Rotting Christ - Rituals

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VÖ: 12.02.2016
Bandinfo: ROTTING CHRIST
Genre: Extreme Metal
Label: Season of Mist
Lineup  |  Trackliste  |  Credits  |  Trivia

Mit "Aealo" hat sich das griechische Extrem ROTTING CHRIST nach jahrelanger harter Schufterei endlich aus der Schwelle zwischen Underground und größerem Bekanntsheitsgrad innerhalb der Metalszene erhoben und mit "Κατά τον δαίμονα εαυτού" 2013 direkt bewiesen, warum das längst überfällig war. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das Gespann um die Tolis-Brüder Sakis und Themis genoss schon seit "Thy Mighty Contract" (ein Klassiker) eine Ausnahmestellung innerhalb der Szene, bekommt aber erst seit wenigen Jahren - so hat man das Gefühl - das angemessene Maß an Wertschätzung und Aufmerksamkeit, das es sich eigentlich schon viel früher verdient gehabt hätte. Weiter tragisch ist das mittlerweile allerdings nicht mehr, denn die verrottenden Christen feiern mit dem Erfolg in der Metal-Szene quasi ihren zweiten Frühling und hatten zwischen intensiven Tour-Zeitplänen offenbar noch genügend Zeit, "Rituals" einzutrümmern.

Und das kann, soviel möchte ich an dieser Stelle vorweg nehmen, an der Hochklassigkeit seines Vorläufers anknüpfen. Dabei wählen ROTTING CHRIST mit "In Nomine Dei Nostri" einen finsteren Stakkato-Opener, der mit kräftigen Chören, sakraler Keyboardatmosphäre und den charakteristischen Melodiebögen sofort ansehnlich bekundigt, mit welcher Schar man es hier zu tun bekommt. Auf gesprochene Passagen wie zu Beginn bauen die Griechen infolgedessen noch häufiger, holen sich dafür teilweise auch namhafte Gäste wie Vorph von SAMAEL ("Les Litanies De Satan (Les Fleurs Du Mal)") oder Nick Holmes von PARADISE LOST ("For A Voice Like Thunder") in's Boot und potenzieren die bedrohliche, manchmal gar gänzlich verachtende Stimmung in den jeweiligen Stücken.

Für dieses insgesamt finstere Klima bauen ROTTING CHRIST aber auch auf das Rezept, das "Κατά τον δαίμονα εαυτού" so großartig definiert hat und kehren vielmals in diversen Mythen und Riten anderer Kulturen ein, was in dem zäh-doomigen Brocken "זה נגמר", dem Percussion-lastigen Rhythmus-Beben "Ἄπαγε Σατανά" und der mit ritualistischen Gesängen gespickten Singapur-Expedition "देवदेवं" mündet und vollends bannen kann. Dabei könnte man der Formation rein objektiv aber auch den Vorwurf machen, dass man sich zum ersten Mal in der langjährigen Karriere zu wenig entwickelt hat und "Rituals" in seiner Präsenz eben jenem Vorgänger stark ähnelt. Um von "auf Nummer sicher gehen" sprechen zu können, ist das gebotene Material meiner Auffassung nach aber viel zu stark, wobei jegliche Kritik in die angedeutete Richtung trotzdem durchaus nachvollziehbar wie auch berechtigt sein kann, weil das von der jeweiligen Person und ihrem Geschmack abhängt und für den ein oder anderen Hörer womöglich die Spannung fehlen könnte.

Für mich aber ist "Rituals" die empfehlenswert-meisterliche Fortsetzung eines bewährten Musters, die mit dem epischen Stampfer "Konx Om Pax" (weckt Erinnerungen an CELTIC FROST) und dem primär ruhig strukturierten, gelegentlich ausbrechenden "The Four Horsemen" (enthält Auszüge aus dem gleichnamigen Song der ehem. griechischen Prog-Rock Band APHRODITE'S CHILD) auch noch ein ideales Finale zelebriert. Was das Album letztlich ausmacht, ist die nachdrücklich-schwarze Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch den Verlauf spinnt, ihren Würgegriff ansetzt und in dieser Form nur von ROTTING CHRIST geschaffen werden kann. Da stört es zumindest meine Wenigkeit nicht, dass sich Sakis und seine Mitstreiter musikalisch am Vorgänger orientieren, zumal man mit dem erhöhten Anteil an gesprochenen Textstellen und dem partiell etwas gebieterischerem Auftreten auch frische Komponenten implementiert hat. Die Qualität der Truppe war schon immer unbestreitbar und ist es auch im Jahre 2016 noch, aber nun zahlt sich endlich auch die Beharrlichkeit aus. 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (10.02.2016)

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