25.07.2015, Rockhouse-Bar

CARNIFEX + CASTIEL + CANCER FOR BREAKFAST

Veröffentlicht am 28.07.2015

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Nach dem doomigen Saunagang am Donnerstag mit ELDER und einer Radiosendung mit Sauna-Aufguss am Freitag (die Nachlese der dort gesendeten Interviewaufzeichnung mit POWERWOLF findet ihr hier - und wer nicht reingehört hat, der hat verpasst, wie das jetzt schon legendäre "True Survivor"-Cover des hauseigenen Drachentöters on Air ging) war es am Samstag der dritte Tag in Folge, an dem es für Stormbringer West diesmal auf Zutun der unermüdlichen Fotografin Tina harte Musik aufs Mützchen gab. Und "hart" war da wörtlich zu nehmen, war doch um das was die Temperaturen (endlich!) niedriger waren die Musik umgekehrt proportional derber. Denn der US-Amerikanische Deathcore-Export CARNIFEX hatte zur fröhlichen Zertrümmerung der Rockhouse-Bar geladen und sich dafür um zwei österreichische Bands verstärkt, die da waren CASTIEL aus Kärnten und CANCER FOR BREAKFAST aus Salzburg. Hart auch der Modegeschmack des Publikums - die gut gefüllte Rockhouse-Bar wurde zum Schaulaufen der Modeunfälle aus dem Core-Bereich. Die Buntheit, die der Tiroler Kollege Laichster bei seiner Expedition zu HEAVEN SHALL BURN (übrigens mit der gleichen Supportband die heute in der Bar Headliner ist...) dem Core-Volk attestierte, war hier nicht zu bemerkten - es dominierte ganz klar das klassische Schwarz. In Form von kurzen Sporthosen und Tanktops, aber immerhin. Großflächige Tattoos, Fleshtunnel (ab einer gewissen Größe gruslig anzusehen - man fühlte sich irgendwie immer befleißigt, da mal schnell ein Schloss einzuhängen, zuzudrücken und anschließend flugs das Weite zu suchen...) und seltsame Frisuren gab es obendrauf. Undercut steht echt nicht jedem und in einem Längenbereich zwischen kurz und richtig lang sieht's für Nicht-Szenemitglieder einfach nur lächerlich anstatt cool aus - genauso wie die um sich greifende, vornehmlich weibliche Unsitte, sich bei langen Haaren auf einer Seite des Kopfs auszurasieren - tut mir leid, ich versteh "Mode" einfach nicht. Genauso wenig, warum man unter diesem Decknamen Hotpants zu knielangen Ringelstrümpfen kombiniert... aber genug davon, wenden wir uns lieber dem dargebotenen musikalischen Menü zu - das war nämlich um einiges besser als der Kleidungsgeschmack mancher Zuseher.

Zu früher Stunde gab es

CANCER FOR BREAKFAST

, die erst einmal für eine handfeste Überraschung sorgten - und das nicht nur aufgrund der handgeschriebenen und liebevoll gestalteten Setlist (mit Smiley und Blümchen!). Die Ohren erreichte nämlich nicht der zu erwartende Krawall, sondern vielmehr überraschend melodischer Schwermetall mit etwas Hardcore-Einschlag. Da tat man sich gleich einmal schwer, die Band in parat stehende Genre-Schublädchen zu verfrachten, anhand der überzeugenden Darbietung verzichtete man aber kurzerhand auf eine Klassifizierung und attestierte stilunabhängige Klasse. Einen guten Anteil daran hatte die Rhythmusfraktion, die im Vergleich zur Rest der Band bereits in etwas fortgeschrittenem Alter war und ein Grundgerüst lieferte, das sich gewaschen hatte. Vor allem Schlagzeuger Markus sorgte bei der Stormbringer-Abordnung für offene Münder - da sitzen aber bei etablierten Bands oft schlechtere Leute an der Schießbude. Auch das bereits zahlreich anwesende Publikum goutierte die Vorstellung augenscheinlich und feuerte die Frühstückskrebse lautstark an - auch die ersten Core-Zappelphilipps zeigten gleich einmal zu dem ziemlich gut abgemischten Sound in den ersten Reihen ihre Künste. Ein klasse Auftakt für den Konzertabend!

