VLY - I / [Time]

Artikel-Bild
VÖ: 18.09.2015
Bandinfo: VLY
Genre: Progressive Rock
Label: Laser's Edge
Hören & Kaufen: Amazon | Webshop
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Schöne Musik muss nicht nur im Dunkeln, im Herbst oder bei Liebeskummer entstehen, um zu funktionieren. Auch wenn schön gar oft zu einer Worthülse verkommt, kann man eben diesen Terminus der Weltband VLY umhängen.

Die Damen und Herren des Konglomerates VLY fanden über das Netz der Netze zusammen und haben damit in dieser Art der zusammenfügenden Distanz ein faszinierendes Werk geschaffen.

Auch hier wird der Prog Rock nicht neu erfunden und die Wurzeln liegen offen vor dem/der HörerIn. PINK FLOYD in ihrer breitwandigsten Form wird hier auf IMAX-Niveau aufgeblasen und vermag es, Eigenes zu schaffen. Soundscapes werden, sehr oft sehr träumerisch, zeitweise mit ambienten Sounds umhüllt und mit zarten Melodien zu einem Album errichtet, welches so eigentlich gar keine Songs benötigte. Ein so koheräntes Stück Musik gibt es seit der Auflösung von PORCUPINE TREE und der daraus folgenden völligen Belanglosigkeit von STEVEN WILSON schon lange nicht mehr. Die Songs sind nicht ganz so verspielt, nicht ganz so lässig prätentiös und nicht ganz so hart wie vorgenannte Band, aber Fans von Prog-Musik, die sich in diese Richtung lehnt, werden auch hier ihre Freude haben. Wie auch Progheads die gerne SPOCK'S BEARD hören. Oder aber auch Fans von DAVID BOWIE (siehe/höre den Opener "Circles") liegen hier richtig.

Das Album dauert ein bisschen über eine Stunde und wenn man sich darauf einlässt wird das eine Stunde, die auf kontemplative Art und Weise zu begeistern vermag. Prog Rock, bei dem nicht nach dem "Schaut mal her was ich alles kann"-Prinzip verfahren wird. Die Protagonisten wissen was sie können, üben sich hier aber nicht in der Angabe, sondern setzen vielmehr leise Akzente. Ein scheinbar straightes Schlagzeugspiel beinhält einige kleine Spielereien, aus den Synthies kommen spannende Sounds und der Bass zeigt ein relaxtes Selbstverständnis. Selbst ein verspielter Instrumental-Teil im längsten Song der Platte, "Perfect Place", kommt mit einem Augenzwinkern daher in Richtung der 70er Prog-Fetischisten denen jeder gerade Beat einer zuviel ist. All das wird dann von der Stimme von Keith Gladysz zusammengehalten. Kein Vier-Oktaven-Sänger, passt er doch genau zur Band. Klar klingt es recht proggig was er da macht, proggig im Sinne der oben genannten Bands, aber das passt auch in den gedämpften Grundtenor des Ouvres.

Er passt zur Band, zur Musik und den angedunkelten Texten. Es ist ja so eine Sache mit den Lyrics im progressiven Rock. Man gibt sich entweder vage bis zur völligen Unverständlichkeit, oder aber man schiebt den Blues gar brachial nach vorne.

Gut, die Texte sind auch hier eher aus der Introspektion erwachsen, aber sie tun nicht wirklich weh und das ist schon mehr als viele andere Bands zuwege bringen. Manche lyrischen Sprengseln sind sogar richtig inspirierend, lyrisch ansprechend. ("How long can you close your eyes, how long can you keep your smile and still remain")

Und damit werden wir wohl zur Kernaussage des Album kommen:

Hier offenbart sich uns ein Gesamtwerk, bestehend aus Musik, Texten und der graphischen Gestaltung von "1/Time ". Das Video zu "Circles" passt genau zur immer wieder aufkommenden Thematik des Ertrinkens, des Nichtloslassenwollens, welches sich dann doch im Verlieren auflöst. Der Appell im Opener, zu scheinen, die eigene dunkle Seite zu akzeptieren wird zwar eindringlich eingemahnt, hinterlässt dann aber nur die Leere, die jeden überall treffen kann.

Ein wirklich schönes Album. Ich sollte wieder einmal in die Berge gehen. Oder ich sollte wieder mal an meine alte Heimat Schottland denken...



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Christian Wiederwald (23.09.2015)

WERBUNG: Hard
ANZEIGE
ANZEIGE