, so vollführte Aleya schon einmal obszöne Gesten an seinem Mikrofonständer, oder hielt auch zum Gaudium des anwesenden Weibsvolks seine nackte, knackige Kehrseite ins Publikum. Entsprechend auch die Zuschauerreaktionen, die zu den rockigen Mittelalterklängen so richtig abgingen. Bereits beim Mythenschwangeren "Prometheus" übertönte der Publikumschor in der fast bis auf den letzten Platz gefüllten Filharmonie die Band auf der Bühne. Passend zum Datum der Veranstaltung, kurz vor Weihnachten, fanden sich auch zwei brandneue Titel in der Setlist der acht Spielleute. Mit "Willkommen in der Weihnachtszeit" rechneten SALTATIO MORTIS mit dem traditionell bereits im August startenden Weihnachtswahnsinn ab, während sie bei "Wo sind die Clowns?" auf die Suche nach dem immer weiter schwindenden Sinn für Humor in der Gesellschaft gingen. Beide Titel werden laut Aleya auf dem nächsten Studioalbum der Spielleute enthalten sein, das 2015 "pünktlich zum Beginn der Weihnachtszeit, nämlich im August" erscheinen wird. Nicht im Set fehlen durften natürlich auch die Singleauskopplung "Wachstum über alles" vom aktuellen Album, sowie der nachdenkliche Mitsing-Song "Koma" der die Pärchen im Publikum durch seine traurige Botschaft zum hemmungslosen Kuscheln und Knutschen animierte. Bei den mehrmaligen Aufforderungen ans Publikum zu Springen, konnte man direkt den Boden der Halle Erbeben spüren, als die fast 2.000 Besucher der Aufforderung eindrucksvoll Folge leisteten. Musik verbindet, wie auch "Ode an die Feindschaft" bewies, bei dem sich Fronter Aleya einmal mehr von der Bühne in die Menge stürzte, und sich von den Händen der Zuschauer quer durch die Halle tragen ließ. In der vollen Filharmonie drehte er dabei eine elegante Runde bis ganz Hinten und rund ums Mischpult, ehe er von den hunderten Händen wieder unbeschadet zurück auf die Bühne transportiert wurde. Zum Abschluss des Sets folgte noch eine kleine Überraschung - nämlich animierten SALTATIO MORTIS zunächst das Publikum den Spielmannsschwur zu singen, was es auch nur zu gerne und in beeindruckender Lautstärke tat - verabschiedeten sich aber dann von der Bühne ohne selbigen selbst zu spielen. Auch einen anderen Song vom aktuellen Album vermisste man in der Setlist, aber der Grund für diese anfängliche Merkwürdigkeit sollte sich im Verlaufe des Abends noch klären... So badeten SALTATIO MORTIS erst einmal im hochverdienten Applaus, um dann die Bühne freizugeben für den Headliner des Abends.

Setlist:

(ohne Gewähr!) - Früher war alles besser - Idol - Sündenfall - Eulenspiegel - Prometheus - Willkommen in der Weihnachtszeit (neuer Song) - Wachstum über alles - Nur ein Traum - Satans Fall - Koma - Wo sind die Clowns? (neuer Song) - Ode an die Feindschaft - Habgier und Tod - Worte - Spielmannsschwur (Kurzversion)

