Hangar X - Hangar X

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VÖ: 08.01.2015
Bandinfo: HANGAR X
Genre: Heavy Rock
Label: MetalSpiesser Records
Lineup  |  Trackliste

Das dritte Album einer Band ist angeblich immer ein Gradmesser, wohin sich die Karriere einer Band entwickelt. Ob sie den großen Durchbruch schafft, ob sie sang- und klanglos untergeht, oder ob sie im soliden Mittelfeld vor sich hin existiert, das entscheidet sich laut Meinung vieler mit dem dritten Longplayer. Genau an dieser Stelle stehen derzeit HANGAR X aus Steyr in Oberösterreich, die ihren Drittling als selbstbetiteltes Album auf den Markt werfen. Der punkige Vorgänger "Ohne Einsatz kein Spiel" wollte nicht recht überzeugen; kann "Hangar X" nun mehr, nämlich die propagierte Weiterentwicklung der Band unterstreichen?

Zumindest produktionstechnisch hat man sich dieses Mal nicht lumpen lassen und auf einen differenzierten Sound mit ansprechendem Wumms gesetzt. Zunächst wartet aber eine kleine Überraschung auf den Hörer, denn das Album beginnt mit einem langsamen, symphonischen Intro mit Klaviermelodie, das es versteht Spannung aufzubauen - aber dabei hinsichtlich der Stilistik des Albums komplett in die Irre führt. Man erwartet bratende Gitarren, epische Strukturen, vielleicht auch herzhaft tiefes Grunzen - doch es kommt vergleichsweise seichte, teils auch ein wenig poppige Rock-Kost, die sich im Falle des Openers "Ertrinken" sogar als kleines Ohrwürmchen im Stil von DIE TOTEN HOSEN entpuppt. In dieser Tonart bewegt man sich dann auch den Rest des Albums, zum Beispiel mit dem beschwingten "Ich denke zurück" oder bei "Meine Stadt", das auch mit gewissem Drive einherkommt. Über den an einigen Stellen durchaus ein wenig schiefen Gesang ("Moment") sieht man gerne hinweg - im Deutschrock-Bereich ist es ja Usus, dass mitunter nicht jede Note perfekt sitzt, was irgendwo auch den Charme des Genres ausmacht.

Während sich die eher poppig gehaltenen Titel wie  "Wenn du lachst", "Kämpfe an" oder "Schließ die Augen" ganz gut ins Ohr schmeicheln, aber sich dabei nicht wirklich hervortun können, gibt es zumindest einige interessante Experimente auszumachen. Vor allem "Tommy Gun" fällt hier auf, das sich gefühlt sehr stark an irgendetwas Bekanntes anlehnt (ich komm nicht drauf... vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen?) und mit räudigem Charme punkten kann - lediglich textlich holpert es hier noch ein wenig. Musikalisch in eine ähnliche Kerbe, mit schön räudigem Sound und fast industrial-artigem Riffing schlägt "Reich und Schön" - bis ein poppig-zuckriger Refrain den Gossenrock ins Hochglanzmagazin hievt, um ihn in der anschließenden Strophe wieder zurück in den Dreck zu stampfen. Das kam... unerwartet. Bezugnehmend auf den Kontext des Intros zum Album ist diese Art Stilbruch wohl gewollt, und kann hier in Relation mit dem Text ("Wenn die Gier das Herz zerfrisst, sollte man ins Grübeln kommen") auch gute Wirkung entfalten. Ein mutiges Experiment, das sich nach einigen Hördurchläufen gerade durch seine Andersartigkeit hervortun kann. Dass sie stilistisch einen durchaus weiten Bogen zu schlagen vermögen, beweisen HANGAR X dann noch mit dem Abschlusstitel "Jahre die uns trennen", welcher im Gewand einer rockigen Halbballade einher kommt.

Puh, was soll man nun sagen - HANGAR X beweisen Mut zu Experimenten und haben sich tatsächlich weiterentwickelt. Nach den Anfängen im eher simpel gehaltenen Deutschrock - dessen Anklänge man allerdings nicht aus den Augen verloren hat - trauen sich die vier jungen Herren aus Steyr über den stilistischen Tellerrand zu blicken und gliedern sowohl poppige Strukturen als auch kernigere Ausbrüche in ihr Songwriting ein. Hervorstechend vor allem die Titel, in denen man die Ecken und Kanten pflegt und sich über unkonventionelle Stilpaarungen traut. Der große Wurf wird es zwar wieder nicht werden, da die Prägnanz, der große Wiedererkennungsfaktor der zum Erfolg unabdingbar zu sein scheint, irgendwo fehlt - doch Freunden deutschsprachiger Rockkost kann man hier definitv eine Empfehlung aussprechen.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Anthalerero (04.01.2016)

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