Legion Of Bokor - Legion Of Bokor

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VÖ: 20.06.2014
Bandinfo: LEGION OF BOKOR
Genre: Heavy Metal
Label: Terrasound Records
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Lineup  |  Trackliste

Eine einzigartige Mischung aus Rock'n'Roll, Hard Rock und Heavy Metal, die so richtig in die Fresse haut, versprechen LEGION OF BOKOR aus Wien. Tatsächlich klingt der Wiener Fünfer ziemlich eigenständig, während er auf einer melodisch-metallischen Grundbasis fröhlich in diversen Stilrichtungen wildert. Zugrunde liegt dieser Stilmix dem Organ des Sängers The Mosh, der die komplette Bandbreite von sanften bis räudigen Clean-Gesang bis hin zu Growls und sogar Rap-Anleihen überzeugend zu intonieren weiß.

Der selbstbetitelte Opener steigt mit Flugzeuggeräuschen in das gleichfalls selbstbetitelte Album ein und dann wird dem Hörer auch schon in nasalem Piloten-Tonfall unmissverständlich mitgeteilt, dass man sich im Landeanflug auf das fiktive Bokor City befindet - Turbulenzen und eine höllisch harte Landung inklusive. Im Falle des Überlebens dürfe man sich dann gerne ein wenig in der zombieverseuchten Gegend umsehen - kein Problem für den geneigten Metal-Konsumenten, der in flammendem Inferno ohnehin sein zweites Zuhause sieht.

Solcherart den etwa anderthalb Minuten starken Prolog ohne gröbere Blessuren (vom Flugzeugabsturz mal abgesehen) überstanden, lösen LEGION OF BOKOR ihr Versprechen so richtig in die Fresse zu hauen gleich einmal ein. Der Titel "Legion Of Bokor" erinnert erst einmal musikalisch sehr stark an EDGUY, vor allem das Mainriff lehnt sich schon verdächtig an das bekannte "Mysteria" der Deutschen an. Abgesehen davon kommt der Song aber durch seine flotte Art und die dreckigen Vocals ziemlich gut - einzige Schwäche der fast schon etwas peinlich simple Refrain - der aber nichtsdestotrotz direkt in den Gehörgang fährt und geradezu prädestiniert für Liveshows erscheint.

Mit "Piece Of My Heart" (und etwas später dann auch mit "Gotta Be Long") gehen LEGION OF BOKOR ein wenig in den Nu-Metal-Bereich und liefern groovige Songs, die aber ein wenig disharmonisch wirken und nicht so recht zünden wollen. Witzig die Marschtrommel zum Auftakt von "Zombietown", das mit gutem Aufbau und simplem aber wunderbar effektvoll dahingaloppierenden Riff punktet und dessen "Ohohoh"-Refrain leider den Aufbau und witzigen Text ein bisschen kaputt macht.

In den nächsten beiden Titeln wildern die Wiener erneut bei EDGUY, deren Opening-Riff von "Mysteria" es in gleich mehreren Abwandlungen zu entdecken gibt. Teils etwas ruhiger, teils mit ordentlichem Geshredder mischen LEGION OF BOKOR hier auch so einige Growls unter die Liedstruktur - hervorzuheben wäre hier die Endsequenz von "The Apocalypse", in denen der Sänger mal eben die komplette stimmliche Effektpalette vom tiefen Gegrunze bis zum spitzen Schrei durchackert.

Komplett anders gelagert kommt dann "Let's Bail" daher, mit flottem Beginn der sich an klassische Hard-Rock-Hymnen anlehnt. Zwar sprühen die Gitarren nicht gerade vor Ideen, aber das müssen sie in dieser gelungenen Umsetzung auch gar nicht. Insgesamt einer der simpelsten und eingängigsten Songs des Albums, der sowohl auf Konserve punktet als auch live gut funktionieren sollte.

Mit "And I Wonder" schlagen LEGION OF BOKOR überraschend ruhige Töne an, wie der akustische Auftakt klarmacht. Eher in den alternativen Bereich gehend, liefern die Wiener mit diesem langsameren Song einen sogar radiotauglichen Ohrwurm ab, dessen Gitarrenharmonien streckenweise an die Austro-Pop-Legenden STS erinnern. Überrascht? Der Kontrast zwischen anfänglichen Akustikgitarren und späteren kräftigen E-Gitarren, sowie der mal sanften dann wieder aggressiven Stimme gibt dem Song genau die Atmosphäre, die man bei vielen Stücken auf dieser Platte vermisst und macht "And I Wonder" zum unbestrittenen Highlight des Albums.

Die nächste stilistische Kehrtwende kündigt sich mit "Nightmare" an, dessen Beginn zwar passend zum Titel, aber dabei schon relativ experimentiell rüberkommt. Dennoch ein witziges Stück, das eine ziemlich brachiale Attitüde aufzeigt und damit schon im Melodic Death Metal einzuordnen ist. Der gemächlich dahinrollende todesmetallische Stampfer kann textlich fast schon als eine Art Hommage an Freddy Krüger verstanden werden - und man kommt nicht umhin zu bemerken, dass die härtere Gangart den Wienern auch ganz gut zu Gesicht steht.

Ganz am Ende der Scheibe lauert unter dem Titel "You're Gross" noch eine weitere stilistische Überraschung - dieses mal schwenkt das Riffing gar in Richtung Thrash Metal! Poppige, glattpolierte Refrainstücke, versetzt mit rumpeligen Thrash-Strophen - ein gewagter Stilmix der Sonderklasse, der aber selbst nach mehrmaligem Antesten nur Fragezeichen über dem Kopf des Hörers produziert.

LEGION OF BOKOR verarbeiten auf ihrem Debüt so viele Einflüsse, dass es fast schon ein wenig zu viel des Guten ist - interessanterweise bleibt aber die erste Hälfte des Albums in der man sich noch um stilistische Koherenz bemüht weitestgehend unspektakulär. Die Highlights der Scheibe (die stilistisch kaum unterschiedlicher sein könnten!) verstecken sich dann in der zweiten Hälfte, in der sich die Wiener frisch von der Leber weg austoben und dabei auch mal etwas allzu gewagte Kombinationen vom Stapel lassen. Die Stärken des Albums liegen hauptsächlich im wandelbaren Gesang, die Schwächen sind vor allem im streckenweise einfallslosen Riffing zu suchen, bei dem man in gefühlt der Hälfte der Songs das gleiche Riff in irgendeiner anderen Interpretation zu hören bekommt - was andererseits aber auch wieder einen gewissen Reiz besitzt. Im Großen und Ganzen liefern LEGION OF BOKOR aber eine gute Visitenkarte ab und man darf gespannt sein, in welche Richtung sich die Band in Zukunft noch entwickeln wird.

Als persönliche Note darf ich an dieser Stelle noch anführen: Vielleicht verkenne ich hier einen Geniestreich, oder es ist totaler Bockmist - Tatsache ist, dass ich trotz intensiver Beschäftigung absolut überhaupt keinen Zugang gefunden habe, wie ich dieses Album bewerten könnte. Darum verbleibe ich mit diplomatischen zweieinhalb Sternen und bitte die geneigte Hörerschaft, sich doch selbst ein Bild der musikalischen Chamäleons von LEGION OF BOKOR zu machen.

Anspieltipps: "Let's Bail", "And I Wonder", "Nightmare"



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (31.07.2014)

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