Setlist:

(siehe Bild)

Den zweiten Gang servierten dann

CASTIEL

aus Kärnten - und damit kam dann auch endlich der erwartete Krawall. Allerdings gipfelte dieser nicht in einem höllischem Abriss, sondern präsentierte sich der überwiegend im Down-Tempo gehaltene Deathcore zwar enorm heavy, aber leider auch fürchterlich zäh. Dem Publikum allerdings schien es zu gefallen, denn es spendete den Kärntnern amtlichen Applaus und die Schar an akrobatischen Leuten, die ihre Gliedmaßen ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend warfen, vermehrte sich. Beim Schreiberling und der Core-erprobten Stormbringer-Fotografin fiel der Auftritt auf wenig fruchtbaren Boden, der streckenweise übersteuernde Sound und die etwas übermütigen Zappelphillippe taten dann ihr Übriges dazu, dass sich Stormbringer West den Rest des Auftritts vom Foyer aus auf dem Videoschirm ansah. Dem anständigen Schlussapplaus nach zu urteilen, hatte das Publikum wohl mehr Sinn für Down-Tempo-Deathcore. Einzig die am Brustgeschirr des augenscheinlich einen Stock verschluckt habenden Schlagzeugers befestigte Action-Cam entzog sich dem Verständnis vieler - eine zusätzliche Kamera im Rücken der Band gab es ebenfalls.

Zum abschließenden Dinner gab es dann

CARNIFEX

auf die Ohren - die einem auch noch die letzten noch lebendigen Gehirnzellen zermantschten! Mit zunächst zwei achtsaitigen (!!) und später zwei siebensaitigen Gitarren bretterten die Amis mit einer Soundwand durch die Rockhouse-Bar, dass es sich gewaschen hatte. Zum Glück haben stollenförmige Räume eine hohe Standfestigkeit, ansonsten wäre vermutlich unter den erdbebenartigen Klängen die CARNIFEX da entfesselten irgendetwas eingestürzt. Ob die im Verlaufe des Abends zu Bruch gegangenen Bierkrüge nur heruntergefallen oder doch von der Soundapokalypse zerbröselt worden waren, war nicht mehr zu eruieren. Dass die Vocals, äh, die Shouts, äh, das Gekeife... (wie nennt man diese Töne bitte im Fachjargon? Tina?) einen Zacken zu leise waren störte nicht wirklich - die Deathcore-Fangirlies, die mit Kriegsbemalung die Frontreihe in Beschlag nahmen, himmelten den segelohrigen Scott Lewis ohnehin an, ob sie ihn nun hören konnten oder nicht. Auch Fotografin Tina fühlte sich durch die Optik äußerst gut unterhalten - die schreibende Begleitung hingegen fühlte sich mehr dem blondgelockten Gitarristen zugetan. So hatte ein jeder seine optischen Schmankerl zu begutachten, währenddessen der teils melodische teils einfach nur noch brachiale Sound mit einer außerordentlichen Vorstellung an den Saiteninstrumenten die Bar in Schutt und Asche legte. Alter Falter, so einen Abriss hat schon länger keine Band mehr in der Bar hingelegt...

Setlist:

(ohne Gewähr!) - In Coalesce With Filth And Faith - Hatred And Slaughter - Slit Wrist Savior - Dark Days - Until I Feel Nothing - Dragged Into The Grave - Dead But Dreaming - Die Without Hope - Lie To My Face - Hell Chose Me

Nicht überraschend, dass nach dem Abend voll brachialer Musikkost so einige Leute körperlich ordentlich ausgepowert nach Hause schlichen. Trotz der vielen herumzappelnden Leute gab es überraschenderweise nur eine blutige Nase und ansonsten keine Blessuren - zumindest ist nicht überliefert ob die eingegipste Hand in der ersten Reihe bei CARNIFEX auch schon zu Beginn des Konzerts einbandagiert war. Überraschung des Abends die Supportband CANCER FOR BREAKFAST (nach dem Fronter Dominik Krebs benannt), die beim Stormbringer-Schreiberling auf extrem fruchtbaren Boden fielen. Die Down-Tempo-Vorstellung von CASTIEL wurde vom Publikum ganz gut aufgenommen - und die Amis von CARNIFEX rissen anschließend einfach nur alles ab. Hellyeah, was für ein Hammerabend mit dreigängigem Musikmenü - ich geh dann mal meinen Tinnitus pflegen. Entweder werde ich alt, oder brauche einen stärkeren Gehörschutz für zukünftige Deathcore-Eskapaden - die Befürchtung liegt nahe, dass es nicht der letzte Ausflug des bekennenden Einhornmetallers in artfremde Gefilde gewesen sein wird... Der Dank an die Fotos geht einmal mehr an unsere rasende Konzertfotografin Tina Burgstaller, mehr davon findet ihr in der Galerie!


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