25.05.2015, Porsche Arena, Stuttgart

DEF LEPPARD + BLACK STAR RIDERS

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 27.05.2015

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Stormbringer West setzte am Pfingstwochenende wieder einmal auf Kontrastprogramm. Statt des allgegenwärtigen Eurovision Song Contest wurde bekanntlich ein todesmetallisches Wettsingen mit geschätzten 50 Zuschauern besucht und um die Internationaliät zu wahren wurde zwei Tage später, am Pfingstmontag, in Stuttgart die Porsche Arena mit geschätzt der hundertfachen Menge an Zuschauern unsicher gemacht. Die britischen Stadionrock-Könige DEF LEPPARD luden in einer der Großhallen im schwäbischen NeckarPark zur Audienz und nebst tausenden Fans folgte auch Stormbringer - ist ja quasi ums Eck. Als Support hatten die britischen Rocker die amerikanischen BLACK STAR RIDERS im Gepäck, die 2012 gegründete Quasi-Nachfolgeband von THIN LIZZY. Dass das Hallen-Duo Hanns-Martin-Schleyerhalle und Porsche-Arena - die beiden Hallen teilen sich denselben Eingang samt Barbereich und Garderobe - Erfahrung mit Großveranstaltungen hat war unübersehbar, denn sowohl die Parkplatzeinweisung bei der Anfahrt als auch der Einlass an der Halle funktionierten reibungslos und so gut wie ohne Wartezeiten. Angenehme Temperaturen drinnen, sowie professionelles Personal, das für die Freihaltung der Gangbereiche in der Arena sorgte, ließen das Konzert für Zuschauer und Fotografen gleichermaßen zu einer entspannten Sache werden. Hervorzuheben hier der gesonderte Presseeingang, sowie die Verfügbarkeit von Schließfächern für das Equipment der Fotografen. Sofern die teils recht ausladenden Rucksäcke der Kollegen in das für diese Zwecke eher knapp bemessene Fach passten, natürlich. Schiebquetschdrück - "Gots nit noi?" "Des got do scho noi!".

Pünktlich um 20 Uhr begannen die

BLACK STAR RIDERS

das Publikum zu beschallen. Nicht ganz ausverkauft, aber bis auf ein paar Tribünen-Restplätze voll, konnten die fünf Amerikaner gleich einmal auf ein richtig großes Publikum bauen. Bunt durchgemischt von Altrockern und Kuttenträgern aller Altersklassen bis hin zu modischen Jünglingen in Begleitung hornbrillentragender Hipster-Mädels in mal mehr, mal weniger kleidsamen Leggings, schenkten die Zuschauer der Gruppe auf der Bühne sowohl lauten Applaus als auch so manch verständnislose Blicke. So wie der energiegeladene Auftritt des Fünfers vor allem im Bereich direkt vor der Bühne auf fruchtbaren Boden fiel, so versteinert verfolgten viele Leute auf den Rängen die Performance. Dabei gaben BLACK STAR RIDERS auf der Bühne richtig Gas und brachten druckvolle Songs wie das lässige "Bound For Glory", "Finest Hour" oder auch "The Killer Instinct" um einiges energetischer und mitreißender vor als auf CD. Einen großen Anteil daran hatte der charismatische Fronter Ricky Warwick, der von seinen kongenialen Instrumentalisten perfekt unterstützt wurde. Zwei E-Gitarren sowie die Akustikklampfe von Ricky Warwick transportierten den klassischen Sound im Stile von THIN LIZZY ins neue Jahrtausend. Einzig der Sound der Amerikaner war suboptimal, da eher matschig-dröhnend abgemischt und mit sehr leisen Vocals nicht gerade dem Verständnis der Neu-Hörer (und das waren an diesem Abend wohl gefühlt 90 Prozent der Halle) zuträglich. Schade vor allem auch, dass die ins Publikum gepfefferten THIN LIZZY-Klassiker wie zB "The Boys Are Back In Town" so wenig Beachtung fanden - so mancher im Publikum schien diese Titel nicht einmal zu kennen. Selbst bei dem mehr als bekannten und bereits vielfältig gecoverten "Whiskey In The Jar" konnte man nur marginal mehr Leute ausmachen die aus vollem Halse mitsangen. Bis auf die erwähnten Soundprobleme und die leider häufig fehlende Unterstützung des Publikums konnten BLACK STAR RIDERS aber auf ganzer Linie überzeugen, und holten sich ihren Applaus mehr als verdient ab. Eine unbedingte Empfehlung, auch einmal in das aktuelle Album "The Killer Instinct" hineinzuhören und sich dabei keinesfalls von dem etwas verunglückten Cover zu irritieren oder gar abhalten zu lassen.

