OST+FRONT - Ultra

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VÖ: 22.01.2016
Bandinfo: OST+FRONT
Genre: Industrial Metal
Label: Out of Line
Lineup  |  Trackliste

Den Plagiatsvorwurf müssen sich OST+FRONT einfach gefallen lassen: Nicht nur Musik in Instrumentierung und Stimme, auch Showkonzept (Stichwort: Keyboarder) wurde praktisch eins zu eins von RAMMSTEIN übernommen. Albumtechnisch konnte in der Vergangenheit "Ave Maria" außer einer verweigerten Jugendfreigabe rein gar keine Akzente setzen, bevor "Olympia" und die EP "Bitte schlag mich" wenigstens ein gutes Händchen für Hooks beweisen konnten. Nun folgt das Make-It-Or-Break-It Album "Ultra" und siehe da: sehr wohl kann man die Vorlagenschablone variieren, obwohl RAMMSTEIN als Leitfaden immer noch über allem Anderen stehen.
 
Kann man denn überhaupt ein NDH-Album produzieren, welches nicht an RAMMSTEIN gemessen wird? Gibt das Genre dies überhaupt her? Schließlich gibt es im Gegensatz zur NWoBHM, dem Thrash oder Death Metal, oder auch dem Gothic Rock (um in der Szene zu bleiben) in dieser Spielart anstatt diversen Einflüssen nur eine einzige Pionierband. Egal ob MEGAHERZ, EISBRECHER, MAERZFELD und neuerdings HELDMASCHINE, alle befolgen das gleiche Muster: Tiefe Stimme, Elektronische Spielereien, Industrialbeats und einfache, effektive Riffs auf Dauerschleife. Lyrisch sind hier und da Unterschiede auszumachen, aber OST+FRONT setzt mehr als oben genannte Mitstreiter auf die gleichen Provokationen wie das Vorbild. Wobei RAMMSTEIN mit jedem Album aufs Neue diesen "Das haben die nicht wirklich gemacht"-Wow-Effekt erzielen, woran andere nach wie vor scheitern. Klar, "Krüppel" ist nicht grade leichte Kost, aber der wirkliche Knalleffekt stellt sich nach wie vor nicht ein.

Die Lyrik beiseite ist es dennoch ärgerlich, dass auf "Ultra" gleich ganze Passagen aus dem RAMMSTEIN Fundus übernommen wurden. "Fiesto De Sexo" (mit wirklich gelungenem Gastauftritt von HOCICOs Erk Aicrag) ist ein Mischmasch aus "Te Quiero Puta" und "Mein Teil" im Groove. "F*** Dich" schreit nach einer "Pu**y" inklusive SCOOTER-Keyboardmelodie (ganz wie im Original), "Nein" kopiert "Mehr" im Intro und das "Bruderherz" wischt sich textlich die eine oder andere Träne vom Gesicht.

Jetzt ist das Ganze aber tatsächlich dermaßen professionell, kurzweilig und spaßig inszeniert, dass man sich qualitativ locker über die Mitbewerberschaft spielt. Und vor allem ist "Ultra" perfekt gestrafft. Wo sich HELDMASCHINE in endlosen Wiederholungen verlieren, dauert hier keiner der 13 Songs auch nur eine Sekunde zu lang. Die Produktion mag mancher als steril oder gar überproduziert bewerten, nichtsdestotrotz gehört so ein kaltes Gebretter einfach zu dieser Art Musik wie der Papst zum Vatikan. Dass OST+FRONT durchaus dabei sind, eine eigene Identität zu entwickeln, darf auch nicht verleugnet werden. Man höre Stücke wie "Sternenkinder", welcher mit seinen symphonischen Elementen und der leicht progressiven Struktur fast bei RHAPSODY OF FIRE und Konsorten zu Hause wäre. Das makabere "Suizid" mit Unterstützung von Cellist B-Deutung, das mit NDW Zitaten verfeinerte "Volksmusik" und das mit sowjetischen Melodien gespickte "Klassenkampf" sind allesamt durchaus gelungene Experimente, welche zukünftig gerne mehr ausgearbeitet werden dürfen. Stichwort "Sowjet": Eine Band, die sich schon OST+FRONT nennt, darf sich eben genau diese Einflüsse in Kombination mit dem Industrial Metal zu eigen machen! Fantastisch nachzuhören bei "Moldau", welches auf Bedrich Smetanas bekanntem Thema basiert und Gänsehaut induziert.

Fazit: Make it or breakt it? Da OST+FRONT neben gut in Szene gesetzten RAMMSTEIN Plagiaten endlich anfangen, eigene Akzente zu setzen und einfach verdammt gute Hooks abliefern ein definitives MAKE IT!



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (07.02.2016)

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