ISTAPP - Frostbiten

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VÖ: 07.08.2015
Bandinfo: ISTAPP
Genre: Melodic Black Metal
Label: Trollzorn / SMP Records
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Lineup  |  Trackliste

Mir ist klar, dass ich mich weit, weiiiit aus dem Fenster lehne, wenn ich sage: ISTAPPs 2010er Debüt "Blekinge" ist ein moderner Klassiker und sicher eines der besten Black-Metal-Alben, die in diesem Jahrtausend aus Schweden gekommen sind. Auf der Platte sitzt jeder Song, jedes Riff, die Stimmung ist unvergleichlich und deklassiert den allergrößten Teil der in den letzten zehn Jahren gegründeten Genrevertreter zu verkopften Metalakademikern oder ewiggestrigen Plagiatoren mit schwertlangen Stöcken im Arsch.

Allerdings hat sich seit 2010 einiges geändert: Das damalige Line-Up ist zerbrochen - glücklicherweise ist mit Fjalar der kreative Alleinherrscher und Multiinstrumentalist der Band erhalten geblieben, während sein NIVLHEL-Zweitband-Kumpan Isar die Screams übernimmt und seinen Job dabei übrigens auch routiniert meistert - und ein neues Label ist auch am Start.

Auf "Frostbiten" gibt es allerdings auch leichte musikalische Korrekturen. Geblieben ist der unverkennbar schwedische Melodic-Black-Metal-Stil ISTAPPs: Folkig geprägte und verboten einprägsame mehrstimmige Leadgitarren mit Mitpfeifgarantie, ein grenzenlos geil wandernder Bass und trümmerndes Schlagzeug, das auf den ersten Blick schlicht zwischen Blasts und Doublebass zu pendeln scheint, bei genauerem Hinschauen aber eine Menge sehr charmanter Spielereien birgt. Überhaupt kann man weder Fjalars Songwriting noch seiner Performance (übrigens auch nicht seiner Welten drückenderen, volleren Produktion der Platte!) vorwerfen, sich erkennbar an Vorbildern zu orientieren oder mehr als knöcheltief im Klischee zu warten. Die mit rund vier Minuten ungewöhnlich knackigen Tracks sind vielmehr durchzogen von detailverliebten Arrangements, die von einer außergewöhnlichen Musikalität und vor allem echter Metal-Spielfreude zeugen. Dabei sind zehn Songs entstanden, von denen mit dem zügig-kühlen "Apep", dem mit Fjalars wunderschönem Klargesang veredeltem Titeltrack oder dem mitreißenden "Skoll" alleine in der ersten Albumhälfte drei Volltreffer zu finden sind, von denen andere Bands ganze Diskografien lang nur träumen können.

Leider gibt es auch zwei "Aber", wenn auch nur kleine. So hat sich Fjalar im Vergleich zum Vorgänger auf "Frostbiten" für eine direktere Herangehensweise entschieden, die auch beinhaltet, dass es auf dem Zweitling so gut wie keine Keyboards (bis auf ein allerdings sehr schönes Intermezzo in "Primum Frigidum") und nur sehr selten den für mich auf "Blekinge" tragenden Klargesang zu hören gibt. Das macht die Songs nicht schlechter, entspricht aber einfach etwas weniger meinem persönlichen Geschmack. Etwas mehr ins Gewicht fällt, dass die zweite Albumhälfte tendenziell hörbar sperriger und weniger zwingend ausfällt als die erste und auch mit ungewöhnlichen rhythmischen Elementen, Disharmonien und Breaks experimentiert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass "Frostbiten" ein Album ist, das Fjalar so schnell niemand nachmachen wird und das immer noch 90 Prozent der Stilmitbewerber innerhalb von 30 Sekunden in den Sack steckt. Wer's also bei den aktuell herrschenden Temperatur kühler will, sollte sich diesen eisigen Wind aus Nordschweden schnellstens ins Haus holen!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Florian Dammasch (19.08.2015)

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