Marduk - Frontschwein

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VÖ: 16.01.2015
Bandinfo: MARDUK
Genre: Black Metal
Label: Century Media Records
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Lineup  |  Trackliste

Nun gut, für die Feinmotorik war MARDUK-Chef Morgan „Evil“ Steinmeyer Håkansson noch nie zuständig und seine bekannte, fast schon krankhafte Vorliebe für den Zweiten Weltkrieg wird im Musikbusiness nicht umsonst etwas zwiespältiger aufgenommen als die selbige von Rock-Gott Lemmy Kilmister. Mit der viehisch-rasanten Schlachtplatte „Panzer Division Marduk“ erschuf er kurz vor dem Jahrtausendwechsel nicht nur das provokanteste, sondern mitunter auch radikalste Schwarztod-Manifest nach der furiosen Second Wave im Black-Metal-Kosmos. Da es nach dem berstenden Halbstünder in diese Richtung nix mehr zu sagen gab, konzentrierte sich Morgan eineinhalb Dekaden lang auf andere Geschichtsepochen. Rechtzeitig zu Beginn des neuen Jahres ist aber Schluss mit lustig und der 41-Jährige knallt uns mit „Frontschwein“ zumindest thematisch den logischen Nachfolger der „Panzer Division“ vor den Latz. Mit dem Song „503“ gibt es sogar eine sinnbildliche Überbrückung (1999 gab es den Song „502“ abzufeiern).

Die Alarmglocken werden natürlich vor allem im deutschsprachigen Mitteleuropa klingeln, aber liebe Leute seid beruhigt – ein bisschen Provokation hat im Metal noch nie geschadet und von mehr (BURZUM) oder weniger (TAAKEs Hoest) durchdachten Wiederbetätigungsszenarien ist das schwedische Rumpelkommando auch nach 25 Jahren noch weit genug entfernt. So führt die aggressive Geschichtsstunde der Frontschweine von „Afrika“ über „Falaise: Cauldron Of Blood“ bis zum „Thousand-Fold Death“ und wildert dabei keinesfalls durchgehend im Maschinengewehr-Geratter, sondern nimmt sich auch Zeit, um die Atmosphäre hochzuhalten. Highlights gelingen MARDUK dabei zuhauf – das beginnt beim feurigen Titeltrack, setzt sich fort im manischen „Rope Of Regret“ (vom Tempo her noch am ehesten mit der „Panzer Division“-Phase gleichzusetzen) und kreuzt auf „Nebelwerfer“ sogar den wühlenden Slow-Mo-Bereich, in dem man als Hörer selbst förmlich durch die zerbombten und mit Blut und Pisse befüllten Schützengräben robbt.

Morgan gelingt auf „Frontschwein“ einmal mehr eine nahezu perfekte Kombination aus musikalischer Kompromisslosigkeit, thematischer Schwere und lyrischer Verbissenheit. Noch besser als bei den ohnehin starken Vorgängern „Serpent Sermon“ und „Wormwood“ hört, fühlt und spürt man auch die Hintergründe zu den vertonten Hassbatzen. Das Songmaterial lebt dabei von der bereits zuvor kurz gestreiften Vielseitigkeit und den zahllosen Highlights. Das Mid-Tempo-Geschrote von „Wartheland“ etwa ist ein paralysierender Granatenwerfer, wie ihn ENDSTILLE auch in 20 Jahren nicht hinbekommen würden, die achtminütige „Doomsday Elite“ wälzt sich durch verschiedenste Arten akustischen Drecks und mit „The Blond Beast“ können MARDUK gar ihren ersten Black’n’Roll-Song ever verbuchen. Prädikat: herausragend!

Dass „Frontschwein“ in der Riege der ohnehin hervorragenden MARDUK-Alben noch um einen Zacken hervorsteht, liegt nicht nur an der spannenden Variabilität der Songs, sondern auch den hervorragenden Einzelleistungen der Musiker. Neben Morgans klirrend-kalten Eisriffs sticht besonders Fellgerber-Neuling Fredrik Widigs mit seinen Nähmaschinen-Stakkato-Drums positiv hervor. Kein Wunder, denn die Doublebass- und Blastbeat-Maschine steht mitunter auch bei den Extremisten RAGE NUCLÈAIRE im Sold. Sänger Mortuus, der MARDUK vor gut zehn Jahren mit dem hervorragenden „Plague Angel“ aus den mageren Legion-Zeiten führte, keift sich zudem so leidvoll, manisch und geifernd wie nie zuvor durch die knappe Stunde Spielzeit und erhebt zurecht Anspruch auf den Sanges-Thron im nordischen BM-Bereich.

Mit „Frontschwein“ riskieren MARDUK vor allem in unseren Breitengraden gewaltig, doch das Ergebnis ist eine mörtelharte, dämonisch-blasphemische Auskotzung allerderbster Schwarztod-Kunst, der nicht nur aufgrund der handelnden Personen, sondern vor allem ob des sensiblen Themas glücklicherweise jeder Anflug von Ironie fehlt. DARK FUNERAL, MELECHESH und Co. können sich jedenfalls schon jetzt warm anziehen, denn der 13. Studiorundling des skandinavischen Bataillons ist in diesem Jahr bereits sehr früh sehr richtungsweisend – Uuuugh!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (09.01.2015)

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