Astralion - Astralion

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VÖ: 14.11.2014
Bandinfo: ASTRALION
Genre: Melodic Power Metal
Label: Limb Music
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Lineup  |  Trackliste

"Forget the dragon, forget the sword - here's true power from the chord!" kündigen ASTRALION aus Finnland zum Release ihres selbstbetitelten Debüts an. Als Liebhaber der finnischen Musikszene ist das Interesse geweckt, also landet die Promo mit einem beherzten Mausklick im Stormbringer-internen Warenkorb. Der Promosheet spricht von gestandenen Musikern die sich im Süden Finnlands vor ca. drei Jahren zu der Band namens ASTRALION zusammengefunden haben, und sich mit Herzblut dem hymnisch-melodischen Powermetal europäischer Prägung verschrieben haben. Soweit die Eckpfeiler, dann also ab mit dem Scheibchen in den heimatlichen Player...

Hynmisch startet das Album dann auch mit "Mysterious & Victorious" das gleich einmal frappierend an SONATA ARCTICA zu "Ecliptica"/"Silence"-Zeiten erinnert, mit richtig kitschig-epischem Refrain, bei dem man als Nächstes an FREEDOM CALL denken muss. Stampfend geht es weiter mit "The Oracle", das mit einem weiteren ultra-cheesigen Refrain ausgestattet ist der dann irgendwie doch ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Ein bißchen schwammig ist der Sound zwar stellenweise, aber gegen das musikalische Können der Herren gibt es absolut nichts einzuwenden, wie der Solopart im angesprochenen Titel beweist.

Doch dann kommt es um die Ecke... "At The Edge Of The World" klingt zunächst einmal nach lupenreinem 90's-Synthiepop, was für hochgezogene Augenbrauen sorgt - dann fallen powermetal-typische Gitarren ein, dann gehts wieder zurück zum poppigen Sound, um dann doch wieder bei Gitarren zu landen. Irgendwoher ist die Melodie und die Gesangsstruktur doch bekannt...? Als Kind der 90er in der ähnliche Melodiebögen im Radio allgegenwärtig waren hat man ein Dejá-Vu, kann es aufgrund fehlender Identifikation mit dem Genre der seichten Musik allerdings nicht wirklich einordnen. Dafür fräst sich die verdammte Melodie gnadenlos ins Ohr, und man ertappt sich dabei sie auch noch unbewusst vor sich hin zu pfeifen. Hilfe, rettet mich!

Der Hilferuf verhallt ungehört, "When Death Comes Knockin" brettert wieder in bekannter SONATA ARCTICA-Manier los, bleibt dabei recht vorhersehbar und bietet wenig Innovation, aber schmeichelt dem Gehörgang und zaubert ein weiteres Lächeln aufs Gesicht. Das Tempo etwas heraus nehmen die Finnen bei "We All Made Metal" das mit ruhigeren Passagen und dynamischem Aufbau punktet. Ein runder, epischer Track, bei dem lediglich der Refrain für die etwas ernsthafter wirkende Stimmung ein wenig zu cheesy geraten ist.

Mit Klavierintro startet man in "Black Sails", und nach einer Minute wird der Hörer von ultraseichtem Keyboard überfallen, mit dazu passendem geradezu vor Pathos triefendem Gesang. Der simple aber effektvolle Refrain fräst sich erneut in den Gehörgang, und beschert einen Ohrwurm den man eigentlich so gar nicht haben wollte - unfassbar, was ist hier gerade los? Passend dazu kommt auch mit "To Isolde" gleich die Quotenballade daher geschippert - ein erneut unfassbar kitschiges, mit absolut aufopfernder Inbrunst intoniertes Stückchen Musik, das sich ebenfalls hartnäckig weigert den hochheiligen, privaten Gehörgang wieder zu verlassen. Hat bitte irgend jemand Mitleid mit mir...?

Wie es aussieht nicht, denn "Computerized Love" schlägt wieder gnadenlos in die Kerbe flotter, melodischer Hooklines. In bester SONATA ARCTICA-Manier brettert der Song dahin, und wartet sowohl mit einem Part in computerverzerrter Stimme als auch mit einem Keyboardsolo im Heimorgel-Stil auf. Moment mal, Heimorgel? HEIMORGEL? Meinen die das jetzt ernst? Eine kurze Nachschau im Promosheet zeigt - ja, das tun sie. Nunja, es sind Finnen, was sonst hätte man erwarten können!

