19.03.2015, Weekender

SUICIDAL ANGELS + DR LIVING DEAD + ANGELUS APATRIDA + FATEFUL FINALITY

Veröffentlicht am 23.03.2015

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Böse Zungen mochten behaupten, dass heute das halbe „Armenhaus Europas“ live in Innsbruck gastieren sollte bzw. dass Zweitliga-Thrash auf dem Programm stand. Mochte sein, aber grundsätzlich recht traurig, dass Europa (Deutschland mal ausgeklammert) bis auf die heute zockende Speerspitze (bzw. maximal noch EVILE oder GAMA BOMB) wenig Originelles bzw. Besseres im Thrash-Bereich hervorzubringen vermochte (DR. LIVING DEAD zählen wir mal zum Crossover). Andererseits war es schon immer irgendwie so, dass mit der Teutonengarde und den Ami-Bands nur recht wenige Euro-Combos (CORONER ARTILLERY, SABBAT) mithalten konnten. Wer die Chefs im Haus sind, bewiesen zuletzt die eindrucksvollen Vorstellungen von Combos wie z.B. EXODUS oder HAVOK...sowie die mächtigen OVERKILL (zum Livereport aus Wörgl). Wie auch immer, ich freute mich heute auf eine amtliche Clubshow (von schweißtreibend durfte man inmitten des ausklingenden Winters nicht sprechen) mit einem bunten Thrash- und Crossover-Strauß mit Pflänzchen aus dem gebeutelten Griechenland, dem nordischen Schweden und dem heißblütigen Spanien. Neben der obligatorischen Konzertankündigung, CD-Reviews und dem Livereport gibt es auf diesen Seiten zudem die Vollbedienung, im Text sind nämlich noch brandaktuelle Interviews von der aktuellen Tour mit ANGELUS APATRIDA und DR. LIVING DEAD verlinkt, welche Stormbringer-Kollege Robert vor kurzem mit den Bands geführt hat.

ANGELUS APATRIDA Nachdem der Opening Act FATEFUL FINALITY vor noch spärlicher Kulisse aufspielen mußte, verdichtete sich bei den Abtrünnigen Engeln die weiter eher spärlich bestückten Reihen im Publikum. Die Spanier sind ja eine der Hoffnungsträger des Euro-Thrash und bestätigten diesen Ruf auch am heutigen Abend. Ein bockstarkes “Immortal” (vom geilen "Hidden Evolution"-Album ->zum Review) eröffnete das Set zur TV-Hauptabendzeit. Leider litt das Set von Anfang an unter dem nicht gerade ideal ausbalancierten Sound und einer meist zu leisen Stimme (vielleicht war auch der hohe Hall-Anteil schuld). Auch die fast schon verzweifelten Gesten Richtung Soundmann von wegen “Regler nach oben” zogen sich durch das ganze Konzert. Die Ibero-Armada ließ sich jedoch dadurch nicht von ihrer Linie abbringen, zockte pfeilschnelle Titel wie etwa "Violent Dawn" ebenso wie langsamere und groovigere Teile („Blast Off“) und ließ sich von den Soundunstimmigkeiten nicht unterkriegen. Unter dem Jubel der Anwesenden bekräftigte Sänger Guillermo Izquierdo mehrmals, was eh jeder Anwesende wußte, nämlich, dass die Band zum ersten in Innsbruck gastierte. Interessanteres als dies könnt ihr im kürzlich mit dem Fronter geführten Talk nachlesen (zum Interview). Sympathisch waren die Jungs aber allemal und das mit technischen Finessen und faszinierendem Spielwitz gespickte Set voller Thrash-Kracher darf als amtlich bezeichnet werden, was leider später vom Headliner bestätigt wurde. Mit zunehmender Spieldauer kamen auch die bekanntesten Titel der Engel zu Innsbrucker Liveehren. Überraschend stark war der Livebrüller „Give 'Em War“ (vom "Evil Unleashed/Give ´Em War"-ReRelease), das neue “End Man” und natürlich dem "The Call"-Smasher “You Are Next”, mit dem sich das tolle Quartett von der Bühne verabschiedete. Was für eine bärenstarke Performance die Abtrünnigen wohl an einem richtig guten Tag und ohne Soundprobleme abliefern könnte, ist wohl kaum auszudenken. Daumen hoch für ANGELUS APATRIDA, die ironischerweise beste Band des heutigen Abends, die sogar der ansonsten ewig-überkritischen SB-Fotografin Tina zu gefallen vermochte.

Setlist:

- Immortal - Violent Dawn - Of Men and Tyrants - Serpents On Parade - Blast Off - Give 'Em War - End Man - You Are Next

