Da ist es nun also. Das vermutlich spannendste Comeback 2007. Die Vorgeschichte kennen wir alle - gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen Tarja und NIGHTWISH war ja die kürzlich über die Bühne gegangene Scheidung unserer Society-Lugners ein feuchter Lärcherlfurz im Wald. Also kein Wort mehr darüber.
Gottseidank nenne ich eine Promokopie mein Eigen, wo ich alle paar Minuten freundlicherweise daran erinnert werde, daß es sich hier doch um die neueste Veröffentlichung von NIGHTWISH selbst handelt und nicht um eine Platte einer der vielen Bands, die von Nörglern, Besserwissen und Ahnungslosen wieder einmal als weiterer NIGHTWISH-Abklatsch bezeichnet werden würde. Dabei hätte es so gut begonnen. Die ersten zwei Minuten von "The Poet And The Pendulum" versprechen Großes. Symphonisches. Gewaltiges. Doch dann passiert der Moment, auf den wir geschlagene zwei Jahre, genauer seit dem 21. Oktober 2005 (dem Tag von Tarjas Kündigung) warten mussten. Und es passiert... nix. Die Stimme von Anette Olzon löst in mir keine Gänsehaut aus, keinen Aha-Effekt, sondern ist - angesichts der Erwartungen die man in eine Band wie NIGHTWISH automatisch steckt - einfach fad. Bitte jetzt nicht falsch verstehen - ich finde die Stimme von dieser Sängerin sehr OK, viele vergleichbare Bands würden sich sämtliche Finger brechen um sie in ihren Reihen zu haben (Anm.: ich hätte hier jetzt gerne "zum Beisipel Hansi Hinterseer" geschrieben. Doch das lass ich sein, damit mich alle lieb haben...). Doch als Nachfolgerin einer Tarja Turunen hat Olzon nun mal das schwere Los, sich direkt mit ihrer Vorgängerin messen lassen zu müssen. Nur um das mal in Erinnerung zu rufen: Anette Olzon ist die Frau, die in Zukunft NIGHTWISH-Klassiker wie "Wishmaster", "Come Cover Me", "End Of All Hope" oder "Walking In The Air" auf die Bühne bringen soll. Tut mir leid, aber das geht nicht.
Unbestritten ist, daß Tuomas für "Dark Passion Play" die durchdachtesten Songs seiner bisherigen Karriere geschrieben hat. Größtenteils hat er es auch geschafft, diese Songs seiner neuen Sängerin passend auf den (zugegeben: schönen) Leib zu schneidern. "The Poet And The Pendulum", "Bye Bye Beautiful" (wenn dieser Titel mal nicht Programm ist) oder "Meadows Of Heaven" - das sind sehr gereifte Nummern, die sicher nicht an einem Tag geschrieben wurden. Sie sind auch zu gut, um sofort wieder in Vergessenheit zu geraten. Fast könnte man den Eindruck bekommen, Tuomas versucht mittels einer Orchester-Armee den bombastischen Ausgleich zur ganz und gar unbombastischen Stimme seiner Sängerin zu erzwingen. Und es gelingt sogar teilweise. Auch die viel deutlichere stimmliche Präsenz von Bassist Marco Hietala fällt positiv auf. Leider hat das hier nur alles nix mehr mit dem zu tun, was NIGHTWISH bisher von anderen Bands unterschieden hat. Da kann Kollege Marco so heftig gegen das Elfchen angrölen wie er will. Mit der Institution, die diese Band einst darstellte und sämtlichen sogenannten Klone-Bands locker die Stirn bot, hat "Dark Passion Play" nur mehr wenig zu tun.
Trotzdem wird es spannend zu sehen, wie sich NIGHTWISH ohne ihren größten Trumpf künftig gegen ihre Konkurrenz behaupten wird. Apropos Konkurrenz: ich geh jetzt mal das letzte Album von VISIONS OF ATLANTIS hören, die dürften nämlich schon bald die neue Speerspitze des Female Fronted Metal bilden. Zu Recht.
Bewertung:
2.5 / 5.0
Autor:
adl (14.09.2007)