Also weiter im Text, ähm, der Trackliste. "Mary (Bloody)" bringt erneut den Spirit unbeschwerten 90er-Pops ins Spiel, die Hookline klingt fast schon Schlager-lastig mit ihrer wahrlich zuckrig-klebrigen Attitüde. Den Vogel schießen ASTRALION aber mit dem Refrain ab, der spontan wirkliche Lachtränen ins Auge treibt - und sich erneut mit plüschigen Zähnen und Klauen im Ohr verbeißt. Gut, dafür braucht man jetzt wirklich Eier in der Hose, so etwas auf die Menschheit loszulassen! Dieser Refrain ist Waffenscheinpflichtig.

Waffenscheinpflichtig ist auch die Keyboard-Hookline des folgenden "Five Fallen Angels", bei der man zunächst einmal an gute alte Nintendo-Videospielnostalgie erinnert wird. Und auch bei diesem Titel schielen wieder einmal ganz gewaltig die Landsleute und augenscheinlichen Vorbilder von SONATA ARCTICA um die Ecke - wenngleich auch ASTRALION die Kitschigkeit dieser in ihren Anfangstagen noch um Längen überbieten. Ja, das Grinsen ist wieder da im Gesicht - es ist Schrecklich, aber es lässt einen einfach nicht mehr los!

Zum Abschluss gibt es dann Orgelsound (diesmal ohne das "Heim" davor, POWERWOLF lässt grüßen!), und eine Pathoswand die sich noch einmal gewaschen hat. Wie der "Last Man On Deck" fühlt man sich bei diesem über dreizehn Minuten (!!!) langem Monster auch, das einen mit der schieren Gewalt geballter Epik komplett überrollt. Der dynamische, abwechslungsreiche Aufbau mit progressiven Anleihen zeigt was alles in den fünf Finnen steckt, die so unverblümt dem musikalischen Kitsch freien Lauf lassen, und selbst die Cheesigkeit von Partykönigen wie FREEDOM CALL locker überbieten.

Innovation? Fehlanzeige. Musikalischer Anspruch? Solide. Spaßfaktor? Die zehnteilige Skala gesprengt, und Jenseits von Gut und Böse! ASTRALION sind auf ihrem Debüt dermaßen klischeehaft und zuckrig dass es einem schon die Plomben aus der Kauleiste zieht - aber eines muss man ihnen lassen: eingängige Songs können sie wirklich schreiben, diese Finnen! Wer also auf der Suche nach einem übermelodischen Partyalbum mit feuchtfröhlicher Ohrwurmgarantie ist, der sollte bei dieser frischen, unverbraucht zu Werke gehenden finnischen Combo zuschlagen. Wer aber Musik mit Anspruch sucht, und auf seriöse Choräle statt cheesigem Trashfaktor steht, dem sei empfohlen zunächst das unten angepappte Video (ist so klebrig, hält dort ganz von alleine) zu konsultieren - und allenfalls bitte einen großen Bogen um dieses Album machen, es könnte sein dass auch ihr der schrecklichen Faszination erliegt die dieses Scheibchen bietet...

Daumen nach oben? Daumen nach unten? Entscheidet selbst!

Hier noch ein kleines Kochrezept für ASTRALION:

Wir nehmen frühe SONATA ARCTICA, vermischen sie mit FREEDOM CALL und lassen das so entstandene Süppchen auf kleiner Flamme ein wenig köcheln, bis die Mischung stockt. Anschließend schmecken wir das Gericht noch mit ein wenig POWERWOLF ab, und richten es in appetitlichen Scheibchen mit einer kleinen Beigabe an 90er-Synthiepop an. Am besten schmeckt ASTRALION heiß genossen, als Getränk dazu empfiehlt sich feinster Hopfenblütentee. Dieses Gericht passt am besten zum geselligen Zusammensein in kleiner Runde. Alles klar?

Anspieltipps: "At The Edge Of The World", "Computerized Love", "Mary (Bloody)"



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (16.11.2014)

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