DR. LIVING DEAD Nach den wirklich tollen Studioleistungen (man höre etwa das letzte Kracheralbum "Crush The Sublime Gods" (zum Albumreview) nahm ich im Vorfeld an, dass die Band live eine Bank sein müßte und dass man wohl mit einer absolut verläßlichen, starken Leistung rechnen durfte. Tatsache war jedenfalls, dass heute das genaue Gegenteil der Fall war. Saft- und kraftlos (die lange "Conquering Europe Tour Part II", welche den Troß sage und schreibe 36 Dates lang durch stattliche 16 Länder führte bzw. führt, neigte sich immerhin schon dem Ende zu und forderte wohl ihren Tribut) und müde (bzw. für mich ermüdend) klang das Ganze und auch die Performance des Totenkopf-Quartetts war eher hüftlahm. Druckloser, dünn klingender Sound trug weiters ebenso zu einer schwachen, recht statischen Perforamce bei wie auch das zahm klingende Gebrülle von Frontmann Dr. Mania, das zudem recht verhalten durch seine Maske durchdrang. Von den gesanglichen, an Mike Muir und Co. erinnernden stimmlichen Facetten und Schmankerln ganz zu schweigen, die heute überhaupt nicht zur Geltung kamen. Die Masken limitierten die Schweden ohnehin, Mimik und Ausdruck war gestern, abgesehen davon, dass die vier Jungspunde nicht wie erhofft wie die Berserker über die Bühne fegten. Wer die zuletzt gezeigten Liveleistungen von INSANITY ALERT (u.a. auf selber Bühne -> zum Livereport) miterlebt hatte, der wußte, wie ausdrucksschwach und drucklos das heutige Konzert war und im Umkehrschluß, dass “unsere” Jungs (und zwar ohne jeglichen Lokalpatriotismus!) jedes Mal einen akustischen Flächenbrand aus Enthusiasmus, Hi Energy Power, einer gesunden Portion Wahnsinn, bärenstarkem Songmaterial und einem Brüllwürfel-Derwisch als Fronter entfachen, der die vier Totenkopf-Maskenmänner wie armselige Pausenclowns aussehen läßt. Der Funke zum Publikum vermochte auch nur auf den eher jungen Teil der Anwesenden überzuspringen, die meisten übten sich eher im emotionslosen Beobachten und höflich Beifallklatschen. Die Tour hatte ja schon knapp drei Wochen vorher schon in Wien Halt gemacht und konnte dort augenscheinlich mehr überzeugen. Was die beiden Bandneulinge zu den Themen Maskerade, SUICIDAL TENDENCIES etc. zu sagen hatten, könnt ihr im ausführlichen Gespräch mit Dr. Mania und Dr. Slam (zum Interview) nachlesen.

Setlist:

- Hard Target - Gremlin's Night - You're Lost - Buck$ - Reptiles Beneath - They Live - Suffering - Dead End Life - My Brain Is For Sale - TEAMxDEADx - Streets Of Doc-Town - World War Nine - Revenge On John - Civilized To Death - UFO Attack - Dr. Living Dead

SUICIDAL ANGELS Angekündigte Katastrophen finden meist ja nicht statt, heute irgendwie schon. Naja, lassen wir die Kirche im Dorf. Meine Favoriten waren die Engel ja noch nie, und von Katastrophe darf man fairerweise auch nicht sprechen. Doch entwickelte sich das Konzert der Griechen leider wie erwartet. Meist vergleichsweise stumpf auf einem Riff rumreitend, kam im Laufe des Konzerts recht bald Langeweile auf. Und selbst wenn songmäßig Hoffnung aufkeimte, wurden die Refrains von Fronter Nick Melissourgos vergleichsweise recht eindimensional herausgepreßt ("Bleeding Holocaust", "Reborn In Violence"). Effekt- und machtvolle Mattenkreis-Breakdowns wie in "The Pestilence Of Saints" werden von den Hellas-Thrashern leider ebenso wenig viel zu selten eingesetzt wie ein breitbeinig gedrosselter Rocker wie etwa "Beggar Of Scorn". Und auch Kollege Reini behielt mit seinem Review zum aktuellen Album „Divide And Conquer“ (zum Review) recht, dessen Stücke zwar bemüht abwechslungsreicher, aber dadurch (den Titeltrack ausgenommen) keineswegs besser als in der Vergangenheit waren. Dieses Manko der Eindimensionalität versuchten die Griechen durch vermehrtes Stageacting, Headbanging und mit einem, dem südländischen Metalvolk in die Wiege gelegten Plus an Herzblut wieder wettzumachen, was dem Vierer schließlich über weite Strecken auch zu gelingen vermochte. Obwohl die Engel zwar immer versuchten, alles richtig zu machen (Ed Repka-Covers, Opening Slots auf den richtigen Tourneen), machte der heutige Abend aber doch recht klar, dass die Griechen keine Headlinerposition zu bekleiden vermögen und noch im Support-Status stecken. Ich hatte jedenfalls schon lange keinen so schwachen/unwürdigen Headliner mehr gesehen, der etwa in Sachen Spielwitz dem Support ANGELUS APATRIDA bei weitem hinterherhinkte, keinen coolen, abgeklärten Charme verbreiten konnten, sondern eher mit polierten, eindimensionalen Holterdipolter-Nummern (die zudem vom dominanter Schlagzeug übertönt wurden) eher ermüdend wirkten, wenngleich die Griechen bei manchen vorderen Drittel recht gut ankamen.



Fazit: Was uns im Vorfeld mit Superlativen a la Monster-Thrash-Tour präsentiert wurde, stellte sich eher als Langeweilerpartie heraus. Wer heute unter den nicht mal 100 Anwesenden war, hat bis auf das Aufblitzen der Klasse von ANGELUS APATRIDA nichts verpaßt. Schade.



Setlist:

- Divide And Conquer - Bloodbath - Apokathilosis - Reborn In Violence - Seed Of Evil - Morbid Intention To Kill - The Pestilence Of Saints - Beggar Of Scorn - Control The Twisted Mind - Bleeding Holocaust - Moshing Crew Fotos: Tina Burgstaller (3), Bernhard Schösser (1) – mehr Pix sehr ihr in unserer Gallerie und hier.


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