Setlist

(Ohne Gewähr!) - Bound For Glory - Jailbreak (THIN LIZZY-Cover) - Kingdom Of The Lost - Charlie I Gotta Go - Soldierstown - The Boys Are Back In Town (THIN LIZZY-Cover) - Finest Hour - Whiskey In The Jar (Cover) - The Killer Instinct

Allgegenwärtig der Union Jack, als

DEF LEPPARD

ebenfalls pünktlich um 21:15 Uhr ihr eineinhalbstündiges Set mit "Rock Rock (Till You Drop)" starteten. Am Mikro von Joe Elliot, an Kopfhörern und Shirt von Drummer Rick Allen, sowie an Gitarren, diversen anderen Kleidungsstücken und auch mal an den riesigen Videowalls war die Flagge omnipräsent und machte auch noch den letzten Zusehern klar, dass hier eine britische und keine amerikanische Band auf der Bühne stand. Ob die von Nationalstolz geprägte Bildungsoffensive im Publikum auf fruchtbaren Boden fiel konnte man nicht sagen - wie immer bei Veranstaltungen dieser Größenordnung trieb sich natürlich auch eine Menge artfremder Eventtouristen herum. Ob es wohl an den kürzlich von Lidl in Deutschland verkauften "Pyromania"-Shirts von DEF LEPPARD lag? Natürlich musste sich auch der Verfasser selbst davon überzeugen und den unfassbaren Betrag von 4,99 Euro einsetzen um sich von der Qualität der Shirts ein Bild machen zu können. Prädikat: Ordentlich, sogar original lizensiertes Merchandise. In der Porsche-Area zählte der Verfasser dann allein durch flüchtiges Hinsehen 36 Shirts gleicher Bauart - vermutlich waren es noch einige mehr. Übrigens, von Personen der Sorte Konzerttouristen zu vernehmende Fragen wie "Warum spielt der Drummer einhändig?" oder Aussagen wie "Boah is der scheiße, den Beat kann ja jedes Kind spielen" taten direkt in der Seele weh, bräuchte es doch gerade einmal eine Minute Google-Einsatz an den zuhauf zum Zwecke der bildlichen Dokumentation in die Höhe gehaltenen Smartphones, um herauszufinden, dass Rick Allen bereits vor 30 Jahren seinen Arm bei einem schweren Autounfall verlor und seitdem an einem speziell für ihn angefertigten teilelektronischen Schlagzeug spielt. Aufregen bringt ja doch nichts, deshalb genoss man stattdessen lieber die Show. Und showtechnisch wussten DEF LEPPARD wirklich genau was sie da taten. Da saß jeder Handgriff und alles auf der Bühne zelebrierte wirkte, obwohl straff durchorganisiert, locker und spontan. Joe Elliot suchte immer wieder den Kontakt zum Publikum, forderte zum Klatschen oder Mitsingen auf und scheute auch nicht davor zurück, am seitlichen Bereich der Bühne die Leute auf den Rängen ein wenig auf Trab zu bringen. Zwischen "Foolin'", "Armageddon It" und "Rocket" tobten sich die durchwegs im fortgeschrittenen Alter befindlichen Herren ordentlich aus und zeigten, dass sie, obwohl nicht mehr taufrisch, noch keineswegs zum alten Eisen gehören. Vor allem Gitarrist Phil Collen sah mit nacktem, durchtrainiertem Oberkörper besser aus als so mancher junge Möchtegern-Rocker mit Bierbauch - angeblich wird Phil vor der Show auch immer von seiner Ehefrau, die Teile des Konzertes neben der Bühne stehend verfolgte, gründlich eingeölt, um gut zur Geltung zu kommen. Man wird ja doch etwas eitel im fortgeschrittenen Alter... Optisch genauso sehenswert wie Gitarrist Phil Collen der Einsatz der Videowalls, die teilweise mit Live-Kamera und mit Animationen betrieben wurden. Besonders gelungen hier die Schrift-Animationen zu "Love Bites", sowie die Einblendung virtueller Verstärkerboxen und tausender Retro-Fernsebildschirme mit wechselnden Bildern. Für so manches Schmunzeln im Publikum sorgten die im Zugabenteil auf die Videowall projizierten alten Fotos der Band - ja, ein bisschen verändert haben sie sich schon, die Haare sind weniger, die Falten mehr... aber gerockt wird noch immer wie früher! Einzig ein paar härtere Nummern hätten DEF LEPPARD noch dazu nehmen können, was aber keinesfalls die Gänsehaut-Wirkung von ruhigen Nummern wie "Love Bites" oder der Akustik-Ballade "Two Steps Behind" schmälerte.

