19.05.2015, Weekender, Innsbruck

STICK TO YOUR GUNS + DEEZ NUTS + TRASH TALK + BEING AS AN OCEAN

Veröffentlicht am 24.05.2015

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Es ist wieder Zeit, Stormbringer Abteilung „Spiel und Spaß im Schützengraben“ begibt sich wieder einmal zur musikalischen Fortbildung in ungewohntes Terrain. Unsere Fotografin Tina und Kommilitonin zartes Pflänzchen (Schlag mich, ich steh drauf!) zerren den Verfasser dorthin wo sich die urbane Coolness-Elite trifft um zwischen Skaten, Freeskiing und sonstigen Trendsportarten über die neuesten vegetarischen Errungenschaften auszutauschen und stolz mit der Greenpeace-Member-Card zu wedeln, während man sich bei den heutigen eisigen Temperaturen den Arsch in der kurzen Trainingshose und dem Tank-Top abfriert. Ja richtig geraten, mein gebeuteltes Gehör muss wieder einmal in die Untiefen der Core-Gemeinde, und wie schon zuletzt bei der Double-Headliner-Kleinhirn-Penetration mit HEAVEN SHALL BURN und PARKWAY DRIVE im Münchener Zenith (zum Livereport) ist auch beim heutigen Besuch im Innsbrucker Weekender der Kulturschock vorprogrammiert. STICK TO YOUR GUNS haben sich angekündigt und versammeln die Core-Family, welche schon vor Beginn der Show ziemlich aus dem Häuschen ist. Hab ich was verpasst? Spielen hier MÖTLEY CRÜE ihren letzten Gig oder warum hüpfen die minderjährigen Groupies im Kreis? Der Support scheint auch hochwertig zu sein, zumindest wurde einem das von „musikalisch fachkundigen“ Fans mitgeteilt. DEEZ NUTS, TRASH TALK und BEING AS AN OCEAN werden das vorwiegend recht junge Publikum auf Temperatur bringe.

Apropos Temperaturen, der Einlass verzögert sich dann doch um eine halbe Stunde und die Mädels mit den Hipster-Hornbrillen und der Emo-Frise (Oder reichte das Taschengeld nur mehr um die Haarspitzen einzufärben?) fröstelt doch schon ein wenig vorm Weekender. Den Schreiber stresst das eher weniger, Denim and Leather sei es gedankt und ja man hat der Sau die Haut persönlich bei lebendigen Leib abgezogen. Um 20:00 darf man dann doch endlich runter in den Keller und dort angekommen muss man feststellen, dass die Opener immer noch mitten im Equiepmentaufbau stecken. Es gibt also noch eine Schonfrist fürs Gehör doch um 20:20 geht es dann endlich im jetzt schon knackvoll gefühlten Weekender los.

BEING AS AN OCEAN:
„You must not lose faith in humanity. Humanity is like an ocean; if a few drops of the ocean are dirty, the ocean does not become dirty.“ Angeblich durch dieses Zitat von Gandhi zu ihrem Namen inspiriert (Hipster, sofort unreflektiert klauen und mit Selfie posten!) bewegen sich die Kalifornier auf einem musikalisch weiten Spektrum. Einflüsse aus dem klassischen Hardcore mischen sich schon fast mit Pop-Elementen. „Mediocore Shakespear“ ballert die Truppe als Opener los und das anwesende Volk feiert heute von der ersten bis zur letzten Minute des Abends.

Der Altersschnitt des sich um im Publikum performenden Fronter Joel Quartuccio bildenden Moshpits bewegt sich irgendwo zwischen Windel und erstem Tretroller und eines der Schulmädels schaut so als hätte sie gerade ihren ersten sexuellen Höhepunkt und dass ohne dabei entjungfert geworden zu sein. Um den Corpsegrinder in abgewandelter Form zu zitieren: „And the next song is for all the women out there tonight: Fucked With A Sound Wave!“. Das sprichwörtliche Knife für den zärtlichen Koitus auszupacken schaffen BEING AS AN OCEAN dann leider doch nicht ganz, auch wenn sich zu „Dear G-D“ schon die ersten Stagediver tummeln. Kritikpunkt Nummer eins ist heute die gesangliche Leistung von Fronter Joel Quartuccio, der sich anstatt im Pit ordentlich mitzumischen wohl besser auf seine melodischen Parts konzentriert hätte. Die versemmelt er nämlich durchwegs und dem Zuhörer kommt nur ein leises Murmeln entgegen, shouten hingegen kann er wie ein Schwein auf der Schlachtbank. BEING AS AN OCEAN liefern sonst eine solide Show und zeigen sich als optimaler Anheizer für den folgenden HC-Wahnsinn. Setlist: - Mediocre Shakespeare - The Hardest Part Is Forgetting Those You Swore You Would Never Forget - Little Richie - Death's Great Black Wing Scrapes the Air - This Loneliness Won't Be the Death of Me - Dear G-D

