Fleshgod Apocalypse - King

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VÖ: 05.02.2016
Bandinfo: Fleshgod Apocalypse
Genre: Symphonic Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Bescheidenheit war noch nie eine Eigenschaft, die das Tun der italienischen Bombast-Metaller FLESHGOD APOCALYPSE in besonderem Maße auszeichnete. Gitarrist und Bandchef Francesco Paoli hat schon den famosen Vorgänger „Labyrinth“ vollmundig als Masterpiece angekündigt und schreckte auch im Vorfeld des Releases von „King“ nicht vor Superlativen zurück. Natürlich muss man den Römern zugutehalten, dass sie sich in den letzten Jahren tatsächlich prägend in einer nicht sonderlich vor Bands überströmenden Nische festgeklebt haben, doch das proletarische Selbstgeweihräuchere kann auch gut und gerne zum Quadrat nerven. Selbst dann, wenn man am Ergebnis wenig zu bekritteln hat, denn „King“ wird der angesprochenen Zielgruppe (ebenjene, die KATAKLYSM als das A&O des Death Metal sehen, die BEHEMOTH niemals in ihrer alten Black-Metal-Phase hörten und die gerne eine Split von DIMMU BORGIR und THERION auf den Plattenteller wuchten würden) gar ausgezeichnet munden.

Lässt man die knappe Stunde majestätischen Geschrotes nämlich die Gehörgänge fließen, weiß man auch nach dem x-ten Durchlauf noch nicht wirklich, worauf genau man jetzt seine Konzentration legen sollte. Neben den schneidenden Gitarren blastet das Schlagzeug, hinter Tommaso Riccardis genretypische Growls zieht plötzlich der Keyboard-Orkan auf und wenn man vielleicht kurz einmal das Gefühl hat, dass diese Reizüberflutung auf ein gesundes Maß zurückgesteckt wird, setzt Paoli auch noch mit seinen melodiösen Clean Vocals zur Blutgrätsche an, um dem Hörer nur ja keine Ruhepause zu gönnen. Das in Rom aufgenommene und in den schwedischen Fascination Street Studios veredelte Werk ist dabei soundmäßig so perfekt geraten, dass man tatsächlich jeden Pieps eines jeden Instruments perfekt herausfiletieren kann und dadurch tatsächlich lange Freude an dem Teil besitzt.

Diese Freude ist natürlich beileibe nicht nur der klinischen Produktion geschuldet, sondern auch dem perfektionistisch angehauchtem Songwriting, das nicht einmal ein Schamhaar Platz lässt für spontane Improvisation. Das kann der Ottakringer-Sechserblech-Trinker natürlich erschreckend elitär finden, aber im Gegensatz zu all den Blut-und-Beuschel-Kommandos geht es den Südländern ja ohnehin nicht darum, die todmetallischen Asselpunks zu begeistern, sondern den Connaisseur mit lässig umgehängtem grauen Schal oder Barockmäntelchen zu erquicken. Nichts wird dem Zufall überlassen und das etwas naive Streben nach Perfektion war auch anno 2015 ein kohärentes Ziel im Bandkosmos unserer Nachbarn. Wenn in Songs wie „Cold As Perfection“ oder „Paramour (Die Leidenschaft bringt Leiden)“ auch noch Operndiva Veronica Bordacchini mitträllert, wird auch die NIGHTWISH-Fraktion mit Hang zu Blastbeats und tiefer gestimmten Gitarren befriedigt.

Die größten Highlights pulvern FLESHGOD APOCALYPSE bereits zu Beginn aus dem Äther. „In Aeternum“, „Healing Through War“ und „The Fool“ erweist sich nach einem sanft-orchestralen Intro als klassisch-metallischer Parforce-Ritt, der selbst für gestandene Liebhaber symphonischer Klänge noch mal neue Topleistungen zu liefern vermag. Mit Fortdauer leidet vielleicht nicht die Qualität, in jedem Fall aber die Aufregung und der Spannungsmoment, denn gerade das ewig Glattpolierte, Makellose fehlt auf Langstrecke zum vollständigen Hörvergnügen. Mühe gegeben hat man sich dafür beim Albumkonzept, wo der titelspendende „King“ symptomatisch für die letzte aufrechte Instanz für Gerechtigkeit und Integrität in einer immer dämlicher und durchschnittlicher werdenden Welt steht. Wer kann sich nicht damit identifizieren? Somit bleibt ein Monstrum von Symphonic-Death-Metal-Album, dem es zwar an Seele, nicht aber an Grandezza fehlt. So hätte wohl WOLFGANG AMADEUS MOZART geklungen, hätte er einst die technischen Möglichkeiten gehabt und wäre sein vermutetes Tourette-Syndrom bestätigt worden…



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (29.01.2016)

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