Der da hieß - welch Überraschung -

SUBWAY TO SALLY

! Immerhin fungierten die inzwischen getrost als Institution zu bezeichnenden Pioniere des Folk Rocks als Initiator dieser Festivaltour, die im traditionellen Jahresabschlusskonzert der Band am 30. Dezember ihren Ursprung hatte. Also gebührte ihnen auch die Headlinerposition auf ihrer ureigenen Tour, auch wenn das ein paar SALTATIO MORTIS-Anhänger, die sich über die angeblich zu kurze Spielzeit ihrer Lieblinge mokierten, anders sahen. Doch Ehre wem Ehre gebührt, so füllten SUBWAY TO SALLY ihren Platz am Ende des Sets auch wirklich gebührend aus - nach dem kontroversen aber innovativen Album "Mitgift" präsentierten sich Eric Fish und seine Gefolgsleute bereits auf der Album-Tour stärker denn je, und führten selbiges dann auch bei den Eisheiligen Nächten fort. Ganz im Gegensatz zu der eher müden Vorstellung des Vorjahres, die von der riesigen Schleyer-Halle geradezu erschlagen worden war, wirkten die Veteranen mit ihrem frischen Elektro-Einschlag (der aber live irgendwie weit weniger als erwartet auffiel) richtig befreit und spielten nach allen Regeln der Kunst auf. Gleich bei "Warte, Warte" gab es Pyrotechnik auf die Augen und Ohren, und beim vom Publikum herzhaft mitgegröhlten "Feuerland" kamen die vor der Bühne aufgebauten Flammenwerfer zu einem eindrucksvollen Einsatz. Sehr eindringlich an diesem Abend auch "Wenn Engel Hassen", bei dem ein paar unerwartet halb ins Publikum gerichtete Dampfsäulen die Fotografen erschreckten. Nebst neuem Material und unvermeidlichen Klassikern wurde zur Freude der Fans aber auch eine alte Nummer wie "Unterm Galgen" vom 1997er-Album "Bannkreis" wieder einmal ausgegraben und live präsentert. Auch getanzt wurde erneut wie wild, bei "Tanz auf dem Vulkan" - doch das sollte noch lange nicht alles sein was SUBWAY TO SALLY an diesem Abend zu bieten hatten... Die Handvoll eingangs erwähnte Gestalten die nach dem Auftritt ihrer Heroen von SALTATIO MORTIS beleidigt den Rückzug angetreten hatten fielen um das Highlight des Abends um: nämlich das bereits zu Beginn des Konzertabends von Eric Fish angekündigte "Gipfeltreffen der wahren Volksmusik". Ganze fünfzehn Spielleute (SUBWAY TO SALLY sowie die komplette Mannschaft von SALTATIO MORTIS) fanden sich dazu auf der Bühne ein, um gemeinsam ihre bekannten Songs zu zocken. Hier zeigte sich dann auch weshalb der Spielmannsschwur zunächst nur angestimmt aber nicht gespielt worden war - denn der Titel wurde jetzt mit Unterstützung von SUBWAY TO SALLY in voller Länge nachgeholt! Neben "IX" wurden auch noch die SUBWAY TO SALLY-Klassiker "Kleid Aus Rosen" und "Veitstanz" gemeinsam gezockt. Ersteres sorgte sowohl durch das schöne Duett von Eric Fish und Aleya (letzterer leider mit etwas leise eingestelltem Mikro) als auch durch den überwältigenden Publikumschor für echte Gänsehaut, während der "Veitstanz" durch die Darbietung von ganzen 15 Spielleuten zu einem noch mitreißenderen Titel wurde als gewohnt, und die Filharmonie in einen überdimensionalen Tanzboden verwandelte der unter den Füßen wortwörtlich wackelte. Der einzige klitzekleine Wermutstropfen dieser außergewöhnlichen Darbietung war lediglich, dass sich der Gesamtsound während der mit Musikern überfüllten Bühne etwas matschig präsentierte, was aber Anhand der puren Anzahl der Instrumente nicht verwunderlich war! Insofern also ein großes Kompliment an den Herren an den Reglern, diese Masse an Instrumenten in einer Livesituation auch noch adäquat ans Publikum weiterreichen zu können. Der Ausklang des Konzertes fand dann wie zu erwarten mit dem nicht kaputtzukriegenden Klassiker "Julia und die Räuber" statt, dessen Refrain vom Publikum bereits mächtig laut intoniert wurde bevor SUBWAY TO SALLY überhaupt auf die Bühne zurückkehrten. Entsprechend dann auch die Publikumsreaktionen als der Titel gespielt wurde, die Meute in der Sauna der Filharmonie gab noch einmal alles, und ließ die Wände der ehrwürdigen Konzerthalle erzittern. Noch lange nachdem sich Eric Fish und seine Gefolgschaft von der Bühne verabschiedet hatten erklang der Schlussapplaus in die Nacht, und ein jeder konnte in dem guten Gewissen nach Hause gehen im zu Scheiden beginnenden Jahr 2014 noch einmal ein richtig gutes Konzert mit vier toll aufgelegten Bands gesehen zu haben, für das sich auch die mitunter langen Anfahrtswege einiger Leute richtig auszahlten. Chapeau, SUBWAY TO SALLY! Die "Eisheilige Nacht" wird noch lange ein Fixpunkt im weihnachtlichen Konzertprogramm bleiben!

Setlist:

(ohne Gewähr!) - Warte, Warte - Schwarze Seide - Feuerland - Wo Rosen Blüh'n - Wenn Engel hassen - Traum vom Tod II - Unterm Galgen - Grausame Schwester - Arme Ellen Schmitt - Für immer - Im Weidengarten - Das Schwarze Meer - Tanz auf dem Vulkan Mit Saltatio Mortis: - Sieben - Kleid aus Rosen - IX - Spielmannsschwur - Veitstanz Zugabe: - Julia und die Räuber


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