LEAVES' EYES - King Of Kings

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VÖ: 11.09.2015
Bandinfo: LEAVES' EYES
Genre: Symphonic Metal
Label: AFM Records
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Keine Bange: "King Of Kings" steht im Jahre 2015 keinesfalls für ein weiteres Nutzlos-Re-Release der zuletzt bröckelnden MANOWAR-Legende. Stattdessen bauen sich LEAVES' EYES nach dem zuletzt eher schwachen Ausflug in anders gelagerte Gefilde ("Symphonies Of The Night") wieder an der Front einer riesigen Nordmann-Armee auf. Durch ein donnerndes Orchester beflügelt, schickt sich die deutsch-norwegische Kollaboration um das Pärchen Liv Kristine/Alexander Krull an, das gute "Meredead" zu übersteigen und dem Überflieger "Njord" die Stirn zu bieten. Übermut oder gerechtfertigtes Selbstbewusstsein?

Das mit der Band neuerdings zusammenarbeitende Label AFM Records selbst beschreibt das Album logischerweise vollmundig als „Kompass dieser Musikrichtung" und dichtet LEAVES' EYES den „Spitzenplatz im symphonischen Metal" an, wobei es hier auch gereicht hätte, von einem der wenigen Spitzenplätze zu sprechen. Sei's drum. Ähnlich ambitioniert beginnt "King Of Kings" jedenfalls mit dem mystischen "Sweven"-Prolog, der mit seinem mystisch-kalten Vibe unumgehend nordische Szenerien erhebt und sphärisch in den anschließenden Titeltrack überleitet, dessen Wechselspiel aus den ruhigen, Percussion-unterstützten Strophen und dem orchestral unterbauten Refrain seine epische Pointe anstrebt und somit unumwunden für einen tadellosen Einstieg sorgt. Um dieses Momentum zu nutzen, knüpfen LEAVES EYES' mit "Halvdan The Black" am hymnischen Opener an und sorgen mit dynamischem Schlagwerk, männlichen Kampfgesängen sowie energetischen Chören für Filmscore-Atmosphäre, wobei die knackig produzierten, harten Gitarren den treibenden, Headbanging-tauglichen Kontrast dazu erschaffen.

Kontrastreich spielen LEAVES' EYES in "The Waking Eye" dann auch ihre unstreitbare Songschreiber-Qualität aus, indem sie mit seichtem Glockenspiel, melancholischen Klavierklängen und melodischen Riffs eine halbballadeske Hymne zaubern, die zusammen mit der magischen Ballade "Haraldskvæði" zum Besten gehört, was das Quintett je vollbracht hat. Besonders erstaunlich ist auch, wie harmonisch das Zusammenspiel zwischen dem White Russian Symphony Orchesters von Victor Smolski, dem London Voices Chor (u.A. für Star Wars und Herr der Ringe bekannt) und der Band selbst funktioniert. Ohne dabei die Schwelle hin zu übertriebenem Pathos zu übertreten, kreiert diese Liaison fesselndes Symphonic-Metal-Liedgut wie die keltisch-folkigen "Vengeance Venom" und "Swords In Rock" oder das weitläufige "Sacred Vow" und heizen dem aktuellen NIGHTWISH-Output "Endless Forms Most Beautiful" damit ordentlich ein.

Das liegt aber u.A. auch darin begründet, dass LEAVES' EYES ihre Stücke im Jahre 2015 viel besser auf den Punkt bringen und auf "King Of Kings" ohne langatmige oder gar zweckentleerte Passagen über die Gesamtspieldauer stolzieren, dabei aber trotzdem vielschichtige Strukturen vorlegen, die vor allem Liv's fabelhaftes Duett mit Simone Simons von EPICA ("Edge Of Steel") und das knapp achtminütige "Blazing Waters" (mit Gastbeitrag von WARDRUNA-Sängerin Lindy Fay Hella) zu ausgezeichneten Epen formen, die sich sowohl für den Live-Gebrauch als auch für das ein oder andere kolossale Film- bzw. Computerrollenspielprojekt eignen würden.

Vermutlich ist das auch die größte Stärke von "King Of Kings", das, ohne auch nur ansatzweise übermotiviert/verkopft oder überladen zu klingen, grundsätzlich alles in sich eint, was dieses Genre großgemacht hat und sämtlichste Einflüsse wie aus einem Guss erscheinen lässt. Die anfangs aufgebaute Atmosphäre lassen LEAVES' EYES nie abreißen und so veröffentlicht die Kombo mit "King Of Kings" nicht nur ihr bis dato bestes, sondern auch abwechslungsreichstes und detailversessenstes Album ab, das meinen bisherigen Favoriten "Njord" mit Leichtigkeit überflügelt und diesem Genre das zurückgibt, was es desöftern vermissen lässt: Eine epische, spannende und charakterstarke Geschichte, leidenschaftlich ausgearbeitet und vorgetragen. Storslagen, LEAVES' EYES!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (09.09.2015)

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