Phantasma - The Deviant Hearts

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VÖ: 20.11.2015
Bandinfo: Phantasma
Genre: Symphonic Metal
Label: Napalm Records
Lineup  |  Trackliste

Wenn drei großartige Musiker sich zusammentun, kann dabei was großes entstehen, im Gegenzug entwickelt sich aber auch von grundauf eine gewisse Erwartungshaltung, die dann nur schwer erfüllt werden kann. Ähnlich dürfte es sich mit dem Projekt PHANTASMA verhalten, wo sich mit Oliver Philipps (EVERON), Charlotte Wessels (DELAIN) und Georg Neuhauser (SERENITY) drei großartige Künstler zusammengefunden haben, um für eine Platte ein emotionales Feuerwerk zusammenzuzaubern. Während Oliver Philipps sich größtenteils für die Kompositionen verantwortlich zeichnete (und ein paar Vocal Parts übernahm), schrieb Charlotte Wessels  eigens für dieses Projekt ihren ersten Roman, der viele Gefühlswelten auf den Hörer einströmen lässt. Georg Neuhauser war ohnehin schon länger daran interessiert, ein storybezogenes Konzept zu veröffentlichen und dementsprechend euphorisch ist der Österreicher auch bei der Sache, wenn wir uns das Werk „The Deviant Hearts“ mal zur Brust nehmen.

„Incomplete“ verkörpert ein minimalistisch gestaltetes Stück, das sich auf die Stimmen von Georg und Charlotte konzentriert, die nicht nur sofort in ihren Rollen aufgehen, sondern eine unfassbar emotionale Atmosphäre kreieren, die den Hörer sofort für sich beansprucht. Die wunderschönen Pianoklänge tun ihr übriges dazu bei, die Gefühlswelt bei dem ein oder anderen auf den Kopf zu stellen. Für den einen zu seicht, für den anderen genau das richtige, um sich mit Kopfhörern aufs Bett zu legen und eine intensive Reise zu bestreiten. Der Titeltrack scheppert dann schon etwas metallischer nach vorne. Fürs erste bestimmen zwar erneut seichte Akustikklänge umrandet vom Piano das Geschehen, werden aber verhältnismäßig schnell durch orchestral wuchtige Sounds abgelöst. Hier wird die Erwartungshaltung des Hörers dann auch relativ schnell zufriedengestellt, zumal hier mit Tom Englund ein Gast arrangiert wurde, der das Ganze wunderbar in Szene setzt. Der Chorus gestaltet sich unfassbar energisch und versucht, beim Hörer eine mutmachende Wirkung zu entfalten. Hier hören wir wieder Georg Neuhauser, der einfach einen Charme versprüht, der seinesgleichen sucht. Der ausladende Mittelteil greift erneut auf orchestrale Elemente zurück (die wie bereits erwähnt extrem wuchtig wirken), erzeugt aber gleichzeitig eine ordentliche Portion Härte, die im schönen Kontrast zu den ruhigeren Parts des Songs steht. Das lange gefühlvoll interpretierte Gitarrensolo leitet dann zum letzten mal den epischen Refrain ein, der einen Start nach Maß perfekt macht. „Runaway Gray“ gehört dann gänzlich Charlotte Wessels, die es ohnehin wie kaum ein anderer Künstler versteht, den Hörer emotional zu berühren. Für den harten Metalhead mag das hier durchaus eine leicht poppige Stimmung nach außen tragen, weiß mich persönlich musikalisch einfach auf ganzer Linie zu überzeugen. Die junge Dame ist mit einer Stimme gesegnet, der man nicht nur gerne zuhört, man will quasi gar nicht mehr damit aufhören. Ein schönes balladesk angehauchtes Stück, das insbesondere im Refrain eine ordentliche Portion Energie nach außen trägt. Highlight ist aber mit Sicherheit der träumerische Mittelpart, der mit einer brillianten Melodie umschmückt wird, die zumindest mir tagelang nicht aus dem Kopf gehen wollte. „Try“ drosselt das Tempo im direkten Vergleich zur vorigen Nummer aber nochmal sehr deutlich und stellt sich als 100%-ige Ballade vor. Hier bekommen wir Chloe Lowery zu tun, die unter anderem beim TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA schon zu hören war. Die Dame versteht es mit einer bestimmten Sicherheit, das Stück langsam aber sicher auf den Hörer loszulassen, was sich insbesondere im energisch vorgetragenen Chorus zeigt. Allerdings möchte ich auch hier den wunderbaren Mittelteil hervorheben, der diesmal von Oliver Philipps persönlich interpretiert wird und eine leicht melancholische Atmosphäre zu erzeugen weiß.

