Auch wenn das neue, vollständige Album nach der unfassbar schlechten EP „Rotkäppchen“ mit der berühmten Rede von Chaplins „Der Große Diktator“ beginnt, weht doch der stumpfe, stinkende Geist diverser „besorgter Bürger“ und PEGIDA durch die Texte und verdreht dieses Manifest schon im Ansatz ins Groteske. Wo die Rede für Menschlichkeit und mehr Humanität Partei ergreift, schreien VARG davon, dass sie ihre Gegner fressen, Kehlen durch schneiden, abfackeln und so weiter. Natürlich ist das für eine Band in diesem Sektor eigentlich normal, allerdings verpasst man sich dann eben nicht ein solches Intro.
Um welche „Lügen“ es im Titel geht, bleibt im Dunkeln, allerdings lässt sich anhand von Vokabular und diversen Formulierungen schon deutlich erkennen, aus welcher Ecke der Arm zuckt. Sätze wie „Dieser Tag wird euer Ende sein Wir schneiden die Kehlen der Lügner“, „Schreit es hinaus, Das Volk hat neue Kraft“ aus „Das Ende aller Lügen“ oder auch „Wir tragen Fackeln, Revolution - Wir lassen Flammen lodern, Noch heute Nacht!“ aus „Revolution“ erinnern ungut an Facebook Seiten bestimmter Verschwörungskasper und an diverse Kommentarspalten-Marodeure. Ob man sich mit Absicht an dieses Klientel anbiedert? Weitere Beispiele finden sich mehr als genug.
Neben diesen Stammtisch Plattitüden werden auch wieder die gängigen Heiden-Klischees abgefrühstückt und auch die ONKELZ schauen textlich in der ein- oder anderen Zeile vorbei, wie in „Achtung“. Was gibt das Album musikalisch her?
Die Entwicklung vom „Pagan-Metal“ zum Metal-Core wurde großteils vollzogen. Die ersten beiden Stücke nach dem Intro bieten biederen Genre Standard und wirken irgendwie unfertig. Besonders „Revolution“ nervt mit den immer gleichen Wiederholungen und dem ständigen, monotonen Dauerkreischen von Freki.
„Streyfzug“ tritt dann etwas auf die Bremse und bietet mit einem akustischen Intermezzo und cleanem Refrain etwas Abwechslung. Rein musikalisch gesehen das erträglichste Stück, wenn auch weit entfernt davon, wirklich gut zu sein.
In „Achtung“ trifft dann der behinderte kleine Bruder von RAMMSTEIN auf die retardierte Version von PANTERA. Der Text ist wieder eine wunderbare Fortführung der Rede aus dem „Großen Diktator“... ach nein, ist es nicht, im Prinzip scheißt die Band hier auf den Inhalt ihres selbst erwählten Intros einen dicken Dackelhaufen.
„Dunkelheit“ ballert vollkommen übersteuert alles kurz und klein.
Das folgende „Totentanz“ klingt wie mittlere HYPOCRISY für ganz Arme. Was den Schweden spielend gelang, nämlich flächige Doublebass Bomber mit Hymnencharakter zu schreiben, wird hier zu einem belanglosen Schnarcher. Da retten auch die Tränendrüsen Backing Vocals nichts mehr.
„Einherjer“ zielt mit seinen Männerchören eindeutig in die Pagan-Metal Ecke, allerdings erinnert der im Refrain aufgefahrene Bombast, mit Streichern und allem Brimborium, eher an den Grafen von UNHEILIG, der im ZDF FERNSEHGARTEN von Florian Silbereisen vergewaltigt wird. Vielleicht sollte Käptn RUMMELSNUFF der Bande mal zeigen, wie das in einer echten Männerversion funktioniert.
Damit wären wir auch bei einem weiteren Problem dieser Platte gelandet: Der Sound ist so unfassbar steril und überproduziert, dass ich stark bezweifle, dass der Drummer während der Aufnahmen jemals ein Studio von innen gesehen hat. Sämtliche Dynamik wurde aus dem Material heraus gebügelt. Perfekt nachzuhören im Highspeed Stück "Wintersturm", das klingt, als würde man 25 leere Plastikeimer aus dem 10. Stock schmeißen.
Übrig bleibt unterm Strich ein völlig künstliches, unauthentisches Produkt, dem jede Seele abhanden gekommen ist und man zu jeder Sekunde anhört, dass hier einfach Schicht auf Schicht gekleistert wurde was die Spuren hergeben.
Für mich besteht in einem Album wie diesem und dem einer x-beliebigen Pop-Schlager Produktion absolut kein Unterschied.
Aber völlig egal, die typischen „Wackinger-Pagan-Prolls“ werden den Kram schon abfeiern, da mache ich mir keine Sorgen, außerdem gibt man sich ja alle Mühe, eine neue Fanschicht zu erschließen.
Bands wie VARG sind der Grund dafür, dass es mir mittlerweile immer ein bisschen peinlich ist, zuzugeben, dass ich Metal höre. Dieses Album zeigt auf, was in dieser Szene derzeit falsch rennt. Eine englisch sprachige Version der Platte gibt’s noch obendrauf, aber ganz ehrlich, die hab ich mir erspart. Sonst wäre vermutlich noch die Schüttellähmung bei mir ausgebrochen.
Bewertung:
1.0 / 5.0
Autor:
Alex M. (02.02.2016)