Heino - Schwarz blüht der Enzian

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VÖ: 12.12.2014
Bandinfo: Heino
Genre: NDH (Neue Deutsche Härte)
Label: Sony Music Entertainment
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Lineup  |  Trackliste

In Zeiten in denen SABATON und die KASTELRUTHER SPATZEN (jeweils Megaseller ihres Genres) auf dem gleichen Festival spielen, entdeckt HEINO den Beelzebub in sich, und schockt die schunkelnden Omis mit schwermetallischer Kost. Auf dem neuesten Werk des 75jährigen blüht der Enzian neuerdings schwarz, und der Schlagerbarde schlägt ungewöhnlich harte Töne an. Der Auftritt mit RAMMSTEIN am Wacken Open Air dürfte bei HEINO bleibende Spuren hinterlassen haben, wie man auf "Schwarz blüht der Enzian" nur allzu deutlich hören kann. Hätte man mir vor einem Jahr gesagt dass ich einmal ein HEINO-Album rezensieren würde, ich hätte den Betreffenden für komplett verrückt erklärt. Und da stehe ich nun...

RAMMSTEIN-Riffing erklingt aus dem Boxen, und der sonore, unverwechselbare Bariton des Schlagerbarden intoniert einen seiner bekanntesten Songs - "Schwarz blüht der Enzian" verkündet der Titel, aber letztendlich blüht der Enzian doch noch immer Blau. Da hätte man den Text schon ein Bißchen umschreiben können, zumindest dieses eine Wörtchen, so bleibt es letztendlich doch der gleiche Schlagersong, wenn auch mit etwas derberer Musik unterlegt...

Über eine Elektro-Industrial-Schunkel-Einlage die ein etwas peinlich berührtes Grinsen verursacht, geht es dann zu "Rosamunde" das mit witziger Basslinie und einer Art Indie-Punk-Schlagseite für hochgezogene Augenbrauen sorgt. Tatsächlich metallisch wird es dann bei "Wir lagen vor Madagaskar", das wieder ziemlich RAMMSTEIN-lastig daher kommt (einmal quer durchs "Rosenrot"-Album geklaut...?), aber durch die textlichen Voraussetzungen und die hier tatsächlich als gelungen zu erachtende Umsetzung Gefallen findet. Der "Ahoi"-Chor hat tatsächlich was...

Mit "Jenseits des Tales" gibt es nach sphärischem Intro erst einmal eine Powerballade, ehe man mit "Einer von uns" wieder bei Rammstein landet - die Arrangements sind hier wirklich fast zu 100% von der deutschen Erfolgsband übernommen. Dennoch agiert der Gesang irgendwie entkoppelt von der Musik, was den Song wirklich schräg klingen lässt. "Die Schwarze Barbara" ist danach einfach ein Poprock-Song mit etwas härteren Momenten, der so auch problemlos im Radio laufen könnte.

Eine Überraschung liefert dann "La Paloma", bei dem man sich scheints tatsächlich Gedanken zur Umsetzung gemacht hat, denn hier spielen Gesang und Musik gut zusammen, und die abgespeckte Instrumentierung die in der ersten Strophe eher an eine Jamsession erinnert passt überraschenderweise gut. Kein Metal, aber dennoch hat es irgendwas. Metallischer dafür wieder "Schwarzbraun ist die Haselnuss", auch wenn der Schunkel-Beginn erst einmal etwas ganz anderes vermuten lässt. Dieses Stilmittel kennen wir aber doch bereits von ACCEPT, die bei "Fast As A Shark" schon damit schockten und damit Kultstatus erreichten. Kultgefahr sieht man hier bei Heino weniger wenn auch das mal wieder von RAMMSTEIN abgekupferte Riffing tatsächlich ziemlich brutal rüberkommt. In Verbindung mit dem elektronisch verzerrten Backgroundgesang und dem glatten Gesang ergibt das ein wirklich, wirklich schräges Stückchen. Aber erneut tappt man so unbewusst mit dem Fuß mit, auch wenn man nicht weiß ob man es nun abfeiern oder peinlich berührt sein soll. Mutig, mutig...

Auch "Hoch auf dem gelben Wagen" kann nicht so recht überzeugen. Dafür gibts im Outro (genauso wie schon im Intro) einen in bester EAV-Tradition schüttelreimenden Heino, der sich, wie man so schön sagt, nix scheißt, und tatsächlich Spaß an der Sache zu haben scheint.

Fazit: ein paar Stücke von "Schwarz blüht der Enzian" sind tatsächlich als feuchtfröhliche Partysongs für Metalheads geeignet, aber darüber hinaus bietet das Album eher magere Kost. Größtenteils wollen Gesang und Musik nicht so wirklich harmonieren, als hätte man das Ganze in recht hektischer Arbeit geschwind auf dem Computer zusammengeschnitten, wie ein DJ der aus Versatzstücken einen neuen Song bastelt. "Das haben die Rammsteinjungs gemacht. Ich bin mir fast sicher. Auf einem Laptop. Nach dem Wackenauftritt." fasste es ein Kollege zusammen.

Eigentlich ist es schade, denn aus vielen dieser im deutschsprachigen Raum ja nun wirklich sattsam bekannten Songs (und ich weiß genau, der Großteil von euch kennt das Zeug auch!) hätte man mit etwas mehr Liebe zum Detail viel mehr machen können. So bleibt "Schwarz blüht der Enzian" einfach nur ein halbgares Coveralbum mit ein paar ganz guten Songs und schräger Attitüde das zwar den Schlagerhörer von nebenan schocken kann, aber bei Metalheads wohl eher zwiespältig aufgenommen werden wird. Die neutrale Bewertung gibts für die Eier von HEINO, das Ding tatsächlich so durchzuziehen. Es möge sich bitte jeder selbst ein Bild davon machen...

Anspieltipps: "Wir lagen vor Madagascar", "La Paloma"



Bewertung: 2.0 / 5.0
Autor: Anthalerero (09.12.2014)

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