Nun möchte ich dem geneigten Hörer noch die kraftvolle Nummer „Crimson Course“ ans Herz legen, wo Georg Neuhauser alle Register zieht und verdeutlicht, warum er zu den besten Melodic Metal Sängern der Neuzeit zählt. In den Strophen begegnet uns der Österreicher erst gefühlvoll, steigert sich in seiner Intensität dann Stück für Stück immer mehr und beansprucht uns spätestens im fast schon hymnisch gestalteten Refrain gänzlich für sich. Für mich persönlich einer der aussagekräftigsten und stärksten Songs der Platte. Mein absolutes Highlight zeigt sich letztlich aber mit „Carry Me Home“, das von einem wunderschönen Intro eingeleitet wird. Hier wird in Sachen Orchester ordentlich auf die Kacke gehauen und damit kann man zumindest bei meiner Wenigkeit punkten. Die fast schon QUEEN-artigen Gitarren tun ihr übriges dazu bei, diesen Track in meiner Liste nach oben zu katapultieren, obwohl er eigentlich noch gar nicht angefangen hat. In der Folge gesellen sich allerdings auch noch Drums hinzu und uns erwartet eine sehr dichte Atmosphäre, die von Dennis Schunke, seines Zeichens VAN CANTO Frontmann, perfekt in Szene gesetzt wird. Charlotte Wessels begrüßt uns in der gefühlvollen Bridge, ehe die zweite Strophe langsam aber sicher den großartigen Chorus herbeiführt, der mich von Sekunde Eins an zu begeistern wusste. Kraftvoll und einnehmend schmettert uns Charlotte Wessels ihre Stimmgewalt entgegen und verdeutlicht einmal mehr, warum sie zumindest meine persönliche Lieblingssängerin verkörpert. Die Frau weiß einfach, wie sie mich kriegt. Allerdings ist auch „The Deviant Hearts“ nicht frei von „Fehlern“ und so trieft selbst mir als bekennender Kitschfan die Ballade „The Sound Of Fear“ zu sehr aus den Boxen und wirkt in ihrer Gesamtheit schlichtweg ZU schleimig und zu übertreibend in ihrer ganzen Art und Weise. Das rettet auch ein sonst großartiger Georg Neuhauser nicht mehr…Ein paar Längen erkenne ich beim mystisch anmutenden „Miserable Me“, das mit einer Refrainwürdigen Bridge eine große Erwartungshaltung erzeugt, nur um im Endeffekt einen in meinen Ohren belanglosen Chorus auf den Hörer loszulassen. Steht diesbezüglich dann doch relativ deutlich im Schatten der anderen Songs…

Alles in allem kann ich hier aber zu keiner großen Meckerarie aufrufen, denn „The Deviant“ Hearts verkörpert am Ende des Tages ein wunderbares Projekt, in das sehr viel Herzblut gesteckt wurde. Das hört man allen Beteiligten an und diese Tatsache wird auch nach einigen Hördurchgängen nicht verschleiert. Die drei Hauptprotagonisten liefern stimmlich eine ganz starke Leistung ab, die verdeutlicht, was für großartige Sänger/innen im Topf des Melodic Metals umherschwimmen. Über die Geschichte hinter dem Konzept kann/will ich gar nicht zu viel verraten, da dies jeder Hörer am besten für sich selbst interpretiert oder einfach die großartige Geschichte im beigelegten Büchlein nachliest. „The Deviant Hearts“ passt zur Herbststimmung und dürfte auch den Winter überdauern. Von daher ein tolles Highlight zum Jahresende!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Sonata (22.11.2015)

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