TRASH TALK:
Und weil ein wenig selbstzerstörerischer Wahnsinn gepaart mit Fuck-Off-Attitüde noch nie geschadet hat dürfen als nächstes die Berserker von TRASH TALK die Location einreißen. Das Trash im Namen darf nicht wörtlich genommen werden, für die Mülltonne ist hier rein gar nichts. Vielmehr thrasht man sich mit ungebremster Energie durchs Publikum und was der BEING AS AN OCEAN Vocalist kann, dass kann ein Lee Spielmann schon lange. Quer durch den Pit wütet der anscheinend nicht ganz Zurechnungsfähige, während die Kollegen Stevenson und Pollard einem eine Mischung aus alten Thrash-Legenden, Punk-Rock und NAPALM DEATH-Grind servieren. „Shock Collars“ und Co., 40 Sekunden lange Prügelorgien, welch wunderbare Verbeugung vor einer anderen Ära, verpackt in das zeitgerechte Gewand einer Crossover-Thrash-Kapelle.

Zudem macht Frontschwein Spielmann, gleich wie unser Lokalwahnsinniger Heavy Kevey bei INSANITY ALERT, die kalkulierte Eskalation zur mitreißenden Show. „Ist der wirklich so bescheuert im Hirn oder spielt er das nur?“, fragt man sich schon, wenn der Mann an der Scheibe des Raucherabteils durchdreht und der dahinterstehenden Dame vors Sichtfeld rotzt und dabei so viel DNA hinterlässt, dass die Reproduktion eines Klons wohl nur mehr die geringste Herausforderung darstellen würde. Kurz darauf hält es den Ami dann auch nicht mehr vor dem Raucherbunker und er stürmt gleich samt Publikum hinein und verlegt den Moshpit in die Selchkammer. Publikumsbeschimpfung ist dann auch noch im Repertoire enthalten, eine Hand im Schritt die andere mit Mittelfinger erhoben, Peter Handke wäre stolz auf den Energiebolzen. Der Abriss geht dann leider doch viel zu schnell vorbei, eine Show von der einige Dauerlangweiler sich etwas abschauen können… I kill you bitch!

DEEZ NUTS:
Rapcore aus Melbourne, unser zartes Pflänzchen steht extrem drauf und bei sarkastischen Worten darüber mutiert sie sogleich zur fleischfressenden Dionaea muscipula (Friss mich, ich steh drauf!). Um die engstirnige Trveness und Credibility zu wahren und nicht auf die Todesliste der gewaltbereiten grim and frostbitten Pandabären zu geraten muss man DEEZ NUTS im allgemeinen Leben als den größten Schrott seit der Erfindung von so etwas wie Musik bezeichnen. Objektiv betrachtet hinterlassen die Aussies jedoch heute auch beim Schlachthausromatiker extrem positiven Eindruck. Songs wie „Whats Good“ oder „Shot After Shot“ lassen die Location brennen und Moshpit/Stagediver prüfen die Bausubstanz auf ihre Erdbebensicherheit.

Irgendwie kommt man aber nicht von dem Gedanken los, dass JJ Peters in seinem dimensionsmäßig einem Zwanzig-Mann-Zelt ähnelnden Shirt wohl gerne so etwas wie der nächste ICE T wäre. Wenn euch demnächst einer entgegen kommt, der sich mit Edding selbst geschwärzt hat könnte es sich unter Umständen um den DEEZ NUTS Sänger handeln. Apropos ICE T und BODYCOUNT, wie treffend doch gerade die Zeilen sind: “There´s a bitch in the pit!“. Immer vom Weltverbessern reden und dann als komplett behämmerte Violent-Dancer durch die Massen springen? Wo ist der „Good Friendly Violent Fun“ (für die Poser: EXODUS – „Fabulous Disaster“, listen or die!) geblieben oder habt ihr unter euren obligatorischen Hohlraumschonern (Base-Caps) wirklich keine Gehirnzellen mehr übrig? „Tonight We´re Gonna Party“, beschreibt dann die Stimmung trotz der Vollkoffer perfekt und die Gemeinschaftssauna grüßt uns erstmals am heutigen Abend. Bestreitet eigentlich irgendjemand, dass DEEZ NUTS ihre Riffs bei ANTHRAX und THE OFFSPRING klauen? Nein keiner, gut ist im Grunde auch egal, die Soundmischung groovt fett vor sich hin und „Band Of Brothers“ gibt’s dann noch als Finale draufgesetzt. Im Gegensatz zu den Landskollegen von PARKWAY DRIVE konnten die Aussies den Schreiberling von den Bühnenqualitäten ihrer untrven Musik überzeugen und dass die Fans von der enthusiastisch und publikumsnahen Show überzeugt waren kann in diesesm Fall als absolut gerechtfertigt angesehen werden. Setlist: - Word - What's Good - Stay True - DTD - Shot After Shot - The Message - Your Mother Should Have Swallowed You - Don't Wanna Talk About It - Face This On My Own - Tonight We're Gonna Party - I Hustle Everyday - What I Gotta Do - Band of Brothers

STICK TO YOUR GUNS:
„Take me down to the paradise city, where the grass is green, and the girls are pretty…“. Wieso jetzt GUNS N´ ROSES, wenn doch die Hardcore-Elite aus dem Golden State antreten soll. Ja, die kommen auch gleich auf die Bühne des Weekender, aber nach dem Soundcheck noch einmal zwanzig Minuten Zeit brauchen um loszulegen, wenn die ganze Veranstaltung schon außerhalb des Terminplans läuft sind halt leider Allüren die jenen des guten Axel um nichts nachstehen. Die Fanschicht scheint der Abturner nicht zu stören und gleich beim Start ins Set bricht die Hölle los. „What Choice Did You Give Us“ oder „Bringing You Down“, bringen das Publikum dazu sich gegenseitig zu Brei zu prügeln. STICK TO YOUR GUNS scheinen ihren Sound ja auch direkt aufs Knochenbrechen auszulegen, die überdominante Bassline nach jedem Break lässt das Menschenvieh im Takt zucken und liefert Jesse Barnett eine leicht zu dirigierende Crowd vors Mikro die dem Wahlkanadier gierig aus der Hand frisst. Weil wir schon über Mastermind Barnett sprechen, wie erkennt man einen Veganer? Genau er erzählt es dir! Sea Shepard, Rettet die Wale, Peta für eine bessere Welt, bekehrt alle Karnivoren und wenn sie nicht auch Grünzeug futtern zwingen wir sie dazu. Die vorprogrammierte Umweltschützer-Slapstick-Einlage jedes Metalcore-Konzerts schlägt wieder zu. Den in Ambivalenz stehenden überfetten Tourbus mit Verbrennungsmotor vergisst man dann einfach kurz und redet sich selbst den grünen Ökojesus ein, aber zumindest kommen heute keine „Tötet die Fleischesser Phantasien“ im Stile von HEAVEN SHALL BURN Chefkörnerfresser Marcus Bischoff von der Bühne. Mit den Meldungen bezüglich des Menschenrechtes auf Bildung stößt man dann beim bekennenden Steakliebhaber schon mehr auf Gehör. Ziemlich kritisch und dass von jemanden ohne Schulabschluss, oder ist es im Amiland nicht sogar vorteilhafter keinen solchen zu besitzen bevor das Hirn mit Intelligent Design verseucht wird?

Zurück zur Musik, da gibt es eigentlich relativ wenig auszusetzen. STICK TO YOUR GUNS sind mittlerweile eine gut eingespielte Truppe bei der jeder Handgriff sitzt und die Soundqualität lässt auch nicht zu wünschen übrig. Für diese Leistung darf man Ex-EVERGREEN-TERRACE Gitarrist Josh James dann gerne ein Geburtstagsständchen trällern während er die Kerzen auf seiner Schokotorte auspustet, bleibt nur die Frage offen ob der Kuchen auch vegan hergestellt wurde? Jesse lass es uns wissen es interessiert uns brennend… Aber anstatt Backtipps haut man mit „Still Believe“, „Diamond“ und „Against Them All“ noch einmal ordentlich auf die Fresse und doch bleibt der Kritiker am Ende etwas zwiespältig zurück. Tight und kompromisslos runter gezockt aber so publikumsnah wie DEEZ NUTS gab man sich On Stage dann doch nicht. Setlist: - Nobody - Empty Heads - Amber - Disobedient - What Choice Did You Give Us? - Such Pain - Nothing You Can Do to Me - Bringing You Down - What Goes Around - I Choose No One - We Still Believe - Diamond - Against Them All Conclusio des Abends: STICK TO YOUR GUNS zeigten sich spielerisch souverän professionell, DEEZ NUTS gewinnen den Preis für Publikumsnähe/Stimmung und TRASH TALK dürfen sich ab jetzt auch in der Playlist des Verfassers tummeln. Am Ende noch der allgemeine Aufruf zur musikalischen Toleranz an des Schreibers eingeschworene Credibility einpeitschenden Krawallbrüder,. Möget ihr mir wieder einmal den Ausflug zu den „musikalischen Ketzern“ verzeihen und der Verfasser zahlt auch den Flieger zum nächsten polaren frostbitten holiday inklusive einer Partie Robben kloppen!

Thx für die Pics geht an Tina, mehr Fotos könnt ihr in der Galerie sehen!
p.s. für die Sarkasmusbefreiten: Urlaub inklusive Robben kloppen darf als niveauloser Witz verstanden werden. Peta braucht jetzt keine Demo gegen Stormbringer organisieren!


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