HIBRIA - Hibria

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VÖ: 07.08.2015
Bandinfo: HIBRIA
Genre: Thrash Metal
Label: Power Prog
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Lineup  |  Trackliste

"Silent Revenge" aus 2013 hat schon gezeigt, dass die Brasilianer HIBRIA keine Lust mehr auf den allzu melodischen Power Metal ihrer Frühtage haben. Und wie um diese Gradänderung zu zementieren, präsentiert uns die Truppe nun "ihr" Werk, ihr schlicht "Hibria" betiteltes und damit prestigeträchtigstes Opus, auf dem europäisch geprägter Power Metal nur noch eine Fußnote im musikalischen Kosmos der Mannen ist. So ist das neue Werk noch kompromissloser als "Silent Revenge", aber leider auch weniger zwingend.

Um es vorweg zu nehmen: Jeder einzelne Song auf "Hibria" verdient mindestens das Prädikat "Gut", wenn nicht mehr. Wenn ihr das Album einlegt und "Play" drückt, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass euch die ersten drei Songs schlichtweg überwältigen. "Pain" brettert gleich mit einem speedigen NWoBHM-Riff los, bevor der erste Break direkt klar macht, dass wir uns nicht in den 80ern, sondern im Jahr 2015 befinden. Wenn dann im späteren Verlauf überraschende Bläser einsetzen und gleichzeitig das Tempo ein wenig gedrosselt wird, dann wägt man sich in der Nähe zu SAVATAGE. "Abyss" legt noch einen drauf, die Riffs werden tiefer, das Drumming thrashiger. Die progressiven Elemente nehmen zu und man klingt wie NEVERMORE zu ihren besten Zeiten mit einer Prise früher MEGADETH. "Tightrope" zieht die Thrash-Schraube noch weiter an, doch ist gerade dieser Song der bislang zugängigste und kredenzt uns einen wahrhaftig widerhakigen Refrain. Auch das Grande Finale namens "Words" bläst alles weg, vereint die diversesten unter einem gemeinsamen Banner, schreckt nicht vor balladesken Passagen zurück und brettert dennoch die meiste Zeit auf technisch allerhöchstem Niveau. Das sind zusammen vier Songs, die man besser gar nicht schreiben könnte.

Und dann gibt es noch sechs andere Songs, die das obige Niveau mal so gar nicht halten können. Da gibt es mit "Ghost" einen modernen Power-Metal-Song mit einer gelungenen Hook, aber vergleichsweise harmlosen Riffing. Da gibt es einen Gastauftritt von Mia Coldheart (CRUCIFIED BARBARA) im recht ruhigen und nicht wirklich spannenden "Fame". Da gibt es mit "Life" eine vergleichsweise komplett spröde Mid-Tempo-Nummer, welche auch als Orchesterversion mitkommt (und da leicht besser funktioniert als in der Albumversion). Und da gibt es das erschreckend gleichförmige Dreiergespann aus "Legacy", "Ashamed" und "Church", bei dem stets die Aufmerksamkeit flöten geht.

Auch wenn der Verfasser hier vielleicht etwas hart ins Gericht geht. Auch diese sechs Songs sind auf einem handwerklich immer noch überdurchschnittlichen Level anzusiedeln. Nur liegen zwischen "sensationell" und "gut" einfach zu viele qualitative Abstufungen, als dass man diese Diskrepanz überhören könnte. Und das ist auf einem Trademark-Album einfach zu viel.

Fazit: 40 Prozent der Stücke sind wahrhaft sensationell und spielen schon jetzt um den Titel "Song des Jahres" mit. Die restlichen 60 Prozent sind leider nur gut. Und das ist im Kontext so ärgerlich, dass auf Grund der Enttäuschung noch ein halber Stern abgezogen wird.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (18.08.2015)

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