So richtig ab ging es im bis dato eher handzahmen Publikum dann aber erst als die besonders bekannten Klassiker ausgepackt wurden. Der Mitsing-Pegel bei "Hysteria" und "Let's Get Rocked" war sehr hoch, und auch zu dem sattsam bekannten "Pour Some Sugar On Me" brüllte sich so mancher Zuschauer die Seele aus dem Leib. Bloß die Regler für die Bässe hätte man ein klein wenig zurücknehmen können - im vorderen Bereich der Halle kam der Fünfsaiter von Rick Savage schon sehr dominant an und auch Bass- und Snaredrum hatten enorm pumpenden Sound der die Halle zum Vibrieren brachte. Oder waren es doch die Zuschauer, die bei den nach langem Szenenapplaus nachgeschossenen Zugaben "Rock Of Ages" und "Photograph" die Porsche-Arena zum Beben brachten? Man weiß es nicht, fest steht nur, dass DEF LEPPARD an diesem Abend in Stuttgart eine Machtdemonstration abgeliefert haben, mit der sie bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Die mehr als dankbare Aufnahme des Publikums lag vielleicht auch darin begründet, dass sich die Mannen rund um Joe Elliot bereits seit einem dutzend Jahren nicht mehr auf deutschem Boden gezeigt hatten - dafür gab es das abschließende Versprechen, dass es bis zum nächsten Mal nicht wieder so lange dauern würde!

Setlist:

(Ohne Gewähr!) - Rock! Rock! (Till You Drop) - Animal - Let It Go - Foolin' - Promises - Paper Sun - Love Bites - Armageddon It - Rock On (DAVID ESSEX-Cover) - Two Steps Behind (Acoustic) - Rocket - Bringin' On The Heartbreak - Switch 625 - Hysteria - Let's Get Rocked - Pour Some Sugar On Me ------------------------------------- - Rock Of Ages - Photograph

Auch nach Ende der höchst gesitteten Show ging alles reibungslos, selbst der unvermeidliche Stau bei der kollektiven Abfahrt der motorisierten Besucher hielt sich in Grenzen. Okay, bei zeitgleichen Veranstaltungen in beiden Hallen UND einem Fußballspiel im ums Eck liegenden Stadion hätte das vermutlich anders ausgesehen. Aber so konnte man sich über ein entspanntes Ende eines hochklassigen Konzertabends freuen und ist gerne bereit, die weite Anfahrt für ein Event ähnlicher Größenordnung und Qualität noch einmal auf sich zu nehmen. Könnten wir die Briten nicht einfach hier behalten und noch einmal spielen lassen..? Weitere Fotos des Events findet ihr in